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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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sandte der
Papst dem englischen König Glückwünsche zu der Ausdehnung seines Machtbereichs
über die widerspenstigen Iren, die die Ausübung des christlichen Glaubens abgelehnt
hatten. Überdies müsse der König, um vollständige Vergebung seiner Sünden zu
erlangen – ohne Zweifel bezog sich dies hauptsächlich auf seine Mittäterschaft
bei der Ermordung des Erzbischofs von Canterbury –, nur die gute Arbeit weiterführen.
So hatte Heinrich alles bekommen, was er wollte: nicht nur Vergebung für den
Mord an Becket, sondern zudem noch einen Segen für seinen Kreuzzug gegen die Iren.
»Es könnte«, klagte O’Toole, »vom englischen Papst geschrieben sein.«
    Und wie hatte
Heinrich es erreicht? Der Wortlaut des Briefes machte es verständlich. Der
Papst erklärte, er habe aus einer unanfechtbaren Quelle von der schändlichen
Moral auf der westlichen Insel erfahren: nämlich von genau dem Kirchenmann, den König Heinrich zu ihm gesandt hatte! Und wurden
dessen Worte nicht durch exakt den Bericht bestätigt, den die irischen
Kirchenmänner ihm geschickt hatten? Er zählte einige der Missstände auf:
unschickliche Eheschließungen, Nichtzahlung des Zehnten, genau die Dinge, denen
sich die Synode von Cashel sorgsam zugewandt hatte. Der Papst erwähnte die
Synode von Cashel nicht. Er wusste offensichtlich gar nicht, dass sie
stattgefunden hatte, und ahnte nichts von den Reformen, die dort verfügt worden
waren; auch schien er nichts von der guten Arbeit zu wissen, die Lawrence
O’Toole und seinesgleichen bereits geleistet hatten.
    Und nun endlich
durchschaute Gilpatrick die List des Plantagenet–Königs. Er hatte die irischen
Kirchenmänner dazu verleitet, diesen vernichtenden Bericht herauszugeben, und war
dann damit als Beweis für die Lage in Irland nach Rom geeilt. Er hatte jedes
Wort, das sich auf die Synode bezog, daraus gestrichen. Die Offiziellen in Rom,
die ohnehin nur wenig über Irland wussten, hatten Papst Hadrians früheren Brief
gefunden. Aus dem Ausflug des englischen Königs nach Irland, um Strongbow den
Kopf zurechtzurücken, war nun ein päpstlicher Kreuzzug geworden. »Und wir haben
ihm den Vorwand geliefert. Wir haben uns durch eigene Hand verurteilt«,
murmelte Gilpatrick.
    Es war unredlich. Es
war Betrug. Es war eine brillante Lehrstunde in Politik von einem Meister des
Spiels.

4
 ~ 1192 ~
    A m Sankt–Patricks–Tag im Jahre des Herrn 1192
fand in Dublin eine bedeutende Zeremonie statt. Angeführt vom Erzbischof der
Stadt kam eine Prozession kirchlicher Würdenträger aus der Christ–Church–Kathedrale
und zog durch das Südtor der Stadt hinaus. Auch Vater Gilpatrick war mit dabei.
Die Gläubigen gelangten zum Sankt–Patricks–Brunnen, neben dem früher eine
Kirche gestanden hatte. Doch heute erhob sich genau hier ein gewaltiger, wenn
auch noch unfertiger Kirchenbau. Seine stattlichen Proportionen schienen der
Christ–Church–Kathedrale Konkurrenz machen zu wollen. Auch die Grundmauern für
die dazugehörige Schule waren bereits zu sehen. Eines jedoch fiel den
Zuschauern jener Prozession zu diesem neuen Kirchenbau, der Irlands
Schutzheiligem gewidmet war, als besonders unpassend auf. Der Erzbischof von
Dublin, der den Zug anführte, hieß John Cumin und war ein Engländer.
    Überhaupt sollte
alles an dieser neuen Sankt Patrickkirche englisch werden: der gotische Stil,
der sich gerade in England und Frankreich durchgesetzt hatte, die Priester, die
hier wirken sollten, das neue Kolleg. Und es konnte niemandem entgangen sein,
dass dieser neue englische Hauptsitz des englischen Bischofs außerhalb der
Stadtmauern und einige hundert Meter von der alten Kathedrale entfernt lag, wo
die Mönche sich noch immer voll Respekt und Zuneigung des frommen Erzbischofs
O’Toole erinnerten.Die feuchte Märzbrise strich über
Gilpatricks Gesicht. Eigentlich hätte er Dankbarkeit empfinden sollen. Es war schließlich
eine Ehrenbezeugung, dass der englische Erzbischof ihn, einen Iren, als einen
seiner neuen Kanoniker auserwählt hatte. »Ihr genießt bei allen hohes Ansehen«,
hatte Cumin ihm offen gesagt. »Ich weiß, Ihr werdet Euren Einfluss weise
nutzen.« Doch als Gilpatrick hinüber zum alten Mönchskloster seiner Familie auf
der Anhöhe zur Linken sah und an den Mann dachte, den er höchst widerwillig um
ein Treffen gebeten hatte, sobald die Weihung der Kirche vorüber wäre, hatte er
nur einen Gedanken: Gott sei Dank, dass mein armer Vater nicht mehr lebt und
dies nicht mit ansehen muss.
    Die

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