Die Prinzen Von Irland
sie nur erzürnen.«
»Ich
kann einfach nicht glauben, dass König Brians Leute so etwas tun können«, sagte
er. »Sie sind doch keine Heiden oder Ostmänner.« Aber ein betrübter Blick
seitens des älteren Mannes hieß ihn schweigen. Sie wussten beide aus den
Chroniken der verschiedenen Häuser, dass den Klöstern der Insel bei
Streitigkeiten zwischen Fürsten mehr Schaden zugefügt wurde, als es jemals
durch die Wikinger geschehen war. Also konnte er nur hoffen, dass Brian sich
seinen Ruf als Beschützer der Klöster auch diesmal bewahren würde.
»Sieh,
dort«, sagte der Abt ruhig. Ein etwa zwanzig Mann starker Trupp kam den Weg zum
Torhaus herauf. Sie waren schwer bewaffnet. In der Mitte der Gruppe marschierte
ein gut aussehender Mann mit braunem Bart. »Das ist Murchad«, bemerkte der Abt.
»Einer von Brians Söhnen.« Der Abt trat vor, und Osgar wich nicht von seiner
Seite.
»Willkommen
Murchad, Sohn des Brian«, rief ihm der Abt mit fester Stimme entgegen. »Wusstet
Ihr eigentlich, dass das, was Ihr dort niederbrennt, Eigentum des Klosters
ist?«
»Ja,
das wusste ich«, sagte der Prinz.
»Aber
Ihr wollt Euch doch gewiss nicht an Sankt Kevins Heiligtum vergreifen?«
»Nur
wenn’s in Leinster liegt«, antwortete er zynisch, während der Rest der Truppe
zu ihnen aufschloss.
»Ihr
wisst sehr gut, dass wir nichts mit dieser Sache zu tun haben«, sagte der Abt
sachlich. »Ich habe Euren Vater stets aufs Höchste geschätzt.«
»Wie
viele Bewaffnete habt Ihr?«
Ȇberhaupt
keine.«
»Und
wer ist das?« Der Prinz warf einen kalten Blick auf Osgar.
»Das
ist Bruder Osgar. Unser brillantester Gelehrter. Ein wundervoller Buchmaler.«
Nun
fasste er ihn schärfer ins Auge, aber dann senkte er mit einem Hauch von
Respekt, wie es Osgar schien – den Blick.
»Wir
brauchen Nachschub an Proviant«, sagte er.
»Die
Tore stehen offen«, antwortete der Abt. »Aber vergesst nicht, dass dies ein
Haus Gottes ist.«
Alle
setzten sich gemeinsam durch das Torhaus in Bewegung. Osgar warf einen
heimlichen Blick nach dem Rundturm. Die Leiter war verschwunden. Die
Eingangstür war verschlossen. Auf einen Wink des Prinzen entfernten sich seine
Männer in Richtung der Vorratshäuser.
»Bitte
bestellt Eurem Vater meine respektvollen Grüße«, sagte der Abt freundlich, »es
sei denn, er gedenkt, uns mit einem persönlichen Besuch zu beehren.« Er hielt
einen Moment inne, um Raum für eine Antwort zu lassen, aber es kam keine. »Es
ist wunderbar, wie gut er sich bei Kräften hält«, fügte er dann hinzu.
»Er
ist kräftig wie ein Stier«, antwortete der Prinz. »Wie ich sehe, haben Eure
Mönche das Weite gesucht«, bemerkte er. »Oder haben sich, noch
wahrscheinlicher, mit all Eurem Gold in den Turm geflüchtet.«
»Sie
kennen Euer gottesfürchtiges Wesen eben nicht so gut wie ich«, antwortete der
Abt schmeichelnd.
Während
seine Männer eine kleine Karrenladung mit Käse und zwei weitere Fuhren Korn
requirierten, begab sich der Prinz zusammen mit dem Abt und Osgar auf einen
Rundgang durch das Kloster. Schon bald war klar, dass er nach wertvollen
Gegenständen suchte. Er schielte nach dem goldenen Kreuz auf dem Altar der
Hauptkirche, ließ es aber ebenso unangetastet wie jeden silbernen Leuchter, den
er erblickte; und er begann bereits ergrimmt in seinen Bart zu fluchen, als er
schließlich auf oberflächliche Art das Scriptorium inspizierte und sein Blick
an einer bestimmten Stelle haften blieb. »Dein Werk?«, fragte er Osgar
unvermittelt, und der Mönch nickte.
Es
war ein Evangeliar wie das große Buch in Keils, wenn auch kleiner und weniger
prunkvoll ausgestattet. Osgar hatte erst vor kurzem mit der Arbeit begonnen und
hoffte, sie mit all ihren verzierten Initialen und mehreren ganzseitigen
Buchmalereien vor dem kommenden Osterfest zu vollenden.
»Ich
denke, mein Vater wäre hocherfreut, wenn er es überreicht bekäme«, erklärte der
Prinz bestimmt.
»Eigentlich
ist es für klösterliche…«, begann Osgar.
»Als
Zeichen Eurer Loyalität«, fügte der Prinz mit Nachdruck hinzu, »würde er es
sicher gern zu Weihnachten bekommen.«
»Selbstverständlich«,
sagte der Abt aalglatt, »wäre es für einen so frommen König in der Tat ein
passendes Geschenk meinst du nicht auch, Bruder Osgar?« Er blickte dem Mönch in
die Augen.
»In
der Tat«, pflichtete Osgar traurig bei.
»Das
wäre also geregelt«, meinte der Abt mit einem Lächeln, so selig wie beim
Erteilen eines Segens.
»Hier
entlang.« Und er führte
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