Die Prinzessin
J. T. nach seinem Krankenhausaufenthalt zu einer Insel gefahren war, um Urlaub zu machen. Nach seiner Rückkehr hatte er erschöpfter ausgesehen als vorher und war furchtbar schlechtgelaunt gewesen. Ein paar Tage später hatte eine schwarze Limousine ihn vom Dock abgeholt, und jetzt war er verheiratet.
»Sie sehen richtig süß aus«, sagte Dolly und überbrückte so die unangenehme Stille. »Laßt uns jetzt hier Ordnung schaffen, dann gehen wir nach unten. Sonst essen unsere Göttergatten alles auf.«
Aria war als vollendete Gastgeberin in ihrem Element. Unauffällig sorgte sie dafür, daß jeder genug zu essen und zu trinken hatte. Es war ein wenig schwierig, dies alles ohne Dienerschaft zu bewältigen, doch es gelang ihr bald. Sie ertappte Dolly ein paarmal dabei, wie sie sie wohlwollend anlächelte.
J. T. erschien zum Dessert.
»Da ist ja der Bräutigam«, verkündete Gail. »Rück ein wenig, Mitch, damit J. T. neben seiner Frau sitzen kann.«
»Das ist aber eine Überraschung«, sagte J. T. zu Bill und Dolly. »Habt ihr mir was übriggelassen?«
»Es ist zwar kein Fleisch mehr da, aber Kraut, Kartoffelsalat und Krabbencocktail. Brauchst dich nur zu bedienen.«
J. T. blickte Aria auffordernd an. »Meine Frau wird mir einen Teller zurechtmachen.«
Einen Augenblick lang schwiegen alle verblüfft, dann schob Aria ihren Teller beiseite und stand auf. »Larry, möchten Sie noch etwas Apfelkuchen?«
»Nein danke, Prinzessin. Ich hab’ schon mehr als genug gehabt!«
»Prinzessin?« fragte J. T. mißtrauisch.
»Ist ein netter Spitzname, findest du nicht auch?« warf Bill betont harmlos ein.
Aria nahm einen Teller und häufte Salat darauf.
J. T. stellte sich neben sie. »Amerikanische Frauen bedienen nämlich ihre Männer, und sie sind gute Gastgeberinnen. Hast du verlangt, daß deine Gäste dich bedienen? Hast du den Hamburger mit Messer und Gabel gegessen?«
»Laß sie doch in Ruhe«, zischte Bill. »Sie war großartig. Eine wirklich gelungene Party, Prinzessin!«
»Ist es so recht, mein Herr?« fragte Aria und überreichte J. T. den Teller.
»Werd nicht frech! Ich bin — oh, hallo Dolly!« Er nahm den Teller und ließ sie stehen.
Dolly beobachtete Aria, dann nahm sie sie beiseite. »Wir beide treffen uns am Montag und reden mal von Frau zu Frau miteinander.«
In diesem Moment legte jemand eine Glenn-Miller-Platte auf, und die Paare gingen nacheinander zum Tanzen. Nur Mitch, Aria und J. T. blieben auf der kleinen Terrasse zurück.
»Dürfte ich um diesen Tanz bitten, Mrs. Montgomery?« fragte Mitch. J. T. sah nicht einmal von seinem Teller auf, als Aria an Mitchs Seite im Wohnzimmer verschwand.
Ihre erste Erfahrung mit der amerikanischen Art zu tanzen war äußerst schockierend für Aria. Noch nicht einmal der Graf, mit dem sie verlobt gewesen war, hatte es gewagt, sie so fest an sich zu ziehen!
»Sie müssen sich ein bißchen lockerer bewegen«, sagte Mitch, als Aria sich versteifte.
»Sind amerikanische Ehefrauen so? Ich meine — locker?«
»Wo kommen Sie denn her?«
»Aus Paris«, antwortete Aria schnell.
»Ah«, machte er und versuchte sie enger an sich zu ziehen, aber sie wehrte sich ein wenig. »Wenn Sie Französin sind, müßten Sie eigentlich etwas mehr von der Liebe verstehen.«
»Davon habe ich wirklich keine Ahnung«, erwiderte sie ernst.
Mitch lachte laut und drückte sie an sich. »Ich hab’ mich schon immer über den alten J. T. gewundert.«
Dolly drängte Bill neben Mitch. »Du solltest dich lieber benehmen«, warnte Dolly und deutete auf J. T., der in der Terrassentür stand.
Die anderen Paare hielten den Atem an, als J. T. zielsicher auf Aria und Mitch zusteuerte. Aber er ging an ihnen vorbei, als wären sie gar nicht vorhanden. »Bill, hast du ’ne Minute Zeit für mich? Ich möchte mit dir über den Einbau des Radars sprechen.«
»Jetzt? Mann, es ist Samstagabend!«
»Ich weiß, aber im Krieg gibt’s nun mal kein Wochenende. Könntest du morgen zum Stützpunkt fahren und noch einen Blick drauf werfen?«
»Am Sonntag?«
J. T. strich über sein Kinn. »Es ist das erste Radar, das wir haben, und ich bin mir nicht ganz sicher. Das verdammte Ding stammt aus Großbritannien, und ich weiß nicht, ob es in unseren Schiffen richtig funktioniert.«
Bill lächelte, aber Dollys Gesicht wurde starr, und sie entgegnete: »Ich denke, du solltest deinen freien Tag mit deiner Frau verbringen.«
»Ich habe Wichtigeres zu tun. Sag mal, Doll, hast du vielleicht einen deiner
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