Die Prinzen von Queens - Roman
schwer, sie hatte außerdem das Gefühl, der Fußboden sei an einer Stelle abgesenkt. Und nicht nur fühlte sich der Fußboden abgesenkt an, ihr war außerdem der Fuß eingeschlafen. (Verstärkte Tollpatschigkeit, Kribbeln in Armen und Beinen – das gehörte auch auf die Liste der Dinge, die sie vergessen hatte, den Arzt zu fragen.) Auf dem Weg zum Badezimmer stieß Isabel gegen den Küchentisch. Das heiße Wasser im Topf zischte.
Schütt’ dir den Scheiß nicht über den Bauch, sagte Christian Louis. Als Isabel ihn ermahnte, nicht zu fluchen, sagte er: Ich habe Tourette! Ich bin Autist! Ich habe die übelste Form der Thallassämie!
Isabel setzte den Topf auf einer Badematte ab. Sie ist sich nicht sicher, ob sie ein Brutzeln gehört hat. Sie war zu sehr damit beschäftigt, in die Küche zurückzulaufen und die Topfhandschuhe loszuwerden. Zu beschäftigt, unter das Schlafsofa zu greifen und den kleinen Karton Epsom-Salz hervorzuholen, den sie extra gekauft hatte. Der Karton rasselte – wie eine Rumba-Kugel –, als sie damit ins Badezimmer rannte. Sie versenkte Säulen von Salz im Topf. Graue Wolken stoben im Wasser auf.
»Was tust du da?« Es war Alfredo. In der Hand hielt er etwas, das nach ausgeleierter Feinripp-Unterhose aussah. Die seidenen Boxershorts, die sie ihm zu Weihnachten geschenkt hatte, waren es jedenfalls nicht. »Schlafwandelst du?«, sagte er. »Ist es gefährlich, dich zu wecken?«
Isabel wuchtete sich hoch, ihr Rücken schrie auf. Mit einer majestätischen Handbewegung wies sie ihrem Freund seinen Platz auf dem Klodeckel an. »Willkommen«, sagte sie und kam sich plötzlich ganz lächerlich vor, »in Bad Batista.«
Weil Alfredo die ganze Nacht vom einen Ende von Queens zum anderen latscht und weil er – weiß Gott wieso – darauf besteht, die wuchtigen Timberlands zu tragen, bekommt er Schwielen an den Füßen. Die Fersen werden rau, an den Fußsohlen bilden sich Blasen, und seine Hühneraugen wollen nur noch eins, das Panorama genießen. Also hat Isabel – diese umwerfende Freundin – diese Fußmassage arrangiert, sich vorgestellt, Alfredo würde sich aufs Thrönchen setzen, die Stiefel abstreifen und seine malträtierten Füße in das Solewasser tauchen. Würde sich vorkommen wie ein Sultan, dem ein mystischer Vogel mit seinen riesigen Federn Luft zufächert. Das alles hat Isabel auf die Beine gestellt, damit sie später in flatternden Lidern oder zuckenden Fingerspitzen den Hinweis darauf sehen konnte, dass er von ihr träumte, einer Frau, die ihn liebt, die weiß, wenn seine Füße schmerzten und die etwas dagegen unternimmt. Mit anderen Worten, eine Frau, um die zu kämpfen sich lohnt.
»Baby«, sagte Alfredo. Er presste die Handflächen an die Stirn. »Ich bin müde.«
»Na eben«, sagte sie.
»Ich bin echt nicht in der Stimmung.«
»Ich hab mir solche Mühe gegeben.«
»Ja, aber ich möchte einfach nur schlafen. Verstehst du? Ich will einfach nur ins Bett.«
»Na eben«, sagte Isabel. »Es wird dich entspannen. Deine Schmerzen lindern. Schau. Das ist ein spezielles Fußmassagegerät.«
»Ich soll meine scheiß Füße da reinstecken?« Dass Alfredo das in der Filmversion ihres Lebens nicht sagt, muss wohl kaum erwähnt werden. »Bist du bescheuert, Baby? Das ist ein Kochtopf. In dem hat meine Mama früher immer Reis gekocht.«
Isabel gab zurück, wenn sie mehr Geld hätten, dann könnte sie sich vielleicht ein echtes Fußmassagegerät leisten und vielleicht auch noch einige andere Dinge, eine Wiege zum Beispiel oder eine anständige Frauenärztin oder eine Stützbandage für ihren Rücken oder vielleicht sogar eine eigene Wohnung (!), in der Isabel von Kerzen umgeben Bäder nehmen könnte. Tja, aber eben nur, wenn sie Geld hätten, an sich schon ein lachhafter Gedanke – wie natürlich alle ihre Ideen, klar, da sie ja so bescheuert ist –, denn wie wir ja alle wissen, gibt es weder Geld für ein Fußmassagegerät, noch kommt genügend rum, um hier auszuziehen.
Alfredo ließ sich auf den Klodeckel sinken. Er warf die Unterhose in die Badewanne. Er schnürte seine Stiefel auf und stellte sie ordentlich zur Seite. Aus der Hosentasche holte er einen Beeper, den Isabel noch nie gesehen hatte, nahm ihn in beide Hände und ließ ihn dann in den offenen Schlund eines der Stiefel gleiten. Er zog sein Handy hervor, wählte mit geschlossenen Augen eine Nummer und drückte es aus, als offenbar ein Anrufbeantworter dranging. Sie stellte keine Fragen. Sah zu, wie er die Socken
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