Die Prinzessin
»Leg dich hin«, forderte er sie auf. »Und bleib hier, bis ich dir sage, daß die Luft rein ist.« Er griff nach seinem Gewehr und lief den Strand entlang.
Aria ging hinter der Palme in Deckung und beobachtete ihn. J. T. blieb plötzlich stehen und winkte dem Boot zu. Aria stand auf, glättete ihren Rock und strich sich über die Haare. Mit einem halbzerfetzten Kleid und einer Frisur, die seit über einer Woche kein Friseur mehr gerichtet hatte, kam sie sich etwas albern vor, aber sie versuchte, das Beste aus der Situation zu machen.
Mit all der Grazie, die sie sich in jahrelanger Übung angeeignet hatte, schritt sie auf Lieutenant Montgomery zu.
»Ich war noch nie so froh, dich zu sehen«, sagte J. T. zu dem Mann, der prompt antwortete: »Dolly hat mich gedrängt, etwas früher loszufahren. Sie hat sich alle möglichen Dinge ausgemalt, die dir hier in der Wildnis zustoßen könnten. Außerdem möchte ich noch ein bißchen fischen gehen, ehe wir zurückfahren.«
J. T. schüttelte den Kopf. »Das lassen wir lieber. Ich möchte endlich wieder unter zivilisierten Menschen leben.«
»Aha, du hast dich ein bißchen einsam gefühlt, was? Ich hab’ dir ja gesagt — « Er unterbrach sich, als er Aria erblickte. »Du Heimlichtuer!« rief er kichernd und warf Aria einen bewundernden Blick zu. Sie war offensichtlich eine richtige Klassefrau! Die Art, wie sie sich bewegte und wie sie sich hielt, sprach für sich. Bill wußte, daß J. T’s Familie eine Menge Geld hatte, und er hatte sich immer gedacht, daß sein Freund sich nur mit einer richtigen Dame ernsthaft abgeben würde. Bill hätte gern gesehen, wenn J. T. bald heiratete. Vielleicht wäre er dann nicht mehr so eifersüchtig, wenn Dolly J. T. zu sehr bemutterte. »Da hast du mich aber ganz schön hinters Licht geführt!«
»Es ist nicht so, wie du denkst«, fauchte J. T. und drehte sich zu Aria um: »Ich hab’ dir doch gesagt, daß du in Deckung bleiben sollst.«
Bill lächelte wissend. Leute, die sich liebten, zankten sich! Er sah sich Aria etwas genauer an. »Habe ich Sie nicht schon irgendwo gesehen?« fragte er.
»J. T., willst du uns nicht miteinander bekannt machen?«
J. T. seufzte. »Bill Frazier, darf ich dir Ihre Königliche Hoheit —«, er wandte sich unfreundlich an Aria: »Wie heißt du eigentlich?«
»Prinzessin!« Bill holte tief Luft. »Sie sehen der Prinzessin ähnlich, die gestern unsere Docks besucht hat!«
»Aber ich war doch hier«, erwiderte Aria erstaunt. »Ich halte mich seit einigen Tagen hier auf!«
J. T. runzelte die Stirn, griff nach Arias Arm und zog sie in Richtung Palme.
»He!« protestierte Bill nervös. »Findest du es richtig, ’ne Prinzessin so zu behandeln? Du beleidigst vielleicht ihr Land oder so was!«
»Ja oder so was«, bellte J. T. und hielt unter der Palme an. »Jetzt erzähl mir mal, warum die beiden Männer auf dich geschossen haben!«
»Geschossen?« echote Bill, der versucht hatte, mit ihnen Schritt zu halten. »Als ich sie gesehen habe, war sie von fünfzig Soldaten umlagert. Von einer Schießerei habe ich nichts gehört!«
»Bill«, sagte J. T., »als deine Prinzessin die Docks besuchte, war diese Prinzessin hier bei mir.«
Bill schüttelte verwirrt den Kopf. »Sie haben also eine Schwester?«
»Die sieht mir überhaupt nicht ähnlich«, widersprach Aria und versuchte, ihrer eigenen Verwirrung Herr zu werden.
»Fang endlich an, zu erzählen«, forderte J. T..
Kurz und bündig berichtete Aria von ihrer Entführung und ihrer Flucht.
»Ach, du kannst Fesseln lösen — aber du bist nicht in der Lage, dein Kleid allein aufzuknöpfen«, sagte J. T. mit erhobenen Augenbrauen.
»Man tut, was man kann!«
Bill räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. »Denken Sie vielleicht, daß die Leute, die Sie entführt haben, eine Doppelgängerin an Ihre Stelle gesetzt haben?«
»Eine Doppelgängerin?« fragte Aria.
»Jemand, der an deine Stelle tritt und dir ähnlich sieht«, erklärte J. T., und Aria versank in erschrockenes Schweigen.
Bill warf J. T. einen bedeutsamen Blick zu. »Woher wissen wir denn, welche die Fälschung ist?«
J. T. musterte Aria prüfend. »Die hier ist eine echte Prinzessin. Darauf verwette ich mein Leben und das meiner Familie dazu. Niemand könnte so gut schauspielern.«
Bill starrte Aria an wie das achte Weltwunder. Bewundernd sagte er: »Meine Frau würde Sie bestimmt gern kennenlernen! Als ich gestern nach Hause kam, hat sie mich mit Fragen über Sie bombardiert.
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