Die Prinzen Von Irland
kaum etwas
anzufangen, als so viel Geld wie möglich aus dem Land zu ziehen eine Summe, die
von Jahrzehnt zu Jahrzehnt immer geringer wurde. Soweit Harold wusste, erhielt
der englische König jetzt nur noch etwa zweitausend Pfund im Jahr von Irland. Der
König entsandte seine Justiziars, seine königlichen Beamten, und einmal sogar
seinen Sohn auf die Insel; doch ihr Interesse an Irland war halbherzig.
Viele große Lords mit
Ländereien sowohl in England als auch in Irland waren zu dem Schluss gekommen,
die westliche Insel mit ihrer ablehnenden einheimischen Bevölkerung sei die
Schwierigkeiten nicht wert. Sie ließen ihren irischen Grundbesitz in den Händen
von stewards , Verwaltern, und blieben absentees, abwesend, auf der
anderen Seite des Meeres. Als ebenso nachteilig stellte sich heraus, dass einige
der größten feudalen Landbesitzungen, wie etwa das riesige Erbe von Strongbow,
unter Erben aufgeteilt worden waren und in späteren Generationen noch weiter
aufgesplittert wurden. So fehlte es an Magnaten, die ein Bollwerk gegen die
Kräfte der Zerrüttung hätten bilden können. Da der englische König diesen
Schwachpunkt erkannte, hatte er eine bedeutende Maßnahme ergriffen: Er hatte
drei große Grafschaften gegründet, die – ohne Aufteilung – nur in der
männlichen Linie vererbt werden konnten. Die Grafschaft Ormond übergab er dermächtigen Familie Butler; die Grafschaften Kildare und
Desmond gingen an zwei Zweige der Fitzeraids, die mit Strongbow auf die Insel
gekommen waren. Diese Grafschaften dominierten Regionen, die außerhalb des
Dubliner Herrschaftsgebiets des Königs lagen; doch obgleich die Grafen
sicherlich mächtig genug gewesen wären, die englische Ordnung in weiten Teilen
des irischen Hinterlands durchzusetzen, verhielten sie sich weniger wie
englische Adlige als vielmehr wie unabhängige keltische Könige, und als
ebensolche behandelten sie die irischen Stammesoberhäupter.
Nein, es war Aufgabe
des Adels, von Männern wie ihm, Robert Harold, die englische Ordnung zu
bewahren, wenn schon nicht in ganz Irland, dann doch zumindest in dem breiten
Gebietsgürtel um die Dubliner Küste. Gutsherrenhaus, Pfarrkirche und Dorf;
Marktflecken mit ihren kleinen Gemeinderäten; englische shires , Grafschaften mit
ihren Höfen und der königlichen Justiz. Das war die Ordnung, die Harold
aufrechterhalten wollte; sie bot ihm und einfachen Leuten wie Thomas Tidy
Sicherheit. Und sie konnte nur beibehalten werden, wenn die Engländer in Irland
sich standhaft behaupteten.
Aber würden sie das
tun? Vor nicht allzu langer Zeit hatte sich im Süden ein Nachfahre des bösen
alten Königs Diarmait selbst zum König von Leinster ernannt. Kavanagh nannten sie
ihn. Natürlich war das nur die hohle Geste eines Stammesführers, der sinnlos
seine Trompete im Wind blies. Dennoch war es eine Mahnung. Die O’Connors und
O’Neills könnten sich immer wieder erheben. Reagierte man nicht entschieden,
würde das als Beweis für die Schwäche des englischen Willens gedeutet und in
ganz Irland zur Kenntnis genommen werden.
Tidy war fast am Ende
seines Berichts.
»Wir dürfen«,
unterstrich er, »den O’Byrnes oder ihren Freunden keinen Hinweis liefern, dass
sie erwartet werden.Falls Truppen aus Dublin geschickt
werden, muss dies im letzten Moment geschehen, im Schutz der Dunkelheit.«
»Ganz Eurer Meinung.«
Harold nickte.
»Und die Schwadron in
Dalkey«, fuhr Tidy ängstlich fort, »muss unbedingt bleiben, wo sie ist. Um
nichts zu verraten«, erklärte er.
Und damit du selbst
nicht unter Verdacht gerätst, dachte Harold grimmig. Laut sagte er: »Seid
unbesorgt, Thomas Tidy. Wir werden vorsichtig sein.« Und lächelte ihn
beruhigend an.
Stellte sich der arme
Kerl wirklich vor, sie könnten es sich leisten, eine ganze Schwadron nutzlos in
Dalkey zu belassen, während Carrickmines angegriffen würde? Nun gut, das wäre
eine Entscheidung des Justiziar. Doch eines sollte sich Tidy merken. Wenn er in
einem sicheren Irland leben wollte, müsste er Risiken auf sich nehmen, wie die
anderen auch. Harold wollte Tom Tidy nicht opfern. Doch wäre es notwendig, würde
er es tun.
* * *
Die Versammlung war
auf zwölf Uhr festgesetzt. Zufrieden inspizierte Doyle mit seinen dunklen Augen
den Quai. Die Dinge entwickelten sich so weit sehr gut.
Blickte man auf den
Dubliner Quai, so käme man nicht auf den Gedanken, dass Irland im letzten
Jahrhundert schwer gelitten hatte. Seit Strongbows Zeiten war der Liffey–Fluss
durch
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