Die Prinzen Von Irland
entgegnete nichts, sondern warf
nur Una einen vorwurfsvollen Blick zu, der ihr beinahe das Herz brach. Am
nächsten Morgen war er verschwunden.
Sie sah Ruairi erst
im Dezember wieder, einen Tag nachdem Vater Gilpatrick nach Cashel zur großen
Synode abgereist war. Die Frau des Palmers hatte ihn auf dem Markt getroffen
und ihn mit zum Hospiz gebracht. Una wollte ihn nach seinen Pilgerplänen
fragen, wagte es jedoch nicht. Fionnuala übernahm dann nach einem Moment
peinlichen Schweigens das Gespräch.
»Hast du deinen
Cousin Brendan gesehen?«, fragte sie. »Er war in den letzten Wochen nicht hier.«
»Ja.« Una meinte zu
spüren, dass ihm leicht unbehaglich zumute wurde.
»Geht es ihm denn
gut?«, hakte Fionnuala nach.
»Oh, doch, natürlich.
Brendan geht es immer gut.«
»Wird er jetzt
heiraten?«, setzte Fionnuala kess nach. Und spätestens jetzt war es unverkennbar,
dass Ruairi peinlich berührt war.
»Es ist im Gespräch,
glaube ich. Eine der O’Tooles. Aber ich kann nicht sagen, ob es beschlossene
Sache ist. Zweifellos gehöre ich zu den Letzten, die es erfahren«, setzte er
gequält hinzu.
Nein, dachte Una, Fionnuala
wird die Letzte sein, die es erfährt; und sie sah ihre Freundin voll Mitgefühl
an. Doch Fionnuala hatte ein tapferes Gesicht aufgesetzt.
»Natürlich, er ist
ein guter Mann«, sagte sie. »Seine Frau mag vielleicht nicht oft Grund haben zu
lachen, aber wenn sie ein ernstes Wesen hat, wird sie sicher glücklich werden.«
Sie lächelte strahlend. »Gehst du zurück nach Dublin, Ruairi?«
»Da war ich schon.«
»Dann kannst du mit
mir gehen, da ich mich jetzt auf den Heimweg mache.«
Fionnuala erwähnte
Brendan nie wieder. Und Una sah Ruairi nie mehr. Sie hörte ein, zwei Mal, dass
er in Dublin gewesen sei, und fragte Fionnuala, ob sie ihn gesehen oder
Neuigkeiten über ihn habe; doch Fionnuala verneinte.
* * *
Der Seemann kam an einem grauen Märzmorgen.
Feuchte Wolken trieben über den Liffey. Der Palmer und seine Frau waren zum
Lager des Königs gegangen und hatten das Hospiz bis zu ihrer Rückkehr
Fionnualas und Unas Obhut anvertraut. Regentropfen hingen im Haar des Seemanns.
»Ich habe eine Nachricht von Eurer Mutter«, teilte er Una mit. »Euer Vater war
sehr krank. Aber wenn er wieder laufen kann, will er nach Dublin zurückkommen,
denn er möchte, ehe er stirbt, Irland wieder sehen.«
Una schossen die
Tränen in die Augen. Sie hatte sich so sehr danach gesehnt, ihre Familie wieder
zu sehen, aber nicht unter diesen Umständen. In ihrem Kopf wimmelte es auch von
praktischen Fragen. Wie würden sie leben? Sollte ihr Vater zu krank sein, um
arbeiten zu können, so waren ihre Brüder noch zu jung, um
bereits erfolgreiche Handwerker zu sein. Sie und ihre Mutter müssten die beiden
so gut es ginge ernähren. Und wo würden sie wohnen? Könnten sie doch nur, dachte
sie, ihr altes Haus zurückbekommen. Wenn irgendetwas ihrem Vater helfen könnte,
wieder gesund zu werden, dachte sie, wäre es das. Sie überlegte, ob vielleicht
der Palmer etwas für sie tun könnte, und beschloss, ihn sofort nach seiner
Rückkehr um Rat zu fragen.
Unterdessen besprach
sie die Neuigkeiten mit Fionnuala. Ihre Freundin war, seit sie im Winter die
Aussicht auf eine Heirat mit Brendan aufgeben musste, in gedämpfter Stimmung.
Dennoch versuchte sie Una jetzt zu trösten, nahm sie in die Arme und meinte,
alles würde gut.
Als der Palmer und
seine Frau kurz nach Mittag heimkamen, war er nicht in der Stimmung zu reden;
er lächelte traurig und ging mit seiner Frau an Una vorbei in seine Wohnräume.
Zwei Stunden vergingen, und keiner von beiden kam heraus. Die Mädchen konnten
sich nur fragen, was da nicht stimmte.
Fionnuala war im Hof,
als sie jemanden durch das Tor treten sah. Der Himmel hatte etwas aufgeklart,
doch der Märzwind entlockte dem Strohdach plötzlich ein Zischen und schlug das
Tor zu, als die Gestalt eintrat. Just in diesem Augenblick erschien Una aus dem
Frauenschlafsaal, und Fionnuala wusste, dass ihr Blick auf ihnen beiden ruhte.
Ihr wurde klar, dass Una womöglich gar nicht wusste, wer dieser Mann war.
Fionnuala musterte ihn.
Peter FitzDavid sah
sie an. Sein Gesicht war ernst. Wenn er sich unter ihrem eisigen Blick
unbehaglich fühlte, verbarg er es sorgsam.
»Dein Bruder
Gilpatrick bat mich, dich abzuholen«, sagte er ruhig. »Ich bringe dich nach
Hause. Ich habe ihn im Lager des Königs getroffen«, fügte er an, um seine
Anwesenheit zu erklären.
Fionnuala verspürte
eine stechende
Weitere Kostenlose Bücher