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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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sich fremde Fingerspitzen in seinen Oberschenkel. Sie streifen seine Eier, und sein Körper erstarrt. Er stellt sich auf die Zehenspitzen, und da – während die Hände verzweifelt seinen Körper umklammern – fällt Alfredo plötzlich ein, dass er gar nicht mehr im Besitz des Tütchens mit den verschreibungspflichtigen Pillen ist, weil Winston es ihm ja vor beinahe einer halben Stunde abgeknöpft hat. Ihm wird also nichts passieren. Der Heilige Geist umwabert seine Füße, gibt ihm mächtig Auftrieb. Wenn Alfredo nach Hause kommt, wird er das Vaterunser aufsagen, zur Messe gehen und niederknien, den Kopf auf der Brust, die Hände aneinandergepresst.
    »Was ist das denn?«, sagt der dominikanische Bulle, der sich mit aller Macht einen Schnauzer wachsen lassen will. Er hält Alfredos Beeper in die Höhe. »Na, was haben wir denn hier?«
    »Lass mal sehen«, sagt das Islander-Trikot. »Sieht nach dem Pager eines Drogendealers aus. Pager? Beeper? Gibt’s da einen Unterschied?«
    »Frag den Drogendealer«, sagt der Fahrer.
    »Gibt’s da einen Unterschied, Drogendealer, zwischen Pager und Beeper?«
    »Es ist einfach nur ein Beeper.«
    »Und deine Drogis pagen dich auf diesem Es-ist-einfach-nur-ein-Beeper an?«, fragt der Bulle. »Und du rufst sie zurück und sagst ›Was brauchste?‹ Wir reden hier von richtig Holz, ja? Gibt’s drüben in Corona. Weiß ich alles. Den guten Scheiß gibt’s in Corona.« Er wirft Alfredo den Beeper zu.
    Während seiner verkürzten Little-League-Karriere hatte Alfredo dazu geneigt, auf dem Spielfeld zu viel nachzudenken – mmh, der Ball rollt auf mich zu, ich sollte ihn mir schnappen und zur First Base werfen –, weshalb ihm gelegentlich Fehler unterlaufen waren. Der Beeper prallt von seiner Brust ab, flutscht ihm durch die Finger und schlägt hart auf dem Pflaster auf. Aber er bricht nicht auseinander. Der Deckel springt nicht ab. Der Heilige Geist hat die Hand um den Beeper geschlossen und hält ihn fest zusammen.
    Der Guyaner hebt ihn auf. Er reibt mit dem Daumen über eine Ecke des Plastikgehäuses, die eine Macke abbekommen hat, durch den Aufprall ganz verschrammt ist. Er ist der Bulle mit dem Hawaiihemd, derjenige, dem Sport ganz offensichtlich am Arsch vorbeigeht. Stirnrunzelnd drückt er auf den Knöpfen rum. »Ich glaube, der ist hinüber«, sagt er. »Geht nicht mehr an.«
    »Oh, das tut mir aber leid«, sagt der Bulle im Islander-Trikot. »Wie sollen dich deine Drogis jetzt bloß anpagen?«
    Der guyanische Bulle hält ihm den Beeper hin. Alfredo starrt darauf, während er sich all das vorstellt, was diese Typen stattdessen tun könnten. An der Roosevelt Avenue unter der Brücke der Linie 7 bieten Dragqueens Blowjobs an. Es gibt Vorstandsvorsitzende von der Wall Street, denen man die Türen eintreten könnte. Ganz sicher vermöbelt gerade irgendein Besoffener einen Block weiter, egal in welche Richtung, seine Frau oder vergreift sich an der Stieftochter. Warum kümmern sich die Bullen nicht darum? Warum bleiben sie mir mit ihren Wichsgriffeln nicht aus den Taschen und gehen scheiß Osama bin Laden suchen? Der guyanische Bulle klippt Alfredo den Beeper an den Kragen seines T-Shirts. Er wiegt ganz schön. Zieht das T-Shirt nach unten und legt Alfredos Halsansatz frei.
    »Erzähl uns doch mal was über deinen Kumpel Curtis Hughes«, sagt der Bulle.
    »Du kanntest ihn«, sagt der Fahrer. »Wo ihr ja beide Drogendealer seid und so weiter.«
    »Nein«, sagt Alfredo.
    »Was, nein?«
    »Nein, kenn ich nicht«, sagt Alfredo. Er macht sich keine Sorgen. Diese Bullen hier sind keine Ermittler. Neunzig Prozent von denen sind nicht mal Detectives. Auf der Straße nennt man sie bloß einfach Zivile. Diese Bullen – links und rechts von Alfredo, die an der Motorhaube lehnen und ihm Beeper ans Revers heften – gehören zur Kriminalitätsbekämpfung des NYPD. Es sind Streifenpolizisten, die Sporttrikots anziehen dürfen. Bluthunde, die Drogen und Waffen aufspüren können, aber damit hat es sich auch schon. Sie haben keine Ahnung, wer Alfredo ist. Diese Einheiten sind schwer bewaffnet, gehen immer vom Schlimmsten aus, haben aber nicht den leisesten Schimmer. Hätten sie Alfredo tatsächlich in Verdacht, würden sie auf beste Freunde machen. Würden mit sanfter Stimme höfliche Fragen stellen. Sie haben Curtis Hughes erwähnt? Na und? Alfredo ist neugierig, aber er macht sich keine Sorgen. Der Name Curtis Hughes fällt Polizisten oft aus dem Maul.
    »Ist er ein Drogenhändler?«, fragt

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