Die programmierten Musen
müssen, aber ich hätte doch nie geglaubt, mal so einen kennenzulernen. Andererseits hätt’ ich mir auch nicht träumen lassen, jemals einen Verlegerverräter zu erleben.«
»Nun hör aber mal, Heloise, ich bin kein Verräter!« sagte Gaspard heftig und versuchte sich eine Antwort auf ihre höhnischen Worte zurechtzulegen. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nicht spioniert und das werde ich auch nicht. Es gefällt mir absolut nicht, was du hier getan hast – ich gebe auch gern zu, daß ich – als ich mich von dem Schlag deines weißen Gorillas erholt hatte – sofort hergelaufen bin, um die Wortmaschinen des Raketen-Verlages zu retten, wenn das möglich wäre! Dabei ist mir Zane unterwegs begegnet. Ja, ich verabscheue, was ihr sogenannten Autoren getan habt, aber selbst wenn ich eure Pläne gekannt hätte – was nicht der Fall war –, hätte ich die Sache vor der Gewerkschaft ausgetragen und wäre niemals zu den Bossen gerannt!«
»Aah, das kannst du Flaxman erzählen«, höhnte sein Exliebchen und zuckte die bloßen braunen Schultern. »Vielleicht verleiht dir der Raketen-Verlag eine Blechmedaille und gestattet dir die Lieferung neuer Titel für Nachdruckmanuskripte zu fünfzehn Prozent der Gewerkschaftshonorare. Du verdammter Verräter, da hinten am Bücherbaum hast du uns sogar aufhalten wollen!«
»Nein!« plärrte Gaspard. »Und wenn ich’s getan habe, dann nicht für die Bosse.« Er versuchte Miß Rosa von sich abzuhalten, um sich bei der Diskussion freier bewegen zu können, aber sie vibrierte nur und klammerte sich noch fester an ihn.
»Aah, ist das nicht hübsch?« bemerkte Heloise Ibsen. »Ist das nicht rosarot wonnig-schnuckelig? Du kannst dich bei Flaxman und Cullingham entschuldigen, du Verräter!«
Zane Gort, der inzwischen in sensationellen fünf Sekunden Wächter-Joe eine Information entrungen hatte und in weiteren vier Sekunden zu einem Wandschrank und zurück gelaufen war, kam mit einer Bahre heran. Er stellte sie auf den Boden und legte Miß Rosa vorsichtig darauf.
»Hilf mir, Gaspard«, sagte er hastig. »Wir müssen sie an einen ruhigen Ort bringen und ihr Elektrizität geben, ehe ihre ganzen Relais durchbrennen. Nimm das andere Ende.«
» Blech medaille, wie ich schon sagte!« sagte Heloise heiser. »Hätte ich doch gleich wissen müssen, daß für einen verdammten Robotfreund Verrat nur eine Kleinigkeit ist!«
»Heloise –« begann Gaspard, doch er erkannte, daß für Diskussionen keine Zeit mehr blieb. Die Gruppe der Autoren, von Miß Rosas Schreien und Zane Gorts tatkräftiger Kühnheit geschockt, erholte sich wieder und kam drohend näher. Als er das Ende der Bahre aufnahm und hinter Zane hinaustrottete, reckte Heloise die pralle Hüfte heraus und klatschte laut darauf. »Das können dir deine Blechfreunde nicht geben!« rief sie ihm heiser lachend nach.
Metallbrocken, von den aufgebrachten Schriftstellern geworfen, klapperten ringsum nieder. Zane schritt schneller aus, so daß Gaspard fast rennen mußte. Dicht neben ihm ging ein Kanonenschlag los.
»Aah«, schluchzte Homer Hemingway wütend und zündete an der qualmenden Wortmaschine seinen zweiten Feuerwerkskörper an. Vor dem Wurf kramte er in seinen überanspruchten Gedächtnisbänken nach der schlimmsten. Beleidigung, die er kannte.
»Verdammte Redakteure!« bölkte er.
Aber sein Geschoß flog drei Meter zu kurz und explodierte in dem Augenblick, als die Bahre, getragen von Roboter und Mensch, durch die Tür flitzte. Draußen ging Zane sofort langsamer. Gaspard stellte zu seiner Überraschung fest, daß er sich ausgezeichnet fühlte – er war aufgeregt und beschwingt. Seine Jacke war zerrissen, sein Gesicht schmutzverkrustet, und er hatte eine zitronengroße Schwellung am Kinn, aber er war innerlich und äußerlich durchaus am Leben.
»Zane, das war ganz toll, was du da mit Homer angestellt hast!« rief er. »Du alter Blechkopp, ich wußte gar nicht, was so in dir steckt.«
»Solche Sachen mache ich normalerweise auch nicht«, erwiderte der Roboter bescheiden. »Wie du weißt, schreibt das Erste Robotergesetz vor, daß einem Menschen unter keinen Umständen Schaden zugefügt werden darf, aber bei St. Isaac, der Betreffende muß doch auch einen gewissen menschlichen Mindeststandard aufweisen. Homer Hemingway tut das bestimmt nicht. Außerdem habe ich ihm nichts zuleide getan, sondern ihn nur heilsam bestraft.«
»Natürlich kann ich auch verstehen, daß sich meine Autorenkollegen über Miß Rosas Sprüche
Weitere Kostenlose Bücher