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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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vorgehaltener Hand sagte er Isabel mit gedämpfter Stimme, dass sie schön sei. Der Raum roch nach Seife. Wasser tropfte von ihrem Körper. Seine Gürtelschnalle schepperte gegen den Rand der Badewanne. Danach, als sie das Blut auf den Fliesen sah, fragte sie sich, ob das ihre erste Regel war und ob die Menstruation immer so blutig und schmerzvoll sein würde. Raul sah sie nicht an. Er wisperte: Lo siento . Lo siento . Er half ihr, das Blut wegzuwischen. Sie nahmen Papierhandtücher.
    Raul war Kubaner. Er trug eine goldene Uhr, die für sein Handgelenk viel zu groß war. Morgens las er El Diario , die Füße auf dem Küchentisch, was aber nie bequem aussah, vielleicht weil seine Beine zu kurz waren. Er fing an, nachts in ihr Zimmer zu kommen. Isabel? Bist du wach?
    Eines Nachmittags, Raul war nicht da, schlug Isabels Mutter sie mit einer Mehrfachsteckdose. Sie nannte Isabel eine Hure. Sie hielt das Steckdosenende mit seinen leeren, ernsten Gesichtern in der Hand, und schlug Isabel mit dem Kabel, aus nächster Nähe. Schlangenartige Striemen traten auf ihrem Rücken hervor. Sie hatten knollige Köpfe und zuckende dreizackige Zungen.
    Wie ein Kartograph zog sie Grenzlinien in ihrem Bett. Ein Drittel der Matratze, der Teil direkt an der Wand, gehörte ihr. Das war ihr sicherer Bereich. Wenn Raul sich zu ihr ins Zimmer schlich, rutschte sie in die restlichen zwei Drittel. Wenn er ging, ging sie zurück. Columbus kehrte in die Neue Welt zurück! Sie drückte ihren Körper gegen die Wand und schlief weiter.
    Mit dreizehn lautete die Diagnose: Harnwegsinfektion. Die Schulkrankenschwester sagte, sie müsse ab jetzt direkt nach dem Sex pinkeln gehen. Isabel stellte sich vor, wie sie aufstand, wenn Raul aufstand, und nach ihm aus dem Zimmer ging. Später rief die Schwester Isabel erneut in ihr Büro und gab ihr eine Flasche Cranberrysaft, die sie in der Mittagspause besorgt hatte. Cranberrysaft ist super bei HWI, erklärte sie. Außerdem sollte sich Isabel Antibiotika besorgen. Und lass dich nicht von den Jungs unter Druck setzen, sexuell aktiv zu sein. Die Schwester wartete, dass Isabel nickte, also nickte sie. Ist zu Hause alles in Ordnung?, fragte die Schwester. Isabel kratzte sich an der Nase. Alles prima, sagte sie. Vielen Dank für den Cranberrysaft.
    Manchmal, wenn Raul sie bestieg, stellte sie sich schlafend. Sie wurde Expertin darin. Manchmal, wenn Raul sie bestieg, stand sie auf und sah von der anderen Seite des Zimmers zu. Oder von der Decke, sah alles von weit oben, wie es Menschen können, die gerade vom Blitz getroffen worden sind. Sie sah, wie dieser Mann, Raul, dieses Mädchen, Isabel, vergewaltigte. Sie sah, wie sich seine Hand in dem Kissen vergrub, direkt neben dem Gesicht des armen Mädchens. Manchmal jedoch gelang es Isabel nicht, ihren Körper zu verlassen. Manchmal, warum auch immer, steckte sie fest und hörte das Tick-Tack seiner riesigen goldenen Uhr.
    Als sie vierzehn war, zog Raul aus. Isabels Mutter knallte eine Tür gegen ihren Arm. Dann rief sie ein Taxi und fuhr sie ins Krankenhaus.
    Frankie, der neue Freund ihrer Mutter, zog ein. Und zog wieder aus. Neue Typen zogen ein, zogen aus, zogen ein. Isabel lag in ihrem sicheren Bereich und wartete darauf, dass diese Männer auf Zehenspitzen in ihr Zimmer kamen, was sie aber nie taten. Nicht einer dieser Männer vergewaltigte sie. Aber leider reiste niemand aus der Zukunft in der Zeit zurück, um ihr das zu sagen. Sie hatte also immer Angst. Wenn Frankie sie nicht heute in der Küche begrapschte, dann wahrscheinlich morgen. Wenn der eine Freund auszog, ohne sie angefasst zu haben, tat es bestimmt der nächste. Sie konnte schneller duschen, sich im Bad anziehen, im Bett zwei Schlüpfer übereinander tragen, sich im Intimbereich nicht waschen und versuchen, die Wohnung an Wochenenden zu meiden, am Ende aber – das hatte ihr Raul beigebracht – kriegten sie sie, wenn sie sie kriegen wollten. Während sie darauf wartete, ritzte sie sich mit einem gezackten Messer die Arme auf.
    War ihre Mutter gerade in der Phase zwischen zwei Beziehungen, aßen sie und Isabel tonnenweise Spaghetti mit Butter und Parmesan. Sie spielten ein Spiel, bei dem sie so taten, als handelte es sich dabei um Gnocchi mit Pesto, Ziti-Auflauf oder Fettuccine Alfredo. Ihre Mutter fragte, was sie zum Abendessen gerne hätte, und Isabel antwortete, Linguine mit Muschelsauce. Und ihre Mutter rief, Ausgezeichnet! Genau das wollte ich auch machen! Manchmal, auf dem Heimweg, blieb Isabel

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