Die Prinzen Von Irland
folgte. Offenbar diskutierten die beiden Bischöfe
miteinander. Vielleicht, dachte Deirdre sich im Stillen, während sie Larine zum
Tor nachfolgte, würde Bischof Patrick wieder weiterfahren.
Der Zug, der ein
Stück weit entfernt vor dem Eingang des Rath gehalten hatte, bestand aus einem
zweirädrigen Prunkwagen, einem großen vierrädrigen Reisewagen und mehreren
Reitern. Der Prunkwagen, der den Zug anführte, war so aufwändig wie der eines
Königs. Fünf Priester, zählte Deirdre, stiegen aus dem Reisewagen. Die Gruppe
junger Männer auf den Pferden waren an ihrer kostbaren Kleidung und ihrem
goldenen Schmuck deutlich als Fürstensöhne zu erkennen. Alle formierten sich zu
einer kleinen Prozession. Die Priester waren in Weiß gekleidet. Nun sah sie von
dem Prunkwagen einen Mann mit ergrautem Haar und gleichfalls weißer Kleidung
herabsteigen. Er nahm seinen Platz direkt hinter den Priestern ein, gefolgt von
Larine. Jetzt hielt der Priester, der die Prozession anführte, einen großen
Stab in die Höhe, dessen oberes Ende eine eingedrehte Krümme wie bei einem
Schäferstab hatte und der so blank poliert war, dass er glänzte.
Langsam schritt die
Prozession auf den Toreingang zu. Deirdre sah, dass sich alle Sklaven auf den
Zufahrtsweg hinausbegeben hatten und niederknieten. Nun hatte die Prozession
das Tor erreicht und betrat den Rath. Aber als der berühmte Bischof aus dem
Norden die Eingangsschwelle erreichte, hielt er inne, ließ sich auf die Knie
fallen und küsste den Boden. Dann richtete er sich wieder auf und trat durch
das Tor. Nun blieb Deirdre keine andere Wahl, als ihn willkommen zu heißen und
ihm die übliche Gastfreundschaft anzubieten. Sobald dies geschehen war, beehrte
sie der Mann aus Ulster mit einem freundlichen Lächeln und sagte mit klarer
Stimme: »Gratias agamus .«
Deirdre erkannte,
dass dies Latein war, wusste aber nicht, was es bedeutete.
»Laßt uns euch Dank
sagen«, rief Larine aus.
Das war also Bischof
Patrick, dachte Deirdre.
Seine Autorität war
nicht zu verkennen. Sein Gesicht hatte feine, aristokratische Züge. Er hatte
sehr klare und scharfe Augen, aber noch etwas anderes, etwas Besonderes war an
ihm – sie sah es sofort –, eine Aura der Spiritualität, die er auszustrahlen
schien und die beeindruckend war. Dicht gefolgt von zwei Priestern nahm er eine
kleine Inspektionsrunde vor. Zuerst trat er zu den zwei Sklavinnen, die immer
noch knieten, betrachtete kurz ihre Hände und ihre Zähne, nickte sichtlich
zufrieden und trat nun zu ihren Brüdern. Er musterte sie nur flüchtig und
schritt weiter. Nun kam Morna an die Reihe, und der Bischof blickte ihm lange
und streng in die Augen, während Morna blutrot anlief. Dann sagte er etwas auf
Lateinisch zu Larine. Deirdre hatte nicht gewusst, dass der schlaue Druide
neuerdings auch Lateinisch sprach.
»Was sagt er?«,
fragte sie.
»Dass dein Sohn ein
ehrliches Gesicht hat.«
Nun trat Bischof
Patrick zu ihr. Deirdre war nicht entgangen, dass er sie zuvor schon neugierig
beobachtet hatte. Während er sich höflich vor ihr verneigte, fiel ihr auf, dass
sich sein ergrautes Haar bereits zu lichten begann.
Als der Bischof seine
Runde beendet hatte, warf er einen Blick zu Larine hinüber, gab ihm durch ein
Nicken zu verstehen, dass er bleiben sollte, wo er war, und wandte sich wieder
Deirdre und Morna zu.
»Ich bedaure die
Drangsale, Deirdre, Tochter des Fergus, in die du geraten bist«, sagte er zu
ihr, jetzt in ihrer eigenen Sprache. »Ich höre, du warst eine gute Tochter.«
»Ja, das war ich.«
Egal, ob der Mann ihr Feind war oder nicht, sie konnte sich nicht dagegen
wehren, dass sie gerührt war.
»Und du selbst, würde
ich sagen«, fuhr Bischof Patrick fort, »bist die, die hier alles zusammenhält.
Habe ich Recht?«
»Ja, vielleicht ist
es so«, sagte sie ergriffen.
»Dafür sei Gott
gedankt.« Er lächelte sie freundlich an. »Du bist in Sorge um die Sicherheit
deines Sohns?« Sie nickte. »Welche gute Mutter wäre das nicht?« Er machte eine
nachdenkliche Pause. »Nun sag mir: Ist es Gott, vor dem du Angst hast, Deirdre,
oder sind es die Druiden?«
»Die Druiden.«
»Glaubst du nicht,
dass der Gott, der alle Dinge geschaffen hat, deinen Sohn schützen kann?«
Sie schwieg, was ihn
nicht zu verletzen schien. Dann wandte er sich an Morna und blickte ihm in die
Augen.
»Nun zu dir, junger
Mann. Du bist also derjenige, um den sich all dies dreht. Der Verwandte des
Hochkönigs.« Er trat einen Schritt zurück, als wollte
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