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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kinder verheiratet waren und seine Frau, die dreißig Jahre
an seiner Seite gelebt hatte, gestorben war, hatte der bailiff , der Verwalter des
Erzbischofs, der nach verlässlichen Lehensmännern suchte, ihm zu sehr guten
Bedingungen angeboten, in das Fischerdorf Dalkey zu ziehen. Denn Tom, der von
kleinem Wuchs war und rotblondes Barthaar hatte, galt als äußerst zuverlässig.
    Dalkey, auf einer
kahlen Felsplatte im Süden der Bucht gelegen, bestand aus einer einzigen Straße
mit einer kleinen Kirche und einigen Flächen Land. Tom Tidys Land war von durchschnittlicher
Größe – dreißig Meter lang und vierzig Meter breit. Er hatte aber auch Anrecht
auf mehrere Streifen des Gemeinschaftsfelds, sein Vieh durfte er auf einem
weiteren Teil des öffentlichen Gemeindelands weiden
lassen, das an der Küste lag. Der Inhaber eines solchen Besitzes in einer Gemeinde
war – im Gegensatz zu den Kleinbauern und Leibeigenen, die in kleineren Hütten
wohnten – ein freeman, ein freier Mann, den
man auch burgess nannte.
    Obwohl Dalkey wie ein
winziges Städtchen aussah und auch beinahe eines war, hatte es keine borough charter , keine Gründungsurkunde
der Gemeinde. Es war Teil einer der großen Ländereien des Erzbischofs. Der
Erzbischof war der Feudalherr; sein Bailiff sammelte den Grundzins ein, die
feudale »prise tax«, die Gewinnsteuer auf den Fang der Fischer, und einige
andere Abgaben. Für beinahe alle Vergehen wurden die Bewohner zu Verhandlungen
vor dem Gericht des Erzbischofs vorgeladen, für das sein Bailiff die
Geschworenen aussuchte. Innerhalb kurzer Zeit war die irische Siedlung Dalkey nach
typisch englischer Art strukturiert.
    Tom Tidy zahlte drei
Shilling im Jahr für seinen Besitz, der insgesamt drei Morgen umfasste. Von
hier aus betrieb er sein kleines Fuhrunternehmen, das Waren vom kleinen Hafen
in die Häuser am Ort oder nach Dublin brachte. Sein Hof gehörte zu den
größeren. Sein strohgedecktes Wohnhaus war eher von bescheidenen Ausmaßen; doch
dahinter befand sich ein weiterer Hof mit einer langen Scheune, wo er die
Karre, um Fisch zu transportieren, den großen Wagen für die großen Weinfässer
und Salztonnen und einen weiteren für Stoffballen und Felle unterstellen
konnte. Er braute auch Ale, das er im Ort verkaufte und für das er dem Bailiff
eine geringe Brausteuer bezahlte. An manchen Tagen arbeitete er und an anderen
nicht. Die langsame Gangart in Dalkey kam Tom, dem Witwer, sehr entgegen.
Allerdings hatte dieser Küstenort in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen.
    Die Sandbänke und der
Schlick an der Mündung der Liffey waren stets eine Gefahr für die Schiffe
gewesen. Seit den Tagen der Wikinger hatte die hohe Nutzung des Hafens zumVerschlammen des Flusses beigetragen, so dass es für die mittelalterlichen
Koggen mit ihrem breiten Rumpf und größeren Tiefgang schwieriger wurde, die
Dubliner Untiefen zu passieren. In der Nähe befanden sich andere Häfen mit
tieferem Gewässer. Der kleine Hafen in Howth auf der Halbinsel im Norden der
Bucht war einer davon; und Dalkey unterhalb der Südspitze der Bucht war ein
anderer. Die vorgelagerte Insel fungierte als natürliche Hafenmauer, die die
einlaufenden Schiffe schützte, und das Wasser war tief – acht Faden tief, sogar
bei Ebbe. Oft wurden hier in Dalkey Handelsschiffe mit großem Tiefgang gelöscht
– manchmal die gesamte Ladung oder auch nur ein Teil, um das Schiff leichter zu
machen, so dass es dann gefahrlos durch die Dubliner Untiefen segeln konnte.
Beide Vorgehensweisen verschafften den Leuten des Orts, darunter auch Tom Tidy,
zusätzliche Arbeit.
    Nachdem Tom Tidy
jetzt also an dem Mädchen vorbeigegangen war, lief er noch dreißig Schritt
weiter und blieb dann stehen. Es lag kein Schiff im Hafen. Alle Fischerboote
waren, wie er wusste, aufs Meer gefahren. Warum also kam dieses Mädchen vom
Hafen? Es gab dort nichts zu sehen. Er drehte sich um, um das Mädchen noch
einmal anzusehen, doch sie war bereits verschwunden.
    Die kleine steinerne
Kirche Sankt Begnet stand auf der Nordseite der Straße. Daneben lagen ein
Friedhof und das Haus des Priesters. Der letzte Priester war in diesem Frühjahr
gestorben, und vorübergehend kam ein Kurat von einer anderen Kirche, um
sonntags die Messe zu feiern. In der Zwischenzeit hatte man Tom beide Schlüssel
anvertraut, den für die Kirche, die er abends verriegelte, und den für das Haus
des Priesters, das zur Zeit vom Offizier der inspizierenden Schwadron bewohnt
wurde, dessen Männer in Zelten

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