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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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hässlich du bist. Und, wer hat dir die Backe aufgeschlitzt? Dein Lover? Hat dir dein Lover die Backe aufgeschlitzt, du kleine Schwuchtel?«
    Es braucht drei Schläge auf dieselbe Stelle – das hervorstehende Jochbein, direkt unter dem rechten Auge –, bis sie vor Schmerz aufschreit. Er weicht zurück, stolpert über die Luftmatratze. Etwas in ihm kocht. Er klaubt eine Handvoll Pillen vom Teppich und zermalmt sie zwischen den Zähnen. Er sieht zu, wie sie atmet.
    Sie ruft nicht um Hilfe, aber Jose tut es. Hinter verschlossener Tür, ausgestreckt auf dem Bett oder möglicherweise über den Boden kriechend, wobei er sich die Ellbogen am Teppich verbrennt, brüllt Jose den Namen seiner Frau.
    Tariq rennt ins Badezimmer – der kleinste, aber ruhigste Raum der Wohnung – und auf dem Weg durch die Küche sieht er den umgekippten Mülleimer. Der schwarze Müllsack ist aufgerissen, sein Inhalt auf dem Fußboden ausgebreitet. Der Hund kaut auf einem Hühnerskelett herum. Tariq versucht ihn zu streicheln, aber der Hund weicht wütend zurück. Zu beschäftigt, zu hungrig. Er reißt Fleischreste von den Knochen, schiebt den glitschigen Rumpf des Gerippes dabei über die Fliesen.
    I m Bad riecht es fürchterlich. Tariq glaubt, er ist es, irgendetwas Fauliges und Fürchterliches, das sein Körper ausschwitzt, aber als er den Duschvorhang beiseitezieht, sieht er, dass der Hund in die Badewanne geschissen hat. Noch eine Schweinerei, die er wegmachen muss. Er pumpt flüssige Handseife auf den Haufen. Während das Bad einläuft, setzt er sich auf den Wannenrand und horcht, wie das Wasser aus dem Hahn rauscht. Er liest das Schildchen auf der Handseife. Lavendel-Blüte. Leicht parfümiert. Inhaltsstoffe. Anwendungshinweise. Als er zu Ende gelesen hat, beginnt er wieder von vorne.
    A ls er aus dem Badezimmer kommt, steht seine Mutter an der Küchenanrichte. Mit dem Rücken zu ihm drückt sie gefrorene Sofrito-Würfel in ein kleines rosa Handtuch. Zu ihren Füßen kaut der Hund an einem Hühnerknochen, um ihn herum der Müll eines ganzen Tages: gelbe Reiskörner, Batterien, eine Shampooflasche, Gurkenschalen, Kaffeesatz, eine wasserfleckige Ausgabe von Entertainment Weekly , eine schimmelige Tomate, Brotkrusten, zerknüllte Lottoscheine, Teile der Post, eine verbeulte Dose Goya-Bohnen, eine fast noch volle Packung Oreo-Kekse. Eine braune Flüssigkeit sickert aus dem Müllsack und kriecht über das Linoleum.
    »Tut mir leid, Mama. Ich bring das in Ordnung.«
    Sie verknotet die Handtuchzipfel. So wie das Handtuch mit den Eiswürfeln durchhängt, sieht es aus wie eine chinesische Teigtasche. Sie geht damit in das Zimmer, das nun als das ihre gilt. Dort liegt Isabel in der unteren Schlafkoje, die Haare auf dem Kissen, das Gesicht zur Wand. Sie dreht sich nicht um, als Lizette ihr das Handtuch reicht. Lizette flüstert etwas auf Spanisch – etwas, das Tariq nicht richtig versteht – und zieht Isabel die Decke über die Schulter.
    Als seine Mutter in den Flur zurückkommt, hat sie offenbar Schwierigkeiten, ihn anzusehen. Sie blinzelt. Ihre Schlafmaske hängt ihr an einem Band um den Hals. Noch einmal will er ihr sagen, dass es ihm leidtut. Will sie nach Wischmops und Besen und Staubsaugern und Papiertüchern und Sprühflaschen mit Desinfektionsmitteln fragen.
    »Der Hund erstickt noch an dem Knochen«, sagt sie. »Er wird splittern und ihm im Hals stecken bleiben.«
    Sie geht in ihr Zimmer zurück und schließt die Tür hinter sich. Irgendwo auf der Welt steht eine Fabrik, denkt Tariq, wo Türen für nur den einen Zweck hergestellt werden: sie ihm vor der Nase zuzuschlagen. Das Telefon klingelt.
    E ine Stunde später. Vielleicht mehr. Das Telefon klingelt. Sein Bruder. Er sagt Tariq, er solle sofort zu Papis altem Laden kommen. Nimm die Gassen, sagt er. Komm durch die Hintertür in die Bodega. Er ist kurz angebunden, was ihm ähnlich sieht. Erkennt die Gefahr nicht, in der er schwebt. Tariq legt auf.
    D as Telefon klingelt. Es klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und klingelt und

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