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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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starren konnte, damit ich dort das Hervortreten des neuen Musters sehen und fühlen konnte, das ich mit jedem Schritt niederlegte. Ich hatte meinen Stock in den Boden gedreht und am Beginn des Musters zurückgelassen. Links ...
    Der Wind sang ringsum, und ganz in der Nähe hallte Donner. Hier spürte ich keinen physischen Widerstand, wie ich ihn auf dem alten Muster hatte überwinden müssen. Hier gab es überhaupt keine Hemmnisse. Statt dessen – und das war in mancher Hinsicht schlimmer – waren alle meine Bewegungen von einer seltsamen Behutsamkeit bestimmt, die alles verlangsamte und ritualisierte. Ich schien mehr Energie auf die Vorbereitung jeden Schrittes zu vergeuden – ich stellte ihn mir vor, bedachte ihn, richtete meinen Geist auf die Ausführung ein, auf die tatsächliche Durchführung der Bewegung. Doch schien die Langsamkeit aus sich selbst heraus geboren, sie wurde mir von einem unbekannten Element abgefordert, die für alle meine Bewegungen Präzision und ein Adagio-Tempo voraussetzte. Rechts ...
    ... Und so wie das Muster in Rebma meine verblaßten Erinnerungen aufgefrischt hatte, so weckte dieses Muster, das ich hier zu schaffen versuchte, den Geruch der Kastanienbäume, das Aroma der Wagen mit frischem Gemüse, die durch die Morgendämmerung den Markthallen entgegenfuhren ... Damals hatte ich keine große Liebe, wenn es auch viele Mädchen gab – Yvettes und Mimis und Simones, ihre Gesichter fließen ineinander –, und es war Frühling in Paris, mit Zigeunerkapellen und Cocktails bei Louis ... Ich erinnerte mich, und mein Herz hüpfte in einer Art Proust´schen Freude, während die Zeit ringsum wie eine Glocke ertönte ... Und vielleicht war dies der Grund für die Rückerinnerung, denn diese Freude schien sich meinen Bewegungen mitzuteilen, schien meine Wahrnehmungen anzureichern, meinen Willen zu stärken ...
    Ich sah den nächsten Schritt und machte ihn ... Einen vollen Kreis hatte ich bereits beschrieben und den Perimeter meines Musters geschaffen. Hinter mir spürte ich das Unwetter. Es mußte bereits den Rand des Plateaus erstiegen haben. Der Himmel verdüsterte sich, die Regenfront löschte die schwingenden, schwimmenden bunten Lichter aus. Blitze zuckten, und ich konnte keine Energie oder Aufmerksamkeit mehr erübrigen für den Versuch, diese Dinge zu steuern.
    Nach Abschluß der ersten Runde sah ich nur den Teil des neuen Musters, den ich abgeschritten hatte, als hellblau leuchtende Markierung im Gestein. Dort gab es keine Funken, nichts kribbelte an meinen Füßen, keine elektrisierenden Spannungen ließen mir die Haare zu Berge stehen
    – nur das gleichförmige Gesetz der Behutsamkeit wirkte, lag mir wie ein Mühlstein um den Hals ... Links ...
    ... Mohnblüten, Mohn und Kornblumen und hohe Pappeln an Landstraßen, der Geschmack des Apfelweins aus der Normandie. Dann zurück in der Stadt, der Geruch der Kastanienblüten ... die Seine voller Sterne ... Der Geruch der alten Backsteinhäuser am Place des Vosges nach einem morgendlichen Schauer ... Die Bar unter dem Olympia-Musiktheater ... Dort ein Kampf ... Blutige Knöchel, verbunden von einem Mädchen, das mich mit nach Hause nahm ... Wie hieß sie doch gleich? Kastanienblüten ... Eine weiße Rose ...
    Ich blähte die Nasenflügel. Die Reste der Rose an meinem Kragen hatten beinahe jeden Geruch verloren. Es überraschte mich, daß sich der Duft überhaupt so lange gehalten hatte. Dies gab mir Auftrieb. Ich drängte voran, wobei ich mich in sanfter Kurve nach rechts wandte. Aus dem Augenwinkel sah ich die vorrückende Sturmfront, glatt wie Glas, alles auslöschend, das sie passierte. Das Brausen ihres Donners war ohrenbetäubend.
    Rechts, links ...
    Das Vorrücken der Armeen der Nacht ... Würde mein Muster gegen sie standhalten? Ich wünschte, ich könnte mich beeilen, statt dessen schien ich im weiteren Verlauf immer langsamer voranzukommen. Ein seltsames Gefühl des Zwiespalts erfüllte mich, als befände ich mich auch im Innern des Juwels und zöge dort das Muster nach, während ich mich zugleich hier draußen bewegte, es betrachtete, und seinen Fortschritt begutachtete. Links ... eine Wendung ... dann rechts ... Das Unwetter rückte immer weiter vor. Bald würde es die Knochen des alten Hugi erreichen. Ich roch die Feuchtigkeit und das Ozon und machte mir meine Gedanken über den seltsamen dunklen Vogel, der mir gesagt hatte, er habe seit dem Anbeginn der Zeit auf mich gewartet. Gewartet, um mit mir zu diskutieren oder um an

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