Die Prinzen von Queens - Roman
Bibliothek über alt riechende Bücher gebeugt verbrachte, die Nase in der von Gogol. »Sag ihnen, ich studier russische Literatur.«
»Das ist doch wack .«
»Sag nicht ›wack‹. Weißt du, wer ›wack‹ sagt?«
Ja, ja, dachte Vladimir. Weiß schon.
D ie Highschooljahre verbrachte Vladimir an der McClancy’s in East Elmhurst, noch so einer katholischen Jungenschule. Er hätte auch eine in Manhattan besuchen können – sein Bruder verdiente zu diesem Zeitpunkt schon so gut, dass er das Schulgeld zweimal hätte zahlen können, aber einige von Vladimirs Freunden gingen auf die McClancy’s, also wollte er auch. Er hatte keine Lust, noch mal von vorne anzufangen. Er hatte die Schnauze voll, ließ er Misha wissen, immer wieder von vorne anzufangen.
Neue Schule und noch immer keine Mädchen. Die einzigen Frauen, die durch die Flure der McClancy’s liefen, waren Nonnen, und auch wenn Vladimir sich selbst als Atheist sah und keine Angst vor dem Jüngsten Gericht hatte, gab es Grenzen, die selbst er respektierte. In dem Pornokino mit den verklebten Sitzen in seinem Kopf lief so ziemlich alles, aber Nonnenfilme blieben unbesehen in ihren Titandosen. Die Frauen in der Subway hingegen waren Freiwild. Und spätabends, bevor sein Bruder nach Hause kam, verbrachte Vladimir Stunden damit, seine Matratze ranzunehmen, während er an Jess Yoffe, Tonja Walit und Marina Duwenskaja dachte. Wie ein Supercomputer des FBI ließ er ihre Gesichter und Körper künstlich altern, versuchte sich vorzustellen, wie sie wohl im Jahr 2002 aussehen würden. Er gab sich sogar Fantasien mit dem Mädchen aus seiner Schule in Manhattan hin, der Riesin, die ihn an die Wand gedrückt hatte und ihm an die Weichteile gegangen war. Sie zumindest hatte Interesse gezeigt!
Aber es ging nicht nur um Sex. Er würde auch einen guten Freund abgeben, davon war er überzeugt – einen tollen Freund. Er würde Türen aufmachen und Rechnungen übernehmen. Ihr sagen, dass er sie liebe. Er würde weder zusammenzucken noch Witze machen, wenn sie über Menstruationsbeschwerden klagte. Ihr die Schulter küssen. Mit ihr in angenehmem Schweigen dasitzen und sich in einer Frühstücksecke die Zeitung teilen, während Sonnenlicht durchs Fenster fiel (nicht, dass Vladimir eine Frühstücksecke hatte oder je die Zeitung las). Aber, Mann o Mann, was er wirklich wollte, war eine, der er sich anvertrauen konnte. Er würde ihr erzählen, dass er sich nicht mehr erinnern konnte, wie seine Mutter ausgesehen hatte. Wenn er nicht gerade ein Foto von ihr in der Hand hatte, musste er sich Mütter aus dem Fernsehen vorstellen und deren Gesichter auf einen exemplarischen Körper im Morgenmantel übertragen. Ein beschämendes Geheimnis, das er Misha nie verraten hatte, aber wenn er eine Freundin hat und der Zeitpunkt stimmt, wird er es ihr erzählen. Falls er einmal eine Freundin hat.
Seine Klamotten waren keine Hilfe. Fünf Tage die Woche trug er wollene Hosen, Hemden aus Polyester und rotzgrüne Schlipse – immerhin echte und nicht die zum Anstecken. Wie gesagt, ein Außerirdischer aus dem interstellaren Haschreich! Unter Aufwendung beträchtlicher Barmittel investierte Vladimir in einen neuen Look. Er kaufte schwarze Baseballkappen in der Queens Center Mall und 80er-Jahre-Basketballtrikots bei eBay. Er durchforstete Secondhandläden nach der Sorte Baggyjeans, die Dr. Dre getragen hatte, als The Chronic erschienen war. Wie die Namen auf den Trikots – Barkley, Drexler – hinkte Vladimirs Gespür für Mode zwanzig Jahre hinterher. Und genau deshalb war es schon wieder cool, dachte er. Mit den Klamotten unter der katholischen Schuluniform erzielte er einen geringfügigen Popularitätsschub im Allgemeinen und überhaupt keinen, was seine Wirkung auf Frauen betraf. Wie es sich für einen richtigen Amerikaner gehört, verdoppelte Vladimir den Einsatz. Er investierte weiter, linderte den Frust mit dem Balsam weiterer Ausgaben.
Auf eBay verkaufte jemand ein Paar Air Jordans 3, die super schwer zu kriegen waren, Zustand wie neu, für nur 245 Dollar.
»Vergiss es«, sagte Misha, der selbst einen ganzen Schrank voller sauteurer Schuhe hatte. Aber seine Vorbehalte gegenüber den Air Jordans bezogen sich nicht auf den Preis, sondern auf das, wofür sie standen. »Was bist du, schwarz?«, fragte er. »Zieh die Hose hoch, Bruder. Air Jordans sind was für Auberginen.«
Na und?, wollte Vladimir sagen. Sein absoluter Lieblingssportler war Dominique Wilkins, sein Lieblingsschauspieler Will
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