Die Prinzen von Queens - Roman
anderen Typen lehnten am Zaun oder hielten die Köpfe unter Wasser, stand der Mann allein in der Mitte des Spielfelds. Isabel ging auf ihn zu. Sie hatte Angst, aber sie klang stark und ruhig, als sie zu ihm sagte, er sei ziemlich verschwitzt und falls er sich abkühlen wolle, solle er sie ins Kino einladen. Sein Mundwinkel zuckte. Du riechst gut, sagte er. Beinahe knurrend nannte er ihr seinen Namen, als sollte sie sich ja unterstehen, unbeeindruckt zu sein. Jose Batista Jr. sah hinab auf die Hand, die sie ihm entgegenstreckte. Er lachte.
Er fingerte sie auf dem Kino-Fußboden. Die beiden lagen zwischen den Sitzreihen. Isabel hielt den Kopf hoch, damit sie keine verschüttete Cola in die Haare bekam.
Als er nach Hause fuhr, bat sie ihn, mit hoch zu kommen, um den neuen Freund ihrer Mutter kennenzulernen.
Nachts dann, als sie versuchte einzuschlafen, entschied Isabel, mit Jose nicht noch mal ins Kino zu gehen. Man scheißt nicht, wo man isst, wie man so sagt. Sie vereinbarten neue Regeln. Küssen und Händchenhalten war okay. Falls nötig, durfte er ihr unters Hemd und/oder sie ihm einen runterholen. Aber blasen war nicht. Und mit Fingern war ebenfalls Schluss. Es würde absolut keinen Sex geben. Unterstrichen. In Fettschrift.
Schluss mit Subway. Schluss mit dem R-Train-Gegurke zwischen Roosevelt Avenue und Woodhaven Boulevard. Jose hatte einen Transporter. Er fuhr mit ihr zur Queens Center Mall, wo er ihr bei Claire’s Schmuck kaufte. Armkettchen mit Klunkern dran, solche Sachen. Sie teilten sich eine Portion Nachos im Gastro-Bereich, und danach fragte er sie, ob ihm irgendwas zwischen den Zähnen hinge. Auf dem Heimweg zeigte er ihr die Geheimverstecke des Lieferwagens. Hinter Abdeckungen und unter Sitzen bewahrte er Tütchen mit Kokain und Gras auf, Crack-Röhrchen, Dinge, die Isabel noch nie zuvor gesehen hatte.
Er sagte, wenn sie keinen Sex hätten, bräuchten sie sich auch nicht zu küssen. Denn beides waren ja wohl Zeichen der Zuneigung, oder? Er fragte, ob sie wüsste, was blaue Hoden seien. Er sagte, seine Freunde fänden, sie sei unreif und dass er Besseres verdient habe.
Ihre erste Erfahrung mit einvernehmlichem Sex: auf dem Costco-Parkplatz, hinten in Joses Transporter, wo die Risse in den Sitzen mit silberfarbenem Gewebeband überklebt waren. Am Rückspiegel baumelte ein Duftbaum aus Pappe.
Sie sagte, sie habe ihre Tage. Sie sagte, sie müsse zur Arbeit. Sie sagte, sie müsse für die Schule einen Aufsatz über John Adams schreiben. Sie sagte, Hust, Hust, sie sei krank. Sie sagte, sie habe schon wieder ihre Tage. Er sagte, er könne was viel Besseres haben. Er sagte, die Mädchen würden bei ihm Schlange stehen. Einmal fand sie hinten im Transporter ein benutztes Kondom und als sie ihn darauf ansprach, sagte er: »Aber versprich mir, dass du nicht lachst. Manchmal wichse ich hier in Kondome.« Sie glaubte ihm.
Manchmal wenn sie Sex hatten, schlüpfte sie aus ihrem Körper und setzte sich nach vorne und machte irgendwas Cooles und Chilliges. Sich die Fingernägel feilen etwa. Oder eine Illustrierte durchblättern.
Er schlug sie nie. Er sagte ihr, dass er sie liebe. Wenn er sie nach Hause fuhr und der Freund ihrer Mutter saß auf der Treppe und rauchte eine Zigarette, begleitete Jose sie bis zur Tür, ließ zu, dass sie sich unter seinen kräftigen Arm schmiegte.
Du fickst schlecht. Du liegst bloß da. Du willst keine neuen Stellungen ausprobieren. Nie sagst du was. Du bist trocken. Du kannst nicht kommen, mit dir stimmt was nicht. Was sagte er sonst noch? Ach ja. Dass er was viel Besseres haben könne, aber das wusste sie ja bereits.
Um Latina-Königin zu werden, muss eine Frau zulassen, dass drei Könige sie gleichzeitig ficken. Oder sie kann sich von jedem eine halbe Minute lang schlagen lassen. Vergiss es.
Sie erzählten einander Geschichten aus der Kindheit. Hier eine von seinen: Sein Vater ging mit ihm und seinem kleinen Bruder zum Betteln in die Subway. In den Zügen erzählte er den Leuten, seine Tochter sei vor Kurzem gestorben. Er zeigte ein Foto des kleinen Mädchens und eine Kopie der Todesanzeige herum. Er erklärte sich bereit, Namen und Telefonnummer des Bestattungsunternehmens zu nennen, falls jemand seine Geschichte überprüfen wollte. Er schulde dem Laden eintausendsiebenhundert Dollar. Jeder Dollar, Vierteldollar, jedes Zehn- oder Fünf-Centstück, jedes Gebet würde helfen. Er schickte seine Söhne mit Mützen durch den Waggon, um darin das Geld einzusammeln, und Joses
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