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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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seiner Mutter. Lizette! Lizette! Er hält ihr den Mund zu. Er will ihr sagen, dass die Liebe sie jetzt gleich erlösen wird, und wünscht, sie würde verstehen, dass er die Liebe ist, Isabels Wächter und Zeuge, der seine Seele vorschickte, um sie vor alldem zu bewahren, vor seinem Bruder, seinen Eltern, dieser mit Papageien vollgehängten und der Gottlosigkeit anheimgegebenen Wohnung, vor einem Leben in Mittelmaß und Chaos, vor dem Feuer Allahs, das über ihnen ist wie ein Gewölbe, dem Haus der Spinne, dem wahrlich gebrechlichsten, der Spaltung des Himmels und den Steinen aus gebranntem Ton, mit denen die Vogelscharen sie bewerfen. Sie beißt ihm in die Handfläche, aber härter zudrücken kann er allemal. Ihre Nasenflügel weiten sich. Ein heftiges Zittern steigt an die Oberfläche ihres Gesichts.
    Vor dem Fenster wischen Autos vorbei, ihre Lichter bleichen die Wände. Tariq nimmt die Hand weg, und Isabel schreit nach Lizette. Also das gleiche Spielchen noch mal. Wieder drückt er ihr die Hand auf den Mund.
    Er sagt, sie soll ihm die Hose aufknöpfen. Er wünschte, er hätte einen Gürtel, den sie lösen könnte, bloß um es hinauszuzögern hinauszuzögern hinauszuzögern, aber so ist das Leben. In Fishkill hatten sie ihm keinen Gürtel mitgegeben, und außerdem läuft ihm die Zeit davon. Er greift in die Hosentasche und zieht den Beeper heraus. Er versucht, den Plastikdeckel abzunehmen, aber mit nur einer freien Hand schafft er das nicht. Er klemmt sich den Beeper unters Kinn und zerrt daran. Nichts bewegt sich. Er versucht es mit den Zähnen, was ebenfalls nicht funktioniert. Isabels Finger hängen schlaff an seinem Hosenbund. Er schlägt den Beeper auf den Teppichboden, dann gegen das Metallbein des Sofas. Er schlägt und schlägt, ein Bahnarbeiter mit einem Hammer, und aus der Küche kommt lautes Geschepper – ein Geräusch, als würden Töpfe zu Boden geworfen –, und Tariq fragt sich, ob er das war, ob sein Gehämmer den unsichtbaren Lärm in der Küche verursacht hat.
    Der Beeper zerbricht. Kleine runde Pillen fliegen über den Teppich. Er greift eine und will, dass Isabel sie schluckt, aber dafür muss er ihr die Hand vom Mund nehmen, was ihr wiederum Gelegenheit gäbe, um Hilfe zu schreien, aber er sagt ihr, dass er sie dann nackt aus der Wohnung schleift und vier Stockwerke die Treppe runterschmeißt.
    Die Augen zu Schlitzen verengt, nimmt ihr Gesicht den Ausdruck verzweifelten, animalischen Flehens an. Er steckt ihr die Pille zwischen die Lippen, aber sie spuckt sie ihm ins Gesicht. Ihre Fingernägel graben sich in seinen Nacken. Verwirrt und in der Erwartung, dass die Liebe ihn gleich von sich selbst erlösen wird, schlägt er ihr ins Gesicht. Blut sickert zwischen ihren Zähnen hervor, füllt die Falte ihrer dicken Unterlippe. Auch das spuckt sie aus. Verteilt ihr Blut über seine Jeans.
    Er reißt ihr T-Shirt auf, was er nie hatte tun wollen. Ihre Brüste hängen heraus, schwer, die Warzen dunkel. Schwache blaue Adern marmorieren die Haut. Unter diesen Brüsten wölbt sich ein monströser Bauch, der Nabel ausgestülpt wie ein Türknauf. Und zu dem Kind hinter dieser Tür, das kopfüber in unreinen, vergifteten Säften schwebt, steht geschrieben:
    Er kannte euch sehr wohl, als Er euch aus der Erde hervorbrachte, und da ihr Embryos waret in euerer Mütter Leibern. Drum erkläret euch nicht selber für rein.
    Tariq drückt ihr auf den Bauch. Er hat das Gefühl, beobachtet zu werden, aber natürlich wird er beobachtet. Immer beobachtet ihn jemand. Er weint. Er kann es nicht glauben. Schluchzer verstopfen ihm die Atemwege. Er kaut an seinem Hemdkragen. Er gibt auf. Er hasst alles. Kapiert? Er hasst alles.
    »Da tust du mir lieber nicht weh«, sagt sie und versucht, seine Hände von ihrem Bauch zu schieben. Ihre Augen tränen, als wäre sie gerade in einen pfeifenden Februarwind getreten. Aber ihre Stimme ist fest. »Hast du verstanden? Da tust du mir nicht weh.«
    Er drückt ihr fester auf den Bauch. Würde er jetzt versuchen, mit diesem welken Etwas von einem Pimmel in sie einzudringen, würden Kopf und Schaft einfach kehrtmachen, um lieber wieder nutzlos zwischen seinen Beinen herumzuhängen.
    »Ihm tust du besser nicht weh«, sagt sie. Sie flüstert es, zischt es ihm wie benommen ins Ohr. »Tu mir weh. Schlag mir ins Gesicht. Kapiert? Dann bin ich so hässlich wie du.«
    »Hör auf.«
    »Du Schwuchtel«, sagt sie. »Hörst du? Du lächerliche Schwuchtel. Schau dich doch mal an. Schau dir an, wie

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