Die Prinzen Von Irland
so hoffte sie, bis die Sache gewonnen sein würde. Mitte Oktober trafen
endlich die englischen Schiffe ein. Doyle und die anderen Ratsherren hießen den
Artilleristen mit seinen Männern in Dublin willkommen. Die englischen Truppen
waren zahlenmäßig sehr stark und wirkten gut ausgebildet; sie brachten auch
Artillerie mit. Cecily hatte gehofft, Silken Thomas würde sie in einem offenen
Kampf vernichten, und sah stattdessen mit Abscheu, dass Teile von Thomas’
Truppen sich heimlich davonschlichen.
Innerhalb
eines Monats rückte der Artillerist aus. Es hieß, er habe eine der Burgen
zurückerobert, die Fitzgerald in Trim eingenommen hatte. Noch undurchsichtiger
war die Nachricht, zwei von Thomas Fitzgeralds fünf Onkeln würden mit dem
Artilleristen kooperieren.
Der
Artillerist zog sich nach Dublin zurück und blieb dort. Und schon bald klagte
er über Unwohlsein. Cecily sah ihn gelegentlich mit seiner Eskorte durch die
Straßen reiten. Der ehemals forsche Militarist sah nun blass und hager aus.
Auch seine Truppen litten. Es kam zu Desertionen. Silken Thomas saß jetzt
wieder in den Festungen, die der Artillerist zuvor eingenommen hatte. Und am
wichtigsten war, dass Cecily umWeihnachten herum hörte,
die Spanier würden zehntausend bewaffnete Männer entsenden. Wären sie erst
einmal da, würde der Artillerist verschwinden.
Der
Januar war kalt und trübe. Die englischen Truppen zogen nun zu Schlüsselgarnisonen
rund um den Pale; doch es tat sich nichts. Silken Thomas wartete noch immer auf
die spanischen Soldaten, doch es traf nicht einmal eine Nachricht von ihnen
ein. Als sie eines Tages im Februar im Hauptzimmer aßen, sagte Tidy
zurückhaltend: »Du weißt, was die Leute sagen. Der spanische König habe andere
Dinge, über die er nachdenken müsse. Er lasse Silken Thomas allein im Regen
stehen.«
»Das
sagst du«, entgegnete sie teilnahmslos. Es kam nicht oft vor, dass sie
überhaupt miteinander sprachen.
»Gestern
hat ein Schiff im Hafen angelegt«, fuhr er ruhig fort. »Aus Spanien. Es gibt
keinerlei Anzeichen und keine Nachricht, dass Soldaten zu uns geschickt
werden.«
»Die
Feinde der Fitzgeralds können sagen, was sie wollen«, konterte sie.
»Es
sind nicht ihre Feinde, die das sagen, sondern ihre Freunde.«
In
dieser Nacht fiel Schnee. Als sie am Morgen aus ihrem Fenster in Richtung des
Landesinneren blickte, sah sie nur eine trostlose weiße Stille.
Doch
der wahre Schlag kam im März. Der Artillerist hatte sich dazu entschlossen,
einen anständigen Feldzug zu starten. Unerschrocken war er nach Maynooth zur
mächtigen Hochburg der Fitzgeralds gezogen. Trotz seiner Artillerie, so Cecilys
Vorstellung, würde ihm die große Festung wochenlang standhalten. Doch im Handumdrehen
kam die Nachricht.
»Maynooth
ist gefallen.« Ihr Mann war zu ihr ins Turmrefugium gestiegen, um es ihr zu
erzählen.
»Hat
der Artillerist sie eingenommen?«
Er
schüttelte den Kopf.
»Er
wird natürlich behaupten, es wäre so gewesen«, sagte er. »Aber einige eigene
Männer haben Fitzgerald verraten und die Engländer hineingelassen.« Dann ging
er die Treppen wieder hinunter.
In
dieser Nacht konnte sie nicht einschlafen und setzte sich wieder ans Fenster,
um zu den funkelnden Sternen hinauszusehen, bis sie endlich verblassten und das
kalte, grelle Morgengrauen sich im Osten zeigte.
Im
April, als Silken Thomas schon auf der Flucht ins Moor war, besuchte Cecily
Dame Doyle. Es fiel ihr nicht leicht, das Haus des Ratsherrn aufzusuchen, der
so freudig zum ketzerischen König Heinrich VIII. hielt; doch seine Frau war
anders, und sie vertraute ihr.
»So
kann ich nicht mehr weiterleben«, sagte sie zu der älteren Frau. »Ich weiß
nicht, was ich tun soll.« Und sie erzählte ihr alles, was sich zwischen ihr und
Henry Tidy zugetragen hatte. Doch sollte sie Mitgefühl erwartet haben oder dass
Dame Doyle sich gar anbot, zwischen ihnen zu vermitteln, so wurde sie
enttäuscht.
»Ihr
müsst wieder ein gemeinsames Leben mit Eurem Mann aufnehmen«, sagte ihr Dame
Doyle schonungslos. »So einfach ist das. Auch wenn Ihr ihn nicht mehr liebt«,
mahnte sie streng. Sie schaute Cecily nachdenklich an. »Könntet Ihr Euch dazu
durchringen, ihn hinreichend zu lieben?«, fragte sie ganz offen.
Genau
diese Frage hatte sich Cecily schon selbst gestellt.
»Das
Problem ist, dass er mich wahrscheinlich nicht liebt«, gestand sie.
»Seid
Ihr Euch da sicher?«
»Ich
glaube es zumindest.«
»Vielleicht
solltet Ihr die Zweifel zugunsten Eures
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