Die Propeller-Insel
weiß es nicht, Thatsache bleibt aber doch, daß die Zahl der Urbewohner immer mehr abnimmt. Die Colonie macht keine Fortschritte, weder in ihrer Entwicklung, noch in der Zunahme der Bevölkerung, wofür schon die geringe Zahl der Frauen gegenüber der der Männer den Beweis liefert.
– Das ist allerdings das Zeichen des baldigen Verlöschens einer Rasse, antwortet Frascolin, und in Europa giebt es auch einige Staaten, die an solchem Frauenmangel leiden.
– Hier sind übrigens, fährt der Commodore fort, die Eingebornen nicht wirkliche Leibeigne, so wenig wie die der benachbarten Inseln, die von den Pflanzern vielfach zur Urbarmachung des Bodens gemiethet werden. Sie gehen an Krankheiten zu Grunde, und zum Beispiel 1875 starben nur an den Blattern nicht weniger als dreißigtausend! Dennoch bleibt es ein herrliches Stückchen Erde, dieses Fidschi, wovon Sie sich ja noch selbst überzeugen werden. Ist die Temperatur im Innern der Insel auch recht hoch, so hält sie sich doch in mäßigeren Grenzen am Küstengebiete, das reich an Früchten und Gemüsen, wie auch an Cocospalmen, Bananen u. s. w. ist. Und die Leute haben eigentlich weiter nichts zu thun, als die Ignamen, die Taros – diese Aroidee spielt in der Ernährung der Eingebornen im Großen Ocean überhaupt eine sehr wichtige Rolle – und das nahrhafte Mark der Palmen, aus dem der Sago bereitet wird, einzuernten!
Die Flora der Insel ist von tropischer Ueppigkeit. (S. 309.)
– Der Sago! ruft Frascolin. Welche Erinnerung an unsern Schweizer Robinson!
– Was Schweine und Hühner betrifft, fuhr der Commodore Simcoë fort, so haben sich diese seit ihrer Einführung hier erstaunlich vermehrt. Aus dem allen ergiebt sich, daß es den Bewohnern sehr leicht wird, die nothwendigsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen. Leider neigen die Eingebornen deshalb auch zu tadelnswerther Trägheit, zum
far niente,
obwohl sie recht intelligent und beweglichen Geistes sind…
– Nun, wenn sie so geistvoll sind… unterbricht ihn Frascolin.
– Achten sie doch nicht auf ihre Kinder, die früh wegsterben,« erwidert der Commodore Simcoë.
In der That scheinen alle Eingebornen, die Polynesier, die Melanesier und andre, sich um die Kinderpflege blutwenig zu bekümmern.
Auf der Weiterfahrt nach Viti-Levu kommt Standard-Island noch an mehreren dazwischen liegenden Inseln, wie Vagua-Vatou, Moala und Ngan vorbei, ohne sich jedoch aufzuhalten.
Von allen Seiten umschwärmen seine Ufer ganze Flottillen von langen Piroguen mit gekreuzten Bambusstangen als Auslegern, die zur Erhaltung des Gleichgewichts des Bootes und zur Unterbringung der Ladung dienen. Sie kommen gelegentlich wohl näher, machen aber keinen Versuch, in einen der beiden Häfen einzudringen. Bei dem schlechten Rufe, in dem die Bewohner der Fidschi-Inseln stehen, hätte man es ihnen auch schwerlich gestattet.
Die Leute sind übrigens Christen geworden. Seit sich europäische Missionäre 1835 in Lecumba niederließen, sind fast alle wesleyanische Protestanten, untermischt mit einigen tausend Katholiken. Früher huldigten sie aber dem Cannibalismus so unmäßig, daß sie auch jetzt den Geschmack an Menschenfleisch noch nicht verloren haben dürften. Das hängt mit ihrer alten Religion zusammen. Ihre Götter liebten das Blut. Friedfertiges Wohlwollen wurde unter diesen Völkerschaften für eine Schwäche, eine Sünde angesehen. Damit, daß man einen Feind verzehrte, that man ihm noch eine Ehre an; den Mann, den man verachtete, ließ man zwar kochen, aß ihn aber nicht. Kindliche Körper bildeten bei den Festmahlen das Hauptgericht, und die Zeit ist noch gar nicht fern, wo der König Thakumbau es liebte, unter einem Baum zu sitzen, an dessen Zweigen überall für die königliche Tafel bestimmte Gliedmaßen hingen. Zuweilen wurde auch ein Stamm – und das ist den Nulocas auf Viti-Levu in der Nähe von Namosi widerfahren – bis auf wenige Frauen vollständig aufgezehrt. Eine dieser Frauen lebte noch im Jahre 1880.
Findet Pinchinat nun nicht auf irgendeiner dieser Inseln noch Enkelkinder von Menschenfressern, die die Sitte ihrer Großväter bewahrt haben, so wird er wohl darauf verzichten müssen, einen Rest von Localfarbe auf den Archipelen des Stillen Oceans zu Gesicht zu bekommen.
Die Westgruppe der Fidschis enthält zwei große Inseln, Viti-Levu und Vanua-Levu, nebst zwei mittleren, Kantavu und Taviuni. Mehr im Nordwesten liegen die Inseln Wassava und öffnet sich der Canal der Insel Ronde, durch den der
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