Die Prinzen Von Irland
starrte ihn an.
»Ja.
Du wirst dich daran erinnern«, fuhr er rasch fort, »dass Richards Studien in
London uns sehr viel Geld gekostet haben. Ich war in Geldverlegenheit, habe mir
Sorgen gemacht. Mehr als ich dir zeigen wollte. Eines Tages traf ich unseren
Freund MacGowan in Dublin, der sah, wie bedrückt ich war. Er meinte, sie könne
mir vielleicht helfen. Also ging ich wegen eines Darlehens zu ihr.«
»Sie
selbst gibt Darlehen? Ohne ihren Mann?«
»Ja.
Du weißt doch, dass unsere Dubliner Frauen sogar mehr Freiheiten genießen als
die Frauen in London. Ich habe erfahren, dass sie nur sehr wenige Darlehen
gibt. In der Regel konsultiert sie den Ratsherrn, aber nicht immer. Da ich mich
geniert habe, hat sie mir in meinem Fall das Geld heimlich geliehen. Natürlich
gibt es, wie es sich gehört, eine förmliche Vereinbarung. Doch soviel ich weiß,
ist es ein Geheimnis zwischen Dame Doyle und mir.«
Er
schwieg. Dann lachte er scheu. »Weißt du, warum sie mir das Geld geliehen hat?
Sie hat sich an Richard erinnert. Damals als sie in diesem Haus Schutz gesucht
hat. ›Er ist ein netter Junge‹, hat sie gesagt.›Ihm muss
geholfen werden.‹ Und sie hat mir das Geld geliehen. Und dazu noch zu sehr günstigen
Bedingungen.«
»An
Fronleichnam?«
»Da
bin ich zu ihr gegangen. Sie war ganz allein, abgesehen von einem alten Diener.
Die anderen waren aus dem Haus gegangen, um sich die Theaterstücke anzusehen.
Und sie hat mir das Geld sofort gegeben.«
»Wann
muss es zurückgezahlt werden?«
»Es
war nach einem Jahr fällig. Ich dachte, ich könnte es schaffen. Doch nachdem
wir das Kirchenland verloren hatten… Sie hat mir drei weitere Jahre
zugestanden. Zu großzügigen Bedingungen.«
»Aber
ihr Mann hat doch unser Land bekommen.«
»Ich
weiß; Euer Verlust ist unser Gewinns« sagte sie zu mir. »Nach dieser Sache kann
ich Euch doch nicht abschlagen, die Leihfrist zu verlängern.« Er schüttelte
den Kopf. »Sie hat uns – oder mich, wenn du willst – ungewöhnlich gut
behandelt. Mein Vergehen, Margaret, ist, dass ich es dir aus Scham verheimlicht
habe. Wenn sie letztens in der Nacht getötet worden wäre, hätte man den
Leihvertrag bei ihren Unterlagen gefunden, und Doyle wäre vielleicht wegen des
Geldes gekommen. Ich weiß es nicht.« Er seufzte. »Es war ohnehin an der Zeit,
dass ich es dir erzähle. Kannst du mir verzeihen?«
Margaret
sah ihn an. War das die ganze Wahrheit? Sie hatte keinen Zweifel an diesem
Darlehen. Wenn ihr Mann sagte, es gebe ein Darlehen, dann gab es ein Darlehen.
Die Geschichte mit Fronleichnam stimmte wahrscheinlich auch. Aber war da noch
etwas anderes als ihre Freundlichkeit und Zuneigung für Richard? War da nicht
doch etwas zwischen dieser Frau, deren Verachtung sie immer zu spüren bekommen
hatte, und ihrem Mann?
Falls
da wirklich nichts war, hätte sie wegen nichts Sean O’Byrne beauftragt, sie
anzugreifen, und auch wegen nichts den Tod seines Jungen herbeigeführt.
»Lieber
Gott«, sagte sie mit jähen Zweifeln. »Oh, lieber Gott.«
* * *
Der September brachte
für Cecily eine neue und unangenehme Entscheidung. Zwei Tage, nachdem MacGowan
von Fintan O’Byrnes Totenwache zurückgekehrt war, änderte die Stadt ihre
Meinung. Vielleicht lag es an den immer hartnäckigeren Nachrichten, dass bald
ein englisches Heer eintreffe, oder daran, dass die Bürger es leid waren,
Fitzgeralds Truppen Quartier zu bieten, oder an einer Einschätzung der
Ratsmitglieder, Silken Thomas’ Regierung fehle es an Überzeugungskraft; aus
welchen Gründen auch immer, jedenfalls fiel die Stadt um.
Das
Erste, was Cecily wahrnahm, war der verängstigte Blick einer ihrer Töchter, die
die Turmtreppen hinaufrannten. Dann hörte sie Schüsse und Rufe von der Straße.
Beim Blick aus dem Fenster sah sie eine Gruppe von Fitzgeralds gallowglasses, die eilig durch das Westtor das Feld
räumten. Eine große wütende Menschenmenge, bewaffnet mit Speeren, Schwertern,
Äxten, Stöcken – mit allem, was sie gerade zu fassen bekommen hatte –, folgte
ihnen dicht auf den Fersen und drängte sie zum Tor hinaus. Dutzende von
Fitzgeralds Männern wurden gefangen und getötet. Auch wenn Silken Thomas sich
anbot, die eine wahre Kirche Irlands zu retten, schien sich die Menge darum
nicht zu scheren. »Ketzer«, brüllte sie ihm und seinen Getreuen nach. Silken
Thomas befand sich nun wieder außerhalb von Dublin, und obgleich er die Stadt
erneut belagerte, kam er nicht mehr in sie hinein. Innerhalb weniger
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