Die Prinzen Von Irland
irische und walisische Sprache sind wie Vettern«, erklärte
er. »Der wesentliche Unterschied liegt in einem einzigen Buchstaben. Wenn ihr
in Wales einen ›P‹–Laut sprecht, machen wireinen ›K‹–Laut.
Wenn wir zum Beispiel in Irland ausdrücken wollen ›der Sohn von‹, sagen wir ›Mac‹.
In Wales sagt ihr ›Map‹. Natürlich gibt es eine ganze Menge Unterschiede, doch
nach kurzer Zeit wirst du leicht verstehen, was gesagt wird.«
Er gab Peter einige
wichtige Hinweise zu Dublin – das, wenn der Ire es aussprach, in Peters Ohren
eher wie »Doovlin« klang. Der irische Hafen war anscheinend fast genauso groß
wie der Bristoler. Und er erklärte ihm ein wenig die Politik des Landes.
»Welchen Erfolg ihr
auch für König Diarmait über seine Feinde erkämpft, so muss er doch noch zu
Ruairi O’Connor von Connacht gehen – das ist der gegenwärtige Hochkönig –, und O’Connor
muss ihn erst anerkennen, ehe Diarmait in Irland sich König von irgendwas
nennen kann.«
Gilpatricks Ziele, so
schien es, waren mit dem großen Dubliner Bischof, dem er empfohlen worden war,
verknüpft.
»Er ist ein frommer
Mann mit großem Einfluss«, erklärte Gilpatrick. »Mein Vater ist auch ein alter
Kirchenmann.« Er schwieg eine Weile. »Meine Mutter ist eine Verwandte des Erzbischofs
Lawrence. So nennen wir ihn in der Kirche. Wir latinisieren seinen Namen zu
Lawrence O’Toole; auf Irisch heißt das Lorcan Ua Tuathail. Die Ua Tuathails
sind eine Prinzenfamilie in Nord–Leinster. Der Erzbischof ist eigentlich auch
ein Schwiegersohn des Königs Diarmait. Aber ich weiß, dass er ihn nicht sehr
mag«, fügte er im Vertrauen an.
Peter lächelte über
dieses dichte Beziehungsgeflecht.
»Heißt das, du
gehörst auch zu einer Prinzenfamilie?«, fragte er.
»Wir sind eine alte
Kirchenfamilie«, entgegnete Gilpatrick, und als er sah, dass Peter leicht
verdutzt dreinschaute, erklärte er: »In Irland verhält es sich ein wenig anders
als in anderen Ländern. Es gibt alte, hoch geehrte Klerikerfamilien mit
Verbindungen zu Klöstern und Kirchen; häufig sind dieseFamilien
mit Königen und Stammesoberhäuptern verwandt, deren Geschichte bis in die Nebel
der Zeiten zurückreicht.«
»Steht deine Familie
in Verbindung mit einer speziellen Kirche?«
»Es ist tradiert«,
erklärte Gilpatrick mit Nachdruck, »dass unser Vorfahr Fergus in Dublin von
Sankt Patrick persönlich getauft wurde«.
Als der Name des
Heiligen fiel, drängte es Peter zu einer weiteren Frage.
»Dein Name ist Gilla Patraic. Bedeutet das nicht Diener des Patrick?«
»Ja, stimmt.«
»Ich frage mich,
warum dir dein Vater nicht den Namen des Heiligen ohne jeden Zusatz gegeben
hat. Warum nicht einfach ›Patrick‹? Ich heiße schließlich auch nur Peter.«
»Ah.« Der Priester
nickte. »Das ist etwas, das du wissen solltest, wenn du einige Zeit in Irland
verbringst. Kein guter Ire wird je Patrick heißen.«
»Ach nein?«
»Nur Gilla Patraic. Nie Patrick.«
So war es schon seit
Jahrhunderten. Im Mittelalter wagte es kein Ire, den Namen des großen Sankt
Patrick für sich zu beanspruchen. Sie hießen immer Gilpatrick: Diener des Patrick.
Und so sollte es auch in den folgenden Jahrhunderten bleiben.
Es wäre schwer
gefallen, den Priester nicht zu mögen, mit seiner Freundlichkeit und seinem
Familienstolz. Peter erfuhr ein wenig über seine Brüder, seine hübsche
Schwester und seine Eltern. Er begriff nicht recht, was für eine Art
Kirchenmann Gilpatrick sein mochte, da er doch verheiratet war, und ebenso
wenig, was er unter »unserem« Kloster verstand. Doch wenn er ihn auf dieses
Thema ansprach, hatte es Gilpatrick eilig, über etwas anderes zu sprechen, und
Peter hatte nicht insistiert. Es war nicht nur offensichtlich, dass derfreundliche Priester ihn mochte, sondern auch, dass ihm die Gegenwart
dieser Plantagenet–Vasallen auf seinem heimischen Boden keineswegs missfiel.
Peter wusste nicht warum.
Eines Abends auf dem
Schiff hatte Gilpatrick zur Harfe gegriffen und erst englische Balladen, dann
Lieder der südfranzösischen Troubadoure und schließlich, als es tiefste Nacht geworden
war, irische Musik zum Besten gegeben. Eine besondere Stille machte sich unter
seinen Zuhörern breit, obwohl die meisten von ihnen Flamen waren, als die
sanften, klagenden Melodien von den Saiten erklangen und das Wasser des Meeres
betörten. Hinterher hatte Peter dem Priester gesagt: »Ich hatte das Gefühl,
deiner Seele zu lauschen.«
Sein Freund hatte nur
still
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