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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Hand hielt.
    Dann stellte er sich mit dem Rücken in eine Ecke und hielt Schemel und Klinge vor sich.
    Hastige Schritte tönten aus dem Flur herein, und schonbegannen Äxte gegen die Tür zu schmettern.
    »Komm schon!« rief er. »Versuch mich doch zu erledigen!«
    »Du hast Angst«, sagte ich.
    Er lachte.
    »Eine akademische Frage«, erwiderte er. »Du kannst mich nicht umbringen, ehe die Tür nachgibt – und dann ist es aus mit dir.«
    Da hatte er recht. In seiner Position konnte er jede Klinge abwehren – zumindest einige Minuten lang.
    Hastig zog ich mich zur gegenüberliegenden Wand zurück.
    Mit der linken Hand öffnete ich das Wandpaneel, durch das ich eingetreten war.
    »Also gut«, meinte ich. »Es sieht so aus, als kämst du mit dem Leben davon – diesmal wenigstens. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, kann dir niemand mehr helfen.«
    Er spuckte aus und belegte mich mit Schimpfwörtern und setzte sogar den Schemel ab, um noch eine obszöne Geste zu machen; doch ich schob mich bereits durch die Wandöffnung und schloß das Paneel hinter mir.
    Ein dumpfer Laut ertönte, und eine zwanzig Zentimeter lange Stahlspitze schimmerte auf meiner Seite des Holzpaneels, das ich eben festhakte. Er hatte sein Schwert geschleudert. Eine riskante Sache, falls ich zu ihm zurückkehrte. Aber er wußte, daß ich so nicht handeln würde, denn es hörte sich an, als konnte die große Tür nicht mehr lange standhalten.
    Ich kletterte so schnell ich konnte an den Pflöcken hinab in den Raum, in dem ich geschlafen hatte. Dabei beschäftigte ich mich in Gedanken mit meinem verbesserten Kampfstil. Zuerst war ich eingeschüchtert gewesen von dem Mann, der mich schon einmal besiegt hatte. Aber das mußte ich mir noch genau überlegen. Vielleicht waren die Jahrhunderte auf der Schatten-Erde gar nicht verschwendet gewesen. Vielleicht hatte ich mich in dieser Zeit tatsächlich verbessert. Ich spürte plötzlich, daß ich Eric mit dem Schwert womöglich ebenbürtig war. Und das erfüllte mich mit einem angenehmen Gefühl. Wenn wir uns wiederbegegneten – und dazu kam es bestimmt – und wenn es dann keine Einflüsse von außen gab – wer weiß? Die Chance mußte ich nutzen. Unsere heutige Begegnung hatte ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt, das wußte ich. Die Angst mochte ihn langsamer machen, mochte bei der nächsten Gelegenheit dazu führen, daß er zögerte.
    Ich ließ los, sprang die letzten vier Meter hinab und fing den Fall mit federnden Knien ab. Ich hatte die sprichwörtlichen fünf Minuten Vorsprung vor meinen Verfolgern, aber ich war sicher, daß ich die Zeit nutzen und entwischen konnte.
    Denn ich hatte die Karten im Gürtel.
    Ich zog die Karte mit Bleys´ Abbild und starrte darauf. Meine Schulter tat weh, doch ich vergaß den Schmerz, als mich die Kälte packte.
    Es gab zwei Möglichkeiten, von Amber direkt in die Schatten zu entfliehen ...
    Die eine war das Muster, das selten zu diesem Zwecke benutzt wurde.
    Eine andere waren die Trümpfe, wenn man sich auf einen Bruder verlassen konnte.
    Ich richtete meine Gedanken auf Bleys. Ich konnte ihm ziemlich vertrauen. Er war zwar mein Bruder, aber er steckte in Schwierigkeiten und brauchte meine Hilfe.
    Ich starrte ihn an, den Mann mit seiner Flammenkrone, in seinem orangeroten Gewand, mit einem Schwert in der rechten Hand und einem Glas Wein in der linken. In seinen Augen tanzte ein teuflischer Ausdruck, sein Bart war flammendrot, und die Linien auf seiner Klinge bildeten ein flammendes Filigran, das – so erkannte ich plötzlich – ein Stück des Musters nachvollzog. Seine Ringe funkelten. Er schien sich zu bewegen.
    Der Kontakt berührte mich wie ein eisiger Wind.
    Die Gestalt auf der Karte schien plötzlich lebensgroß zu sein und veränderte die Position, paßte sie der Wirklichkeit an. Die Augen richteten sich nicht genau auf mich, die Lippen bewegten sich.
    »Wer ist das?« fragten sie, und ich hörte die Worte.
    »Corwin«, sagte ich, und er streckte die linke Hand aus, die nun keinen Weinkelch mehr hielt.
    »Dann komm zu mir, wenn du willst.«
    Ich streckte die Hand aus, und unsere Finger berührten sich. Ich machte einen Schritt.
    Nach wie vor hielt ich die Karte in der linken Hand, doch nun standen Bleys und ich zusammen auf einer Klippe. Auf einer Seite gähnte ein Abgrund, auf der anderen ragte eine gewaltige Festung auf. Der Himmel über uns war flammenfarben.
    »Sei gegrüßt, Bleys«, sagte ich und steckte die Karte zu den anderen in meinen Gürtel.

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