Die Prinzen Von Irland
sein halbes Leben lang die Meere
befahren. Doch mit diesen Abenteuern war es vorbei. Nun wollte er nur noch in
Frieden auf seinem Bauerngut leben. Aber in diesem Jahr war überall in den
Küstensiedlungen der Wikinger Unruhe ausgebrochen, und nun hatte dieser Aufruhr
auch Dyflin erreicht.
Begonnen
hatte es in England. Vor einem Dutzend Jahren, zur selben Zeit, als Brian Boru
die Einwohner von Dyflin bei Gien Mama schlug, hatte der törichte Sachsenkönig
von Südengland, seinem Volk unter dem Namen Ethelred the Unready oder »der
Unberatene« bekannt, in unkluger Weise die Wikinger von Nordengland und ihren
mächtigen Hafen York angegriffen. Aber schon bald musste er für seine Torheit
büßen. Eine Flotte wikingischer Langschiffe war von Dänemark in See gestochen
und hatte Gleiches mit Gleichem vergolten. Während der nächsten zehn Jahre war
Südengland gezwungen, ein Danegeld – oder Schutzgeld –
zu zahlen, wenn es in Frieden leben wollte. Und nun, in diesem Jahr, hatten der
König von Dänemark und sein Sohn Canute eine gewaltige Wikingerflotte
versammelt, um den armen Ethelred zu vernichten und ihm sein englisches
Königreich zu entreißen. In sämtlichen Winkeln der nördlichen Meere hallte
diese Nachricht wider. Woche für Woche waren Schiffe mit neuen Nachrichten von
diesem Abenteuer in den Hafen von Dyflin eingelaufen; kein Wunder also, dass
auch so manche unter den Männern von Dyflin eine zunehmende Unruhe befiel. Vor
zehn Tagen hatte Harold selbst gehört, wie auf dem Quai in Dyflin ein
Schiffskapitän aus Dänemark inmitten eines Zechgelages einer Gruppe von
Einheimischen zurief: »In Dänemark lassen wir den König von England für uns
zahlen. Und nun werden wir ihn zum Teufel jagen. Aber ihr Dyfliner hockt auf
euren Ärschen und zahlt einem Brian Boru Tribut.« Darauf erhob sich hie und da
zorniges Gemurmel, aber niemand hatte ihn tätlich angegriffen. Der Spott hatte
ins Schwarze getroffen.
Wegen
der Aufregung, die die Lage in England ausgelöst hatte, hielt nun jeder
wikingische Unruhestifter und Pirat, der die Nordmeere verunsicherte, Ausschau
nach Gelegenheit zu einem Abenteuer.
Und
nun sollten auch die Männer von Dyflin ihre Chance bekommen. Wenn der keltische
König von Leinster den Aufstand wagen wollte, so war sein wikingischer
Verwandter, der Herrscher von Dyflin, bereit, sich ihm anzuschließen. Dieses
Gerücht machte zumindest im Hafen die Runde. Hatten sie aus ihrer Niederlage
von vor einem Dutzend Jahren nichts gelernt?
»Sie
werden es nicht wagen, Brian noch einmal offen anzugreifen«, meinte Morann zu
Harold. »Es könnte aber noch eine andere Überlegung ins Spiel kommen.«
»Und
welche?«
»Der
Norden. Ulster hasst Brian. Der O’Neill–König von Tara wurde gezwungen, auf das
Hochkönigtum zu verzichten und einen Treueeid für Brian zu schwören, aber die
O’Neills sind immer noch mächtig und stolz. Wenn sie die Möglichkeit wittern,
sich an Brian zu rächen…«
»Aber
was ist mit dem Eid des alten Königs? Würde er ihn brechen?«
»Das
würde er nicht tun. Er ist ein Ehrenmann. Aber er könnte sich dazu zwingen
lassen.«
»Auf
welche Weise?«
»Nimm
einmal an«, sagte Morann, »die Leinster–Männer greifen eines der Gebiete der
O’Neills an. Der alte König von Tara ruft Brian Boru um Hilfe, der auch zusagt.
Daraufhin verbünden sich Leinster und Dyflin und vielleicht noch andere, um
Brian zu vernichten oder ihn zumindest zu schwächen. Und wohin bringt das den
alten König von Tara? Dorthin, wo er sich zuvor befand.«
»Du
glaubst, das Ganze ist eine Falle?«
»Vielleicht.
Ich weiß es nicht.«
»Solche
unlauteren Tricks gelingen aber nicht immer«, bemerkte der Norweger.
»Auf
jeden Fall«, betonte Morann, »wird es überall im Umkreis von Dyflin zu Kämpfen
und Plünderungen kommen; und dein Hof ist einer der reichsten.«
Harold
machte ein bitteres Gesicht. Der Gedanke, seinen gesamten Viehbestand in dieser
Phase seines Lebens zu verlieren, war höchst deprimierend. »Was soll ich deiner
Ansicht nach also tun?«
»Hier
mein Vorschlag«, antwortete der Kunstschmied. »Wie du weißt, habe ich Brian
einen persönlichen Eid geschworen. Ich kann also nicht gegen ihn kämpfen, und
das weiß der König von Dyflin. Aber ich werde auch kaum gegen meine eigenen
Leute in Dyflin kämpfen können. Aber wenn ich zum O’Neill–König gehe, der
ebenfalls durch einen Eid an Brian gebunden ist, dann sind meine
Verpflichtungen erfüllt. So erspare ich mir« – dabei
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