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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Bein. Ein Unfall in der Kindheit, sagen die Leute«, bemerkte
ihre Schwägerin.
    »Das
muss nicht unbedingt schlimm sein«, entgegnete Caoilinn, und als er
herangeritten war, lächelte sie ihm zu.
    Zwischen
den vieren entspann sich eine angenehme Unterhaltung. Als Morann einen
heimlichen Blick auf seinen Freund warf, schien ihm dieser keine Eile zu haben,
wieder weiterzureiten. Bevor sie ihre Plauderei beendet hatten, hatte Harold
gefragt, ob Caoilinn nicht Lust hätte, mit ihm in der nächsten Woche zu seinem
Hof hinauszureiten, und sie war einverstanden. Und so ritten sie am nächsten
Donnerstag zu ihm hinaus.
    Bereits
im Juni war die Art, wie sie einander den Hof machten, in ihren Familien zu
einem vergnügten Gesprächsthema geworden. Auch ihre Kinder freuten sich
darüber. Caoilinns ältesten Sohn Art drängte es geradezu, die Rolle seines
Vaters zu übernehmen: Er wäre keineswegs betrübt gewesen, wenn er bei der
Leitung der Familienangelegenheiten künftig auf ihre energische Gegenwart
verzichten müsste. Und für alle Kinder bedeutete die Aussicht, den freundlichen
Norweger als Stiefvater zu haben, einen Fortschritt gegenüber der düsteren
Erinnerung an Cormac. Harolds Kinder fanden Caoilinn äußerst sympathisch, und
da sie ihren Vater von Herzen liebten, waren sie froh, dass sie wieder Glück in
sein Leben brachte. So konnten die beiden einander unbesorgt den Hof machen.
    Dies
hatte bereits recht früh begonnen, nämlich schon an jenem Tag, als sie nach
Fingal hinausritten und Caoilinn sich nach seinem verkrüppelten Bein erkundigt
hatte. Ihre Frage war ganz beiläufig und freundlich gewesen, aber beide
begriffen sofort: Sie hatte schon einmal Jahre damit verbracht, einen kranken
Mann zu pflegen, und wollte dies nicht noch einmal durchmachen. Da erzählte er
ihr, wie hart er, nachdem einmal sein Leben bedroht worden war, daran
gearbeitet hatte, um für einen Kampf auf Leben und Tod gerüstet zu sein. »Mein
lahmes Bein ist vermutlich sogar kräftiger als das andere.«
    »Und
es bereitet Euch überhaupt keine Schmerzen?«, erkundigte sie sich besorgt.
    »Nein«,
sagte er lachend, »überhaupt nicht.«
    »Und
was ist mit diesem Dänen, der Euch ans Leben will?«, fragte sie.
    »Den
habe ich seit zwanzig Jahren nicht gesehen«, lachte er.
    Das
Gehöft war beeindruckend. Sie brauchte das Vieh nicht zu zählen – obwohl sie es
natürlich tat und dabei merkte, dass sie selbst nur ein Dutzend Stück mehr
besaß. Sie war zu stolz, um unterhalb ihres früheren Standes zu heiraten;
außerdem wären ihre Kinder einem mittellosen Mann wohl nicht ohne Argwohn
begegnet. Ihr fiel jedoch auf, dass sich bei der Führung der Landwirtschaft hie
und da einiges verbessern ließe. Sie wollte natürlich noch nichts sagen, aber
ihr gefiel der Gedanke, dass sie durchaus in der Lage wäre, dem Besitz in
Fingal ihr Siegel aufzuprägen und sich einige Bewunderung zu verschaffen. Sie würde
beileibe nicht versuchen, Harold seinen Rang streitig zu machen. Dazu war er
Gott sei Dank zu sehr ein Mann. Aber sie dachte, es würde ihm vielleicht
gefallen, wenn er zu seinen Freunden sagen könnte: »Seht her, was meine kluge
Frau vollbracht hat.«
    Mehrere
Wochen lang stellte sie weitere Beobachtungen und Nachforschungen an. Und
während sie überprüfte, ob der Norweger eine geeignete Partie war, sorgte sie
gleichzeitig dafür, sich auch ihrerseits begehrenswert darzustellen.
    Wenn
sich Harold die gut aussehende Frau mit den grünen Augen betrachtete, die sich
so sehr für ihn interessierte, musste er zugeben, dass er sich geschmeichelt
fühlte. Obwohl er sich schon von dem Moment an, da sie sich am Thingmount zum
ersten Mal begegnet waren, zu ihr hingezogen fühlte, war es ein unbedeutender
Anlass in der folgenden Woche gewesen, der seine Neugierde weiter anstachelte.
Sie waren gerade an seinem Hof angekommen, und er hatte die Arme ausgestreckt,
um sie von ihrem Pferd herabzuheben. Als er sie in seine kräftigen Arme nahm,
hatte er kaum geahnt, was ihn erwartete. Unbewusst hatte er sein verkrüppeltes
Bein abgestützt, um ihr Gewicht abzufangen. Aber wie leicht war sie
herabgeschwebt – so leicht wie eine Feder! Bevor ihre Füße den Boden berührten,
hatte sie sich zu ihm gedreht und ihn angelächelt, um sich zu bedanken, und da
hatte er neben ihrer Leichtigkeit zugleich auch ihre sehnige Kraft gespürt. So
stark und doch so leicht in der Hand: Eine solche Frau verhieß nicht wenige
sinnliche Genüsse.
    Bald
entdeckte er auch die Kraft

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