Die Prinzen von Queens - Roman
Extra-Antennen, phosphoreszierende Modeaccessoires: Alfredo fragt sich, warum sie nicht einfach Namenschildchen tragen, auf denen NYPD Zivilfahndung steht. »Vielen Dank, Sir«, sagt Alfredo zum Fahrer. »Aber ich brauche wirklich keine Hilfe.«
»Wer war denn der große Schwarze, dem du gerade Tschüss gesagt hast? Dein Lover?«
Der Bulle auf dem Beifahrersitz beugt sich vor. »Hey, Drogendealer«, sagt er. Er trägt ein grünes Armband und ein Trikot der Islanders. Selbst Undercover können diese Typen nicht ohne Uniform. »Zeig mal ein paar von den Drogen, die du dabei hast.«
So reden sie. Sie unterstellen einem, dass man kriminell ist und versuchen mit allen Tricks, einen dazu zu bringen, ihnen zuzustimmen. »Keine Drogen«, sagt Alfredo.
»Ergibt keinen Sinn. Du bist Drogendealer hier im Viertel. Wie sieht’s mit einem Zehner-Tütchen aus? Ein Zehner-Tütchen wirst du ja wohl dabeihaben.«
»Wie wär’s mit deiner Knarre?«, sagt der Fahrer. »Vielleicht können wir uns die Knarre mal angucken, die in deinem Hosenbund steckt.«
Stünde er vor Max’ Süßwarenladen, würde Alfredo diesen Typen vielleicht dumm kommen. Was ist ein Zehner-Tütchen, Officer? Drogen verkaufen verstößt gegen das Gesetz, Officer. Vor Max’ Laden könnte er eine dicke Lippe riskieren, weil er nicht allzu viel zu befürchten hätte. Vor Max’ Süßwarenladen könnte Alfredo diesen vier Zivilen mit seiner Alfred-E.-Neumann-Na-und?-Nummer kommen. Weil Alfredo vor Max’ Süßwarenladen kein verdammter Idiot war. Da hätte er den Stoff auf der anderen Straßenseite, hinter einem losen Backstein, und kein Tütchen mit verschreibungspflichtigen Pillen in der einen Hosentasche und fünfzig Ecstasy-Trips in der anderen.
Er zeigt den Bullen seine Handflächen. »Keine Drogen, Sir. Keine Waffen.«
»Dir zittern ja die Beine«, sagt der Fahrer.
»Das stimmt nicht.«
»In Ordnung.« Der Fahrer steckt sich den Finger in den Mund und stochert zwischen seinen Zähen herum. Sein Gesicht verzieht sich vor Konzentration. »Du hast keinerlei Drogen. Du hast keine Knarre. Dir zittern nicht die Beine. Da sieh mal einer guck. Deine Hände sind leer.« Was ihm auch immer zwischen den Zähnen gesteckt hat, klebt nun als nasses Klümpchen auf seiner Fingerspitze. Er schnipst es auf die Straße. »Du bist sauber. Eine Zierde der Gesellschaft.«
»Ich sollte langsam nach Hause«, sagt Alfredo. Und ist so bescheuert loszugehen.
Alle vier Türen öffnen sich gleichzeitig, ein marineblaues Insekt, das seine Flügel ausbreitet. Rennen kann Alfredo nicht. Seine Füße sind voller aufgeplatzter Blasen. Ganz abgesehen davon, dass diese Bullen nichts lieber täten, als sich die Beine zu vertreten, Alfredo zu jagen, nur um ihm dann genüsslich die Scheiße aus dem Leib zu prügeln. Der Festnahme hat er sich ebenfalls widersetzt, Euer Ehren. Sie kommen auf ihn zu, ein Jets-Trikot, ein Islander-Trikot, ein Mets-Trikot und ein Hawaiihemd. Sie sind weiß, weiß, dominikanisch und guyanisch. Dienstmarken baumeln an Ketten von ihren Hälsen. Sie drücken Alfredo gegen eine Mauer. Die Ziegelsteine haben den ganzen Tag über in der Junisonne gebacken, und Alfredo spürt jetzt die Wärme an der Wange. Ihm rutscht die Brille von der Nase. Finger durchwühlen ihm die Haare. Hände packen ihn an den Gelenken, tasten seine Beine ab, fahren ihm über die Rippen den Brustkorb hinauf. Die Beine werden ihm auseinandergetreten. Ein Bulle knickt Alfredo an der Taille nach vorn und zieht die Kreditkarten-Nummer ab, fährt ihm mit der Handkante durch die Arschritze. Sie suchen nach etwas, weswegen sie ihn drankriegen können. Haben es auf eine Waffe, eine Anklage, ein paar Überstunden abgesehen. Sie kneifen in die Nässe in Alfredos Achselhöhlen.
»Macht dich was nervös?« Der Atem des Bullen ist warm und feucht und riecht nach Pfefferminz, diesen rot-weißen in Zellophan gewickelten Bonbons. »Was macht dich nervös? Hast du Drogen in den Taschen?«
»Sieh mal einer an, wie dem die Beine zittern!«
»Stimmt gar nicht«, sagt Alfredo, aber auf dem Weg ins Freie bleiben die Wörter an etwas hängen.
»Stimmt gar nicht«, wiederholt ein Bulle mit hoher Mädchenstimme.
Gegen die Wand gedrückt, spürt Alfredo, wie Hände seine Hosentaschen erforschen. Rechts und links. Ihm brennen die Augen. Alfredo hat noch nie auch nur eine Nacht in Haft verbracht. Welche Ironie, einen Tag vor Tariqs Heimkehr in den Knast zu wandern. Durch den dünnen Stoff seiner Tasche drücken
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