Die Prinzen Von Irland
Angst.
»Warum?«, fragte sie.
»Habt ihr es denn
nicht gehört? Hat es euch der Palmer nicht erzählt?« Er schaute überrascht,
dann nickte er bedächtig. »Es geht um König Heinrich«, erklärte er. »Er hat seine
Aufgaben in Irland erledigt und wird in Kürze abreisen. Nur die Angelegenheit
mit Dublin muss noch geregelt werden, und das tut er gerade. Ich fürchte,
Fionnuala«, er hielt einen Moment inne, »es ist für deinen Vater nicht gut
ausgegangen, obwohl er mit besonderer Rücksichtnahme behandelt wurde. Er behält
den südlichen Teil seiner Ländereien, unten, wo dein Bruder lebt. Natürlich
wird er sie als Vasall des Königs innehaben. Aber der gesamte nördliche Teil
seines Landbesitzes bei Dublin wurde einem Mann namens Baggot übereignet. Dein
Vater ist sehr aufgebracht.« Nach kurzem Schweigen fuhr er fort: »Ich fürchte,
diese Übereignungen und Rückübereignungen sind unter solchen Umständen recht normal.«
Die beiden Mädchen
starrten ihn wie betäubt an. Una kam als Erste wieder zu Kräften.
»Ist dies auch dem
Palmer geschehen?«
»Ihn hat es noch viel
schlimmer getroffen. Der König hat ihm seine gesamten Ländereien in Fingal
weggenommen und sie seinen eigenen Rittern gegeben. Dem Palmer hat er nur sein
Land in der Nähe von Dublin gelassen, was gerade eben ausreicht, ihn und das
Hospiz zu ernähren. Dem König ist natürlich bewusst, dass der Palmer keine
Erben hat. Nur für das Hospiz muss er wirklich sorgen.«
»Und was fällt für
dich dabei ab?«, fragte Fionnuala kalt.
»Für mich?« Peter
zuckte die Achseln. »Ich bekomme gar nichts, Fionnuala. Strongbow bedenkt
zuerst einmal seine eigene Verwandtschaft. Und als dann König Heinrich ins Land
kam, wurde Strongbows Macht stark beschnitten. König Heinrich kennt mich kaum.
Ich habe in Irland nichts bekommen. Wahrscheinlich reise
ich mit König Heinrich ab. Strongbow hat ihn davon überzeugt, mich mitzunehmen.
Vielleicht kann ich mein Glück in einem anderen Land machen.«
»Dann sehen wir dich
nicht mehr wieder, Waliser«, sagte Fionnuala freundlicher.
»Nein.«
»Nun, ich hoffe, dir
hat es hier gefallen.«
»Ja, sehr sogar.«
Sie schauten sich
einen Augenblick stumm an. Dann seufzte Fionnuala. »Es besteht kein Grund, dass
du mich nach Hause begleitest, Waliser. Ich habe hier noch einiges zu tun, und
dann werde ich mich allein auf den Weg machen.«
»Ich wüsste zu gern,
was mit meinem Elternhaus geschehen ist«, raunte Una ihrer Freundin zu.
»Waliser«, hob
Fionnuala an. »Dies ist Una MacGowan. Ihrer Familie gehört das Haus, in dem du
Quartier genommen hast. Sie möchte gerne wissen, was aus dem Haus wird.«
»Zufällig weiß ich es
genau«, erwiderte Peter. »Etliche Bristoler Kaufleute kommen herüber, und
dieses Haus ist wie viele andere einem von ihnen übereignet worden. Ich habe den
Mann sogar kennen gelernt. Sein Name ist Doyle.«
Una hatte angenommen,
dass Fionnuala, kurz nachdem Peter FitzDavid sich verabschiedet hatte,
ebenfalls gehen würde. Zu ihrer großen Überraschung sah sie eine halbe Stunde
später, dass Fionnuala noch immer da war. Sie fand sie in dem Zimmer hinter dem
Männerschlafsaal, wo sie damals den Priester getroffen hatte. Sie kniete auf
dem Boden und weinte still vor sich hin. Una hockte sich neben sie, um sie zu
trösten.
»Es hätte schlimmer
kommen können, Fionnuala. Deine Familie ist noch immer reicher als die meisten
anderen. Ich bin sicher, dein Bruder wird eines Tages Bischof. Und es werden
nicht weniger nette Männer um deine Hand anhalten.«
Doch all das schien
nicht zu helfen. Noch immer zuckten Fionnualas Schultern. Sie
wisperte: »Brendan ist gegangen. Mein Waliser ist gegangen. Alle.« Dies schien
Una ein wenig abwegig zu sein; doch da sie sie trösten wollte, schlug sie vor: »Vielleicht
solltest du diesen Priester noch einmal treffen.« Was allein dazu führte, dass
die arme Fionnuala noch heftiger weinte. Schließlich hob sie den Kopf und sah
mit tränenüberströmtem Gesicht ihre Freundin an.
»Du verstehst nicht,
Una, du armes dummes Ding. Du verstehst überhaupt gar nichts. Ich bin
schwanger.«
»Was bist du? In
Gottes Namen, Fionnuala, wer war es?«
»Ruairi O’Byrne.
Lieber Gott, hilf mir. Ruairi.«
* * *
Als Una den Kaufmann durch das Tor des
Hospizes kommen und mit dem Palmer und seiner Frau hinten in der kleinen Halle
verschwinden sah, brachen ihre Hoffnungen in sich zusammen. Groß, hart, dunkel,
mit einem Furcht erregenden Blick aus dunklen Augen: ein
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