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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Bäume sichtbar wurden, schien es, als seien sie aus
einem Eingang direkt vom Berg herausgetreten.
    »Dort oben befindet
sich Kevins Zelle.« Der Novize zeigte auf einen kleinen, runden, bienenhausförmigen
Steinbau, der ein gutes Stück oberhalb des Ufers lag. »Und dort hinten«, er
deutete in eine Richtung, wo Osgar den Eingang in eine winzige Höhle in einem
Felsabfall über dem Wasser erkennen konnte, »ist Kevins Bett.« Die Stelle
schien nur schwer erreichbar zu sein; der felsige Hang darunter war eine fast
senkrecht abfallende Klippe. Tief unten, so fiel ihm auf, wucherten Sauerampfer
und ein verfilztes Brennnesselgestrüpp. Sein Gefährte folgte seinem Blick und
sagte schmunzelnd: »Manche Leute behaupten, dies sei die Stelle, wo sich der
Heilige in die Nesseln gesetzt hat.«
    Jedermann kannte die
Geschichte aus Sankt Kevins Jugend. Als er von einem Mädchen in Versuchung
geführt wurde, hatte der junge Einsiedler sie vertrieben, sich daraufhin nackt
ausgezogen und sich in Brennnesseln gewälzt, um sich von seiner Fleischeslust
zu heilen.
    »Zum Beten pflegte er
sich in das flache Wasser des Sees zu stellen«, erzählte der junge Mönch
weiter. »Und manchmal stand er dort den ganzen Tag.«
    Eine Weile standen die
jungen Männer beieinander, ließen die Szene auf sich wirken, und Osgar hatte
das Gefühl, als habe er in seinem ganzen Leben noch nie einen ähnlich
vollkommenen Frieden erlebt. Und so hatte er das Läuten der Glocke, das unten
vom Tal heraufdrang, kaum wahrgenommen, bis sein Begleiter ihn sanft am Arm
zupfte und erklärte, dass es Zeit zum Essen sei.
    Am nächsten Tag
stellte er sich dem Abt vor. Er war ein hoch gewachsener, ansehnlicher Mann mit
grau gelocktem Haar und von freundlicher, doch würdevoller Art. Er stammte aus
einer bedeutenden Familie, kannte Osgars Onkel, hieß den jungen Mann herzlich
willkommen und erkundigte sich, wie es um das Familienkloster stand.
    »Und was hat dich zu
uns nach Glendalough geführt?«
    So gut er konnte,
erklärte Osgar dem Abt seine Situation, sein Zögern vor seiner Heirat, sein
Gefühl von Besorgnis und Ungewissheit; und er war sehr erleichtert, als er
feststellte, dass der ältere Mann auf eine Art zuhörte, die darauf schließen
ließ, dass er seine Sorgen und Nöte keineswegs für töricht hielt. Als er sich
ausgesprochen hatte, nickte der Abt.
    »Fühlst du dich zum
religiösen Leben berufen?«
    Fühlte er sich dazu
berufen? Er dachte an sein Leben und an das kleine Kloster der Familie in der
Nähe von Dyflin und an seine mögliche Zukunft dort. War es das, was der Abt mit
dem religiösen Leben meinte?
    »Ich glaube, ja,
ehrwürdiger Vater.«
    »Du glaubst also,
wenn du heiratest, dann wird…« – der Abt überlegte einen Moment – »dann wird
dich dies von dem Zwiegespräch ablenken, das du mit Gott führen möchtest?«
    Osgar blickte ihn
verwundert an. Auf diese Art hatte er den Gedanken noch nie formuliert, und
doch entsprach es genau dem, was er fühlte.
    »Ich fühle… ein
Bedürfnis…« Er brach ab.
    »Glaubst du nicht,
dass dein Onkel Gott näher steht?«
    Was sollte er darauf
antworten? Er dachte an das unbekümmerte Familienleben seines Onkels, seine
langen Ausflüge zum Angeln, seine häufigen Nickerchen inmitten der heiligen
Messe.
    »Nicht sehr«,
antwortete er verlegen.
    Sollte der Abt ein
heimliches Schmunzeln unterdrückt haben, so hatte Osgar es nicht bemerkt.
    »Dieses Mädchen«,
fragte der Abt weiter, »diese Caoilinn, die du dich zu heiraten verpflichtet
fühlst: Habt ihr jemals zusammen …« Er blickte Osgar heimlich von der Seite an
und sah, dass er ihn nicht verstanden hatte. »Hast du sie jemals fleischlich
erkannt, mein Junge?«
    »Nein, ehrwürdiger
Vater, nie.«
    »Ich verstehe. Und
sie jemals geküsst?«
    »Nur ein einziges
Mal, ehrwürdiger Vater.«
    »Aber vielleicht hast
du heimliche Gelüste?«, forschte der Abt weiter. Doch schließlich verlor er
unverkennbar die Geduld mit dieser Art des Verhörs und meinte: »Natürlich hast
du sie.« Dann hielt er inne und musterte den jungen Mann nachdenklich: »Glaubst
du, dass es dir hier gefallen könnte?«
    In diesem irdischen
Paradies? In diesem Zufluchtsort im Gebirge auf halbem Weg zum Himmel?
    »Ja«, antwortete er
bedächtig, »das glaube ich.«
    »Glaubst du nicht, es
könnte dir hier oben in den Bergen vielleicht langweilig werden?«
    »Langweilig?« Osgar
starrte ihn erstaunt an. Er dachte an die verschiedenen Kirchen, an das
Scriptorium, an die wundervolle

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