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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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nachdem sie bereits wieder gegangen war. Bei
seiner Rückkehr sah er ein wenig blass aus. Der Händler, mit dem er ins
Geschäft kommen wollte, hatte versucht, ihm einen kranken Gaul zu verkaufen,
doch er hatte gerade noch rechtzeitig die Mängel des Pferds erkannt. Er schien
verärgert, nicht abreisen zu können, und verbrachte eine weitere Nacht im
Hospiz.
    Am nächsten Morgen
wirkte Ruairi niedergeschlagen. Er saß im Hof und schaute trübsinnig vor sich
hin. Wann immer Una ein bisschen Zeit von ihren Pflichten abzweigen konnte, setzte
sie sich zu ihm. Als sie ihn sanft fragte, warum er so traurig sei, bekannte
er, eine schwierige Entscheidung treffen zu müssen. »Ich sollte eigentlich
zurückkehren.« Er deutete in die südliche Richtung zum Liffeytal und den
Wicklow–Bergen, so dass sie glaubte, er meinte zurück zu den O’Byrnes. »Aber
ich habe andere Pläne.«
    »Willst du wieder auf
Reisen gehen?«, fragte Una.
    Er zögerte und sagte
dann ruhig: »Vielleicht auf eine größere Fahrt.«
    »Wo willst du hin?«
    »Ich denke an eine
Pilgerreise«, antwortete er. »Vielleicht nach Compostela oder ins Heilige
Land.«
    »Bei allen
Heiligen!«, rief sie. »Das wäre ein langer und gefahrvoller Fußmarsch.« Sie
schaute ihn prüfend an, um zu sehen, ob er es ernst meinte. »Willst du wirklich
wie der Palmer bis nach Jerusalem gehen?«
    »Es wäre besser«,
murmelte er, »als zurückzugehen.« Und wieder zeigte er in die Richtung, wo
seine Familie lebte.
    Sie empfand
unwillkürlich Mitgefühl mit ihm und fragte sich, warum er nur so ungern bei
seiner Familie war.
    »Bleib doch noch ein
paar Tage«, riet sie ihm. »Hier kannst du ausruhen. Bete, und deine Gebete
werden bestimmt erhört.« Insgeheim hatte sie schon
beschlossen, selbst für ihn zu beten.
    So blieb er noch
einen Tag. Als sie dem Palmer von den Problemen und Absichten des armen Ruairi
erzählte, warf er ihr nur einen gequälten Blick zu und bemerkte: »Mit so einem jungen
Mann kannst du viel Zeit vergeuden.«
    Sie war erstaunt,
dass ein guter Mann, der selbst gepilgert war, so etwas sagte, und sie konnte
nur daraus schließen, dass er sie nicht verstanden hatte. Sie nahm ein wenig
Anstoß an seinem Ton, der in ihren Ohren herablassend klang. Der Palmer, der
ihren Ärger spürte, ergänzte leise: »Er erinnert mich an einen Jungen, den ich
einmal kannte.«
    »Und vielleicht«,
sagte sie gereizt, »habt Ihr auch diesen Jungen nicht so gut gekannt.« Nie
zuvor hatte sie mit dem Palmer in einem solchen Ton gesprochen, und sie
fürchtete, zu weit gegangen zu sein. Doch zu ihrem Erstaunen wirkte er nicht
verärgert.
    »Ja, vielleicht«,
sagte er mit plötzlicher Traurigkeit, die sie sich nicht erklären konnte.
    Am nächsten Morgen kam
Fionnuala wieder. Höflich begrüßte sie Ruairi, doch an einem Gespräch mit ihm
schien sie nicht sonderlich interessiert zu sein. Als Una sie darauf ansprach,
zog Fionnuala ein Gesicht und sagte: »Ich bin an Brendan interessiert, Una.«
Sie ließen es auf sich beruhen.
    Während am Nachmittag
Fionnuala mit einem der Insassen sprach, traf Una zufällig Ruairi, der
trübsinnig im Hof saß. Nach ihrem letzten Gespräch war ihr der Gedanke
gekommen, dass es etwas bedeuten musste, Mitglied einer fürstlichen Familie wie
den O’Byrnes zu sein, insbesondere wenn man sich mit dem Ruf eines Mannes wie
Brendan messen musste. Eine Pilgerreise ins Heilige Land könnte Ruairi
sicherlich helfen, sein Ansehen zu steigern.
    »Sie quälen mich! Sie
verachten mich!«, brach es mit einem Mal aus ihm heraus. Dann verfiel er wieder
in Trübsinn.
    » ›Ruairi ist ein
armer Kleiner!‹ Das sagen sie über mich. ›Brendan ist der Mann.‹ Und es stimmt,
er ist es. Was habe ich denn schon in meinem Leben zuwege gebracht?«
    »Du musst Geduld
haben, Ruairi«, sagte sie eindringlich. »Gott hat etwas mit dir vor, so wie er
mit uns allen etwas vorhat. Würdest du beten und zuhören, Ruairi, würdest du
entdecken, was es ist. Ich bin sicher, du hast das Zeug dazu, große Dinge zu
vollbringen.«
    Ohne nachzudenken,
was sie tat, hielt sie seine Hand einen Moment lang in ihrer. Sie hörte
Fionnuala nach ihr rufen und musste gehen. Und dann beging sie einen Fehler,
der sie später noch oft reuen sollte: Sie erzählte Fionnuala von den Plänen des
jungen Mannes. Als diese am nächsten Morgen Ruairi traf, spottete sie: »So,
nach Jerusalem willst du also gehen. Unterwegs gibt es sicher viel zu trinken,
was?« Dann lachte Fionnuala schallend, und Ruairi

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