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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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Smith. Er kopierte Nas-Alben von Freunden und bewahrte sie in Hüllen auf, auf denen »Van Halen« stand. Schwarze trugen also Air Jordans? Na und? Vladimir wollte sie. Sie waren cool. Falls nötig, würde er sie selbst bezahlen.
    Er klaute seinem Bruder einen Beeper voller Ecstasy. Hatte der schließlich ungefähr tonnenweise rumliegen. Misha teilte sie an die Dealer aus, die das E so an den Türstehern der Webster Hall und des Club Exit vorbeischmuggelten. Vladimir nahm den Beeper mit zur Schule und verkaufte das X zu einem Preis, der hoffentlich nicht zu hoch war. Zehn Dollar die Pille.
    Vladimirs Popularität ging auf einmal durch die Decke, ebenso wie die allgemeine Stimmungslage an der Monsignor McClancy Memorial High School. Er kaufte sich die Jordans und bewahrte sie in seinem Spind auf. Er hing mit Dritt- und Viertklässlern rum. Er klaute seinem Bruder noch mehr Pillen. Im Internet kaufte er sich ein Bo-Outlaw-Trikot der Orlando Magic.
    Im Frühling, als die Pheromone explodierten und die Vögel tirilierten, lernte Vladimir tatsächlich ein Mädchen kennen. Muss man sich mal vorstellen. Sie hieß Vicki Rodriguez und war die kleine Schwester eines seiner neuen Freunde aus den höheren Jahrgängen, George Rodriguez, McClancys erstem Aufbauspieler, der auch in der Verteidigung ein harter Hund war und tatsächlich die Angewohnheit hatte, seine Gegenspieler anzubellen. Vladimir war bei George zu Hause vorbeigekommen, um ihm drei Pillen E zu verkaufen und mit seiner neuen XBox zu spielen, und hatte Vicki im Flur getroffen, beide auf dem Weg zur einzigen Toilette der Wohnung.
    »Brauchst du lange?«, fragte er sie.
    »Das ist mein scheiß Haus«, sagte sie.
    Vladimir grinste. Als sie aus dem Badezimmer kam, löcherte er sie mit Fragen – Auf welche Schule sie ging. Ob sie mit der Bahn hinfahren musste. Welche Musik sie mochte –, und Vicki, von dem Interesse geschmeichelt und von dem Akzent irgendwie fasziniert, gab gewissenhaft Antwort. Irgendwann gingen ihm jedoch die Fragen aus. So nahe beim Klo flippte seine Blase aus, was es schwierig machte, sich zu konzentrieren. Er und Vicki schauten sich an und dann zur Seite. Höflich lächelnd machte sie Anstalten, an ihm vorbeizuhuschen, und Vladimir – verstört, warum jemand diesen derart perfekten Flur überhaupt verlassen wollte – fragte, wo sie hingehe. Zur Mall, sagte sie. Um sich eine neue Geldbörse zu kaufen. Ihre alte, ein Kunstlederteil mit der dominikanischen Flagge drauf, sei buchstäblich aus den Nähten gegangen.
    »Ich kann dich begleiten«, sagte er. »Zur Mall. Wenn du willst.«
    »Hast du auch nur die leiseste Ahnung, wie mega peinlich das wär?«
    »Wir könnten uns Namen für unsere Kinder überlegen. Ich denke da an Victor, Vincent, ähm, vielleicht Vance, Viggo. Ziemlich ungewöhnliche Mädchennamen, ich weiß, aber …« Hätte er seinen Schlips umgehabt, dann hätte er am Knoten rumgefummelt.
    In der Mall versuchte Vladimir ihr die neue Geldbörse zu bezahlen, was sie aber nicht zuließ. Sie erlaubte ihm allerdings, ihr im Gastro-Bereich eine Zimtbrezel zu kaufen. Während sie durch die Mall liefen, begafften die Leute – zumindest hatte Vladimir das Gefühl – das ethnische Missverhältnis, den Zusammenprall der Pigmentierungen. Na und? Als Dominikanerin hatte Vicki dunkle, dunkle Haut, so dunkel wie Haut jenseits von Afrika überhaupt nur sein kann. Das übte auf Vladimir sicher eine roße Anziehungskarft aus, befriedigte wohl irgendwelche bislang unerkannten Brudermord-Gelüste, doch fühlte er sich zu diesem Mädchen aus Gründen hingezogen, die weit darüber hinaus gingen. Sie duftete nach Sahne und Ingwer, und ihr Haar sah weich aus, und sie kaute Fingernägel genau wie er und stellte sich falsch herum auf die Rolltreppe der Mall, damit es den Anschein erweckte, die Welt entferne sich immer weiter, und wenn sie von ihrer Brezel abbiss, konnte Vladimir den rosa Muskel ihrer Zunge sehen, und sie hatte riesige Möpse, die sie zu verstecken versuchte (wenn er sich nicht bereits in sie verliebt hätte, hätte er sie vielleicht grob als Fummelbalkon bezeichnet), und auch wenn sie nicht über Vladimirs Witze lachte, erkannte sie zumindest, dass es welche waren, und auf ihrem Kinn hatte sich ein Pickel gebildet, ein wahrer Eitervulkan, und sie ließ Vladimir wissen, dass sie sich richtig, richtig darauf freute, ihn zum Ausbruch zu bringen. Es gibt junge Männer, die diese Angewohnheiten und Eingeständnisse des anderen Geschlechts

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