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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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bloß so einfach wäre. Rüber zu Carvel, einmal einen Cookie Puss oder Fudgie the Whale besorgt und Tariq die Kerzen ausblasen lassen. Ihn sanft gegen die Schulter knuffen und sagen: »Hey, großer Bruder, tut mir leid, aber ich hab deine Freundin geschwängert.« Drauf geschissen. Alfredo tut es nicht leid. Er, der sich wegen allem schuldig fühlt, weigert sich, sich dafür zu entschuldigen, dass er sich in Isabel verliebt hat. In dem interkranialen Aktenschrank ist die Winston-Mappe allein zu diesem Abend bereits dicker als die gesamte Akte Tariq. Scheiß auf diesen Verrückten. Und selbst wenn es Alfredo leidtäte – was es nicht tut, aber selbst wenn – würde das ungefähr so viel bringen wie Händeschütteln oder Eiscremetorten. Kraft und Gewalt. Darum geht’s. Alfredo braucht diesen Hundekampf, braucht ihn, um sein Gangstertum zu vermarkten. Ich bin mittlerweile zu groß dafür, mich folgenlos schikanieren zu lassen. Er ist die Diebstahlwarnung am Fenster eines Sportwagens, das Paar Hörner, das einem Bullen aus dem Schädel ragt, das Logo auf einer Ecstasy-Pille.
    »Wenn wir uns den ganzen Stress geben würden«, sagt Winston, »um dir und Izzy einen Wachhund zu besorgen. Das würd’ ja noch Sinn ergeben.«
    Jetzt, wo der Dobermann wieder im hinteren Teil des Hofes sein Tänzchen vollführt, ist Winston offensichtlich mutig genug, sich dem Zaun zu nähern. Er liest die Valiumpille auf und steckt sie in die hintere Hosentasche. Er ist auf einer Doppeldosis X unterwegs und weiß Gott was sonst noch – eine Schlaftablette könnte also ganz praktisch sein gegen sechs Uhr morgens, wenn er unterm Laken liegt, mit den Zähnen knirscht und an die Decke starrt. Anders als der Hund wird Winston nicht zögern, die Pille zu schlucken.
    Alfredo geht auf, dass der Dobermann es vielleicht nicht so eilig gehabt hätte, sich von der Valium zu entfernen, wenn sie nach Speck gerochen hätte. Oder noch besser, nach Speck geschmeckt hätte. »Ich hab ne Idee«, sagt er.
    »Da bin ich mir sicher.«
    »Hast du Bock auf ne Spritztour?«
    Winston lacht. »Die Ghetto-Kutsche?«
    D ie Ghetto-Kutsche ist kein heruntergekommenes Gefährt von zweifelhaftem Wert, kein Dauerdefekt auf Rädern mit zerschlagenen Scheiben und kaputtem Vergaser. Noch nie hat sie schwarzen Qualm ausgehustet oder ihren Auspufftopf durch die Straßen von Queens geschleift, denn genau genommen existiert sie gar nicht. Sie ist von Stoßstange zu Stoßstange ein Fantasieauto.
    Bei dem Tages- und Nachtrhythmus, dem Winston und Alfredo folgen, knurren ihre Mägen nicht selten zu einer Uhrzeit, wenn die einzige ökonomisch vertretbare Option, an etwas Essbares zu gelangen, McDonalds heißt. McDonalds aber verschließt aus Sicherheitsgründen spät nachts die Türen, lediglich das Drive-Thru-Fenster bleibt geöffnet. Und um aus diesem Fenster Nahrung zu bekommen, muss man sich absolut ausnahmslos in einem Auto befinden.
    »Kein Auto. Kein Essen.«
    Weil Alfredo sich kein richtiges Auto leisten kann, ob nun gebraucht oder nicht, und weil er noch nicht mal fahren kann, bleibt ihm nur die Ghetto-Kutsche .
    Mit verstellter Stimme spricht Alfredo in die McDonalds-Sprechanlage und bestellt zwei McChicken für sich, eine Flasche Wasser für Winston, ein Happy Meal für Christian Louis (Alfredo sammelt das Spielzeug) und einen Cheeseburger mit Speck für den Pinscher vom Allouez Secondhand-Gebrauchtwagen-Supercenter. Eine verzerrte Sprechanlagenstimme weist ihn an vorzufahren. Also fährt Alfredo wie bereits letzte Nacht, vorletzte Nacht und all die Nächte davor ans Ausgabefenster, er hockt da, die Arme starr nach vorne gereckt, während er mit den Händen ein imaginäres Lenkrad umklammert. Er kurbelt ein imaginäres Fenster herunter. Er bittet Winston, der auf dem Beifahrersitz sitzt, unter den imaginären Sitzen nach imaginärem Kleingeld zu suchen. Die aknevernarbte Angestellte schließt die Augen.
    »Wann werdet ihr Typen endlich erwachsen?«
    »Entschuldigung«, sagt Alfredo. Er dreht das Radio der Ghetto-Kutsche leiser. »Ich hab Sie nicht verstanden. Was sagten Sie?«
    »Kein Auto«, sagt sie. »Kein Essen.«
    »Machen Sie doch mal eine Ausnahme«, sagt Alfredo. »Geben Sie uns was zu essen, und wir werden Sie nie wieder behelligen.«
    »Regeln«, sagt das Mädchen.
    »Regeln?«, fragt Alfredo Winston. Winston zuckt die Schultern. Alfredo wendet sich wieder dem Mädchen zu und schüttelt den Kopf: nie von gehört, keine Ahnung, was Sie meinen. Aber das Mädchen

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