Die Prinzen Von Irland
Christus
in ihr Herz aufzunehmen, zumindest einen Teil ihrer Sündenschuld erlassen
werde. Nur für diejenigen, die die Botschaft Christi hörten und sie dann
ablehnten, gab es keine Erlösung. Dies war eine vernünftige Erklärung, doch sie
befriedigte nicht immer. Bischof Patrick allerdings bediente sich zuweilen
einer anderen Argumentation…
»Wie lange ist Euer
Vater schon tot?«, fragte er.
»Fünf Tage«,
antworteten sie.
»Dann grabt den Mann
wieder aus«, befahl er. »Ich werde ihn jetzt taufen.«
Die Brüder schauten
sich einen Augenblick verwirrt an, blickten dann den Bischof an, der
unerschütterliche Ruhe ausstrahlte, und nickten schließlich. Mit Hilfe der
Sklaven gruben sie den Grabhügel unten am Ufer des Liffey aus. Die bleiche
Gestalt des Fergus lag steif und starr auf dem Grund des Grabes und strahlte
noch im Tod eine beachtliche Würde aus. Bischof Patrick besprengte ihn mit
etwas Wasser und rettete ihn mit Hilfe des Kreuzzeichens in die christliche
Welt hinüber.
»Ich kann euch nicht
versprechen, dass er in den Himmel kommen wird«, sagte er freundlich lächelnd
zu den Brüdern, »aber seine Chancen haben sich nun mächtig vergrößert.«
Darauf schütteten sie
wieder die Erde auf den Leichnam. Larine steckte zwei zu einem Kreuz
zusammengefügte Holzlatten in die Erde. Dann waren sie wieder zum Rath
zurückgekehrt, und als sie gerade das strohgedeckte Haus betreten wollten, in
dem das Herdfeuer brannte, hielt Patrick inne und wandte sich an die Mitglieder
der Familie. »Nun gibt es noch eine kleine Gefälligkeit«, verkündete er, »die
ihr mir erweisen könnt. Sie wird euch vielleicht nicht gefallen. Ich spreche
von euren Sklaven.« Bei diesen Worten blickten die Briten, die in der Nähe standen,
hoffnungsvoll auf.
»Meine Landsleute
sind Christen, wie ihr wisst. Schäflein meiner Herde. Das Leben eines Sklaven
ist hart, Deirdre, Tochter des Fergus. Ich weiß es, weil ich selbst einer war.
Sie wurden ihrer Heimat entrissen, ihrer Familien und ihrer Kirche beraubt. Ich
wünsche mir, dass ihr eure britischen Sklaven freilasst. Es werden nicht alle
fortgehen, denn ich sehe, dass ihr eure Sklaven gut behandelt. Aber sie müssen
die Freiheit haben, nach Hause zurückzukehren, sofern sie es wünschen.«
Deirdre sah, wie
Larine und die Priester fast schon unwillkürlich nickten. Offenbar waren ihnen
diese sonderbaren Verhandlungen längst vertraut. Sie aber wusste nicht, was sie
sagen sollte. Auch Morna war verlegen, daher ergriff Ronan das Wort:
»Wollt Ihr damit
sagen, dass wir sie freilassen sollen, ohne dass man uns etwas dafür bezahlt?«
Patrick wandte sich
an ihn. »Wie viele Sklaven habt ihr?«
»Sechs.«
»So viele kommen bei
Raubüberfällen zusammen. Sie können euch also so viel nicht gekostet haben.«
Ihr Bruder überlegte
einen Augenblick.
»Aber drei von ihnen
sind Frauen«, betonte er. »Sie verrichten die gesamte Schwerarbeit.«
»Der Herr behüte
uns«, stammelte der Bischof und wandte seinen Blick gen Himmel. Er schwieg eine
Weile, dann gab er mit einem Seufzen Larine ein Zeichen, worauf dieser seine
Hand in einen kleinen Beutel an seinem Gürtel schob und eine römische Münze
hervorholte.
»Wird das genügen?«,
fragte Larine.
»Zwei«, sagte Ronan
rasch. Er mochte zwar ein wenig beschränkt sein, dachte Deirdre, aber wenn es
um den Vieh- oder Sklavenhandel ging, war er immer noch seines Vaters Sohn.
Larine blickte
fragend zu Bischof Patrick hinüber, der kaum merklich nickte. Einen Moment
später lagen die britischen Sklaven vor dem Bischof auf den Knien und küssten
ihm die Hände.
»Dankt Gott dafür,
meine Kinder«, sagte er freundlich, »und nicht mir.« Deirdre fragte sich, wie
viel Geld er dafür wohl jedes Jahr ausgab.
* * *
Morna
war Christ geworden. Er war entschlossen, nach Tara zu gehen. Der
Missionsbischof mochte die Zunge eines Engels besitzen, er mochte von Gott
gesandt sein, aber er war bereit, Deirdres einzigen Sohn einer tödlichen Gefahr
auszusetzen. Und es gab nichts, was sie dagegen unternehmen konnte.
Bischof Patrick hatte
angekündigt, dass er am nächsten Tag wieder aufbrechen würde. Bis dahin mussten
er und sein Gefolge als ehrenwerte Gäste behandelt werden. Der Bischof selbst
zog sich eine Weile zurück, um sich am Feuer auszuruhen. Larine begab sich zur
Flussmündung hinunter, um dort eine Weile auf und ab zu wandern, dann kehrte er
wieder zurück und setzte sich allein an den Eingang des Rath. Deirdre und ihre
Sklaven machten
Weitere Kostenlose Bücher