Die Prinzen Von Irland
bat, mit ihm
sprechen zu dürfen.
Das war eine
intelligente List, um keinen Verdacht zu erregen, und er hatte Tom mit Freuden
eine Reihe nützlicher Vorräte abgekauft, um ihm die notwendige Deckung zu
geben.
»Ihr habt das
Richtige getan«, versicherte er dem Transportunternehmer, als er den Grund für
Toms Besuch erfuhr. »Und Ihr seid zum richtigen Mann gekommen.«
Tidys rechnete nicht
ohne Grund auf Harolds Verschwiegenheit. Niemand war ein zuverlässigerer Hüter
des englischen Gesetzes in Irland als Robert Harold. Zwei Jahrhunderte waren
vergangen, seit sein Vorfahr Harold zu seinem Vater, Ailred dem Palmer, heimgekehrt
war; zu der Zeit wurden sie die Harolds genannt, und als Harolds waren sie zu Reichtum
gekommen. Sie hatten ein großes Stück Land erworben, das im Süden von Dublin an
einem Ort namens Harold’s Cross begann und sich im Südwesten entlang der Grenze
des Dubliner Stadtgebiets erstreckte. Familien wie die Harolds mit ihrem großen
Landbesitz, befestigten Häusern und bewaffneten Männern waren wichtige Säulen,
um die etablierte englische Ordnung in diesem Teil der Insel, im Marschland,
aufrechtzuerhalten.
Vor zehn Jahren war
Robert Harold zum Oberhaupt der Familie gewählt worden. Wie die keltischen
Clans waren die Familien hier dazu übergegangen, das Familienoberhaupt per Wahl
zu bestimmen. Manchmal luden sie dazu sogar andere Familien oder einen bedeutenden
Mann wie den Erzbischof ein, die ihnen bei der Wahl helfen sollten.
Robert Harold war
mittelgroß. Schon recht früh hatte er graues Haar bekommen. Seine Augen, die
von einem verblüffend nordischen Blau waren, hatten für gewöhnlich einen milden
Ausdruck. Er hatte sich als leistungsfähiger Anführer erwiesen, vorsichtig,
aber mit Durchsetzungsvermögen.
Während Tidy ihm
alles erzählte, beobachtete Harold ihn aufmerksam. Die Nervosität des Mannes
war augenfällig. Immer wieder hob Tom hervor, er habe ihn
aufgesucht und nicht den Bailiff des Erzbischofs oder die Beamten des
Justiziar, damit niemand in Dublin ihn mit dieser Sache in Zusammenhang bringen
könne. »Bitte verratet nicht, woher Ihr diese Mitteilungen habt«, flehte er.
Bis zu einem gewissen Grad konnte Harold ihn beruhigen.
Manchmal dachte
Harold, er sei beinahe der einzige Mensch, der wirklich begriff, was in Irland
vor sich ging. Vielleicht noch der Justiziar. Die Männer, die die
Rechnungsbücher im königlichen Schatzamt führten, müssten es eigentlich auch wissen.
Doch einige seiner adligen Freunde, Männer wie Walsh in Carrickmines, schätzten
den Ernst der Lage nicht richtig ein. Er persönlich hielt sie für schwach.
Der Niedergang hatte
tatsächlich eingesetzt, als sein Vater noch ein Junge war. Mehrere Jahre
hintereinander waren die Ernten schlecht ausgefallen, und Hungersnöte waren die
Folge. Dann entspann sich der Krieg zwischen den Engländern und Schotten. König
Eduard I. – Longshanks, der »Hammer of the Scots«, der Schottenhammer – hatte
zwar den schottischen Helden Wallace geschlagen; doch nach Wallace hatten die
Schotten zurückgeschlagen. Robert the Bruce und sein Bruder Eduard hatten das
englische Heer in Bannockburn vernichtet und den Schotten dadurch neuen Mut
gemacht. So überraschte es kaum, dass sich dann die großen irischen Clans
fragten, ob nicht auch sie in der Lage seien, es mit der englischen Macht
aufzunehmen. Eine Allianz wurde geschlossen. Die O’Connors und die O’Neills
hatten sich mit Eduard Bruce zusammengetan, der eine große schottische Streitmacht
nach Irland gebracht hatte. Hatten sie Chancen auf Erfolg? Vielleicht. Bruce
und seine Alliierten hatten oben im Norden eine große Schlacht geschlagen und
waren dann fast bis zu den Dubliner Stadtmauern vorgedrungen. Doch die Dubliner
hatten sie ausgesperrt, und das übrige Irland hatte es versäumt, sich für sie
zu erheben. Es war ein altes irisches Problem: Es gab
keine Einheit auf der Insel. Die mächtigen alten O’Neills meinten, sie könnten
sich nur mit Freunden verbünden. Nach kurzer Zeit war Bruce getötet worden, und
der keltische militärische Neubeginn hatte ein Ende.
Aber es hatte sich
etwas verändert. Zuerst einmal war Irland ärmer geworden. Englische Siedler
kehrten zum Teil zurück, ohne dass viele neue kamen; die englische Regierung
investierte weniger. Zu der Zeit als Robert Harold zum Mann wurde, waren
England und Frankreich in den endlosen Konflikt, bekannt als der Hundertjährige
Krieg, verwickelt; und der englische König wusste mit Irland
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