Die Propeller-Insel
Commodore Simcoë steuern muß, um nach den Neuen Hebriden hinauf zu gelangen.
Am Nachmittage des 25. Januar werden die Höhen von Viti-Levu am Horizonte sichtbar. Diese bergige Insel ist die bedeutendste des Archipels, etwas um ein Drittel größer als Corsica, das heißt, sie umfaßt zehntausendsechshundertfünfundvierzig Quadratkilometer.
Ihre Gipfel erheben sich bis auf zwölf-und sogar fünfzehnhundert Meter über das Meer. Es sind erloschne oder wenigstens eingeschlafne Vulcane, deren Wiedererwachen allemal recht unerwünscht sein dürfte.
Viti-Levu ist mit seiner nördlichen Nachbarin Vanua-Levu durch eine unterseeische Klippenreihe verbunden, die in der Urzeit jedenfalls über die Wasserfläche emporragte. Ueber diese Barre konnte sich Standard-Island jedoch ruhig hinwegbegeben. Uebrigens schätzte man sonst die Wassertiefe nördlich von Viti-Levu auf vier-bis fünfhundert, und südlich davon auf fünfhundert bis zweitausend Meter.
Die Hauptstadt des Archipels war früher Levuka auf der Insel Ovalau, im Osten von Viti-Levu. Die von englischen Häusern gegründeten Handelsniederlassungen sind daselbst vielleicht auch jetzt noch bedeutender als die von Suva, der gegenwärtigen Hauptstadt auf der Insel Viti-Levu. Dieser Hafenplatz bietet aber der Schiffahrt besondre Vortheile, da er zwischen zwei Deltas im äußersten Südosten der Insel liegt. Der Landungsplatz der Packetboote, die nach den Fidschi-Inseln kommen, befindet sich in der Bucht von Ngalao, im Süden der Insel Kalandava und am nächsten dem benachbarten Neuseeland, Australien und den französischen Besitzungen von Neu-Caledonien und den Loyalty-Inseln.
Standard-Island geht vor dem Hafen von Suva vor Anker. Alle Formalitäten werden noch an demselben Tage erfüllt und der gegenseitige freie Verkehr gestattet. Da das für die Colonisten ebenso wie für die Eingebornen nur von Vortheil sein kann, sind die Milliardeser sich eines vortrefflichen Empfanges sicher, woran freilich wohl mehr das Interesse als die Sympathie Antheil haben. Man darf hier auch nicht vergessen, daß die Fidschi-Inseln von der Krone abhängen, und daß die Beziehungen zwischen dem
Foreign-Office
und der Standard-Island Compagnie, die auf ihre Unabhängigkeit so eifersüchtig ist, von jeher gespannter Natur waren.
Am nächsten Tage, dem 26. Januar, begeben sich die Händler von Standard-Island, die Einkäufe und Verkäufe abschließen wollen, frühzeitig ans Land. Die Touristen, und darunter unsre Pariser, bleiben natürlich nicht zurück. Obgleich Pinchinat und Yvernes gern Frascolin – den Lieblingsschüler des Commodore Simcoë – wegen seiner »ethno-rasantogeographischen« Studien, wie Seine Hoheit sagt, etwas aufziehen, ziehen sie doch ebenso gern aus seinen Kenntnissen Vortheil. Auf die Fragen seiner Kameraden über die Bewohner von Viti-Levu und über ihre Sitten und Gebräuche hat die zweite Violine stets eine lehrreiche Antwort zur Hand. Heute läßt sich sogar Sebastian Zorn herab, sich fragend an ihn zu wenden, und als Pinchinat dabei erfährt, daß dieses Land vor gar nicht so langer Zeit noch der Hauptschauplatz der Menschenfresserei gewesen sei, kann er einen Seufzer nicht unterdrücken und sagt:
»Ach ja… wir aber kommen zu spät, und Ihr werdet sehen, daß diese von der Civilisation entnervten Fidschier bis aufs Hühnerfricassée heruntergekommen und Seiner Majestät dem Schweine zu Füßen gefallen sind!
– Du Anthropophage! ruft ihm Frascolin zu, Du hättest verdient, die Tafel des Königs Thakumbau zu zieren…
– He, ein
Entrecôte
von Pinchinat
à la Bordelaise
…
– Schweigt nur still, erwidert Sebastian Zorn, wenn wir mit unnützen Redereien unsre Zeit verlieren…
– So werden wir durch den Vormarsch auch keinen Fortschritt erzielen! ruft Pinchinat. Da hast Du eine unklare Phrase, wie Du sie liebst, mein alter Violoncellist! Doch Du hast Recht, also vorwärts marsch!«
Die an der rechten Seite einer kleinen Bucht erbaute Stadt Suva bedeckt mit ihren Häusern den Abhang eines grünenden Hügels. Sie hat Quais zum Anlegen für die Schiffe, Straßen mit Trottoirs aus Holzplanken, ganz so, wie man sie häufig in Seebädern am Strande findet. Die hölzernen, meist nur aus einem Erdgeschoß, zuweilen, doch selten, noch aus einem Obergeschoß bestehenden Häuser sind freundlich und kühl. In der Umgebung sieht man Hütten der Eingebornen mit in Hörner auslaufenden und mit Muscheln verzierten Giebelstöcken. Die recht solid hergestellten
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