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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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gemacht, seine Freunde umsonst angeschissen. Und noch wichtiger: Wenn Tariq nicht auftaucht – diese Fragen kommen direkt aus der Abteilung Kopfzerbrechen, in fetter 14-Punkt-Schrift –, wo zum Henker ist er dann? Und was macht er? Und wo kommt bei all dem Isabel ins Spiel? Es ist nun über eine Stunde her, seit Alfredo zuletzt von seinem Bruder gehört hat. Alfredo hatte angerufen und angerufen, und das Telefon hatte geklingelt und geklingelt, bis irgendetwas passiert war, und alles, was Alfredo gehört hat, war das tote Freizeichen des Anschlusses seiner Eltern, ein nasaler Ton, ein akustischer Cousin des Summtons vom Emergency Broadcast System, ein Geräusch, das Panik, Katastrophen, Terroranschläge und wahr gewordene Alpträume bedeutete.
    Die Dutch kommt zurück zu Alfredo, kleiner als vorher, und diesmal reicht er sie nicht weiter. Nicht weil er einen Zug will – das ist das Letzte, was er braucht –, sondern weil er mit den Gedanken woanders ist. Er hat die Augen geschlossen und die Ohren gespitzt. Dann schaut er zur Decke, und ganz langsam, einer nach dem anderen, tun alle es ihm nach. Schritte knarren auf den Brettern über ihren Köpfen.
    »Wird auch verdammt noch mal Zeit«, sagt Jossie. »Will hier nicht die ganze Nacht warten.«
    Die Schritte knarren weiter. Die Männer folgen dem Geräusch, die Gesichter zur Decke mit den rosa Bauschaumwolken gewandt. Stoned, wie sie sind, steht ihnen der Mund offen, als würden sie einem Flugzeug beim Landeanflug auf LaGuardia zusehen.
    Alfredo kämpft sich nach vorn durch, aber genau wie er befürchtet hatte, genau wie die Schwarzmaler erwartet hatten, kommt da nicht Tariq die Stufen heruntergetapst, sondern ein weißes Jüngelchen mit spärlichem Kinnbart namens AIDS.
    Als das Gestöhne losgeht, hebt AIDS die Hände und sagt: »Was hab ich denn gemacht?« Eigentlich wollte er heute Abend gar nicht kommen, weil er immer denkt, seine Freunde mögen ihn eigentlich gar nicht (sein Spitzname ist immerhin AIDS, verdammt), aber seine Mutter will nicht, dass er die Samstagabende allein verbringt, Xbox spielt und Junkfood isst, und hat ihn deshalb aus dem Haus komplimentiert. Wo sind denn deine Freunde, Liebling? Was haben die denn heute Abend vor? Als er zur Bode-ga kam, waren die Lichter aus und das Schild im Fenster auf GESCHLOSSEN gedreht. Er war erleichtert, wieder nach Hause gehen zu können, zurück in sein Zimmer, zurück zu Halo, aber gerade als er sich umdrehen wollte, steckte ein alter Mann sein pausbäckiges Gesicht durch die Tür und fragte ihn, was los sei. AIDS erstarrte. Er nahm an, dass es ein geheimes Passwort gab, von dem ihm (natürlich) keiner etwas gesagt hatte. Als er irgendwas von einem Hundekampf stammelte, sagte ihm der Alte, er solle zur Rückseite des Ladens gehen. Was einfach cool war! Als er über den Zaun eines Hinterhofs mit vertrocknetem Gras sprang, kam AIDS sich vor wie ein Gangster zu Zeiten der Prohibition. Der alte Mann öffnete ihm die Hintertür und führte ihn durch eine kleine Wohnung, deren Zimmer wie Zugabteile aneinandergereiht waren, in die Bodega, und hier ist er nun. Kommt in einen Keller voller Enttäuschung. »Was hab ich denn gemacht?«, sagt er. Er weiß es nicht. Nie.
    »Hey, Alfredo«, kommt eine Stimme aus dem Dunst. »Wann zum Henker kommt dein Köter hier endlich an den Start?«
    Alfredo geht nach oben und kauft Bier, es kostet doppelt so viel wie sonst. Olde E, Bud Light, Natty Ice, Modelo Especial.
    »Danke«, kommt eine andere Stimme aus dem Dunst. »Aber wann zum Henker kommt dein Köter hier endlich an den Start?«
    Er geht nach oben und kauft Snacks für die Bekifften. Drake’s Cakes, Airheads, Bananenchips und Quarter Waters.
    »Danke, aber…«
    Wieder geht er nach oben – seine Waden brennen schon – und kauft eine weitere Dutch, die er umgehend bei Rhino abliefert. Er fragt ihn, ob er etwas von dem Opium dabeihat, von dem man sich erzählt, und falls ja, ob es ihm was ausmachen würde, beim Bauen etwas über das Kraut zu sprenkeln. Opium ist in diesen Breiten eine Seltenheit, und Alfredo hofft, dass allein der Anblick, allein der Geruch – in diesem fensterlosen Keller voller Männer, billigem Bier und dessen blähenden Nachwirkungen – die Leute bewegen werden auszuharren, so wie die Aussicht auf eine Crème Brûlée gelangweilte Dinner-Gäste auf ihren Stühlen hält. Nur so lange natürlich, bis der Löffel am Boden des Schälchens kratzt. Nur so lange natürlich, bis die mit Opium versetzte Dutch

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