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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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er den jugendlichen
Häuptling von oben bis unten mustern. »Du wurdest zu ihm gerufen, nicht wahr?«
    »Das ist wahr«,
antwortete Morna respektvoll.
    »Und du würdest gern
zum feis des Hochkönigs nach Tara gehen?«
    »Eigentlich müsste
ich es tun.« Morna war unsicher, ob dies die korrekte Antwort war, aber es war
die Wahrheit.
    »Es wäre auch
sonderbar, wenn ein junger Mann dies nicht wollte«, sagte Bischof Patrick. »Und
du hast dich daher mit deiner Mutter gestritten?«
    »Ja, weil…« Morna
wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, aber der Bischof unterbrach ihn
freundlich:
    »Ehre deine Mutter,
junger Mann. Sie ist die Einzige, die du besitzt. Wenn es Gottes Wille ist,
dass du etwas Bestimmtes tun sollst, wird sie schon begreifen, dass es seine
Richtigkeit damit hat.« Er überlegte einen Augenblick. »Du wünschst, dem einen
wahren Gott zu dienen. Ist das richtig?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Du glaubst, ja.« Der Bischof
machte eine Pause. »Ihm zu dienen, Morna, ist nicht immer leicht. Wer dem christlichen
Pfad folgt, der muss versuchen, nach dem Willen Gottes und nicht nach seinem
eigenen zu handeln. Manchmal müssen wir Opfer bringen.« Bei der Erwähnung von
Opfern krampfte sich in Deirdre alles zusammen; aber auch wenn Bischof Patrick
dies bemerkte, ging er nicht darauf ein. »Bist du bereit, Opfer zu bringen, um
Gott zu dienen, der seinen einzigen Sohn hingab, um die Welt zu erlösen?«
    »Ja«, antwortete
Morna.
    »Von denen, die mir
folgen, Morna, erwarte ich vollkommenen Gehorsam. Meine Anhänger müssen mir
vertrauen. Diese jungen Männer«, er deutete auf die jungen Prinzen, die in der
Nähe standen, »gehorchen meinen Befehlen, und die sind zuweilen hart.«
    Morna blickte die
jungen Männer an. Sie waren eine Gruppe von so vornehmer Art, dass wohl jeder
junge Häuptling stolz gewesen wäre, ihr anzugehören. Aber nachdem er diese
Bemerkung gemacht hatte, schien der Bischof keine Antwort zu erwarten, denn er
wandte sich abrupt um und trat zu einem der Priester, der seinen Stab hielt. Er
nahm ihn an sich, hielt ihn fest in der Hand und sprach mit klarer Stimme zu
ihnen.
    Anschließend konnte
Deirdre sich nicht mehr genau erinnern, was er gesagt hatte. Manches davon
erkannte sie aus dem, was Larine ihr erzählt hatte, wieder. Patrick hob
besonders den Umstand hervor, dass das höchste Wesen dreierlei Gestalt habe:
Vater, Sohn und Heiliger Geist – den Dreieinigen nannte er es. Er erklärte,
dass dies auch nicht verwunderlich sei, denn in der gesamten Natur gebe es eine
Fülle von Dreiheiten oder so genannten Triaden: Wurzel, Stiel und Blüte einer
Pflanze; Quelle, Lauf und Mündung eines Flusses; sogar die Blätter der
Pflanzen, wie zum Beispiel die des dreiteiligen weißen Feldklees oder shamrock auf ihrer Insel,
würden dieses Prinzip der Drei–in–Einem zeigen. »Dies«, so erklärte er, »ist
es, was wir meinen, wenn wir von der Heiligen Trinitas oder Dreifaltigkeit
sprechen.«
    Was sie aber vor
allem beeindruckte, war die Art, wie er
sprach. Er war von Leidenschaft, Gewissheit und unendlicher Begeisterung
durchdrungen. Er flößte ihr ein Gefühl des Friedens ein. Auch wenn sie nicht
genau begriff, warum dieser Gott der Liebe, von dem er sprach, notwendigerweise
allmächtig sein sollte, fand sie doch, dass sie wünschte, es wäre so. Die
grausamen alten Götter wurden allmählich verjagt wie dunkle Wolken, die über
den Horizont flohen. Und wie froh werden wir sein, wenn wir sie los sind,
dachte sie sich dabei im Stillen. Das Gefühl der Herzlichkeit, das der Prediger
ausstrahlte, umhüllte sie. Seine Vertrauen erweckende Art sagte ihr, dass er Recht
haben musste. Sie blickte zu Morna hinüber, dessen Augen strahlten.
    Als Bischof Patrick
seine Predigt beendet hatte, erschien der Gedanke, zu tun, was er wünschte, gar
nicht mehr abwegig. Als er fragte, ob sie gewillt sei, sich seiner Gefolgschaft
anzuschließen und sich taufen zu lassen, stellte sie fest, dass sie wünschte,
er könnte länger bei ihnen bleiben. Sie wollte nicht, dass er wieder aufbrach.
Sich seinem neuen Glauben anzuschließen, schien eine Möglichkeit zu sein, seine
tröstende Gegenwart weiter in ihrer Mitte zu halten. Wenn sie der Stimme ihres
Herzens folgte, so war sie bereit zu tun, was er wünschte. Aber sie war schon
einmal der Stimme ihres Herzens gefolgt, und auch Conall hatte es getan. Das
Herz war eine gefährliche Sache. Gefährlich für Morna.
    »Tauft mich«, schrie
sie plötzlich. »Tauft auch die

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