Die Propeller-Insel
vorherrscht, beglückwünscht sich das Quartett, daß die Gesetze der Gastfreundschaft hier offenbar nicht in hoher Achtung stehen.
Vor der Wohnung des Häuptlings – eines hochgewachsenen Insulaners von wildem Aussehen und harten Gesichtszügen – angelangt, tritt ihnen dieser jedoch inmitten eines Gefolges von Eingebornen einige Schritte entgegen. Sein kraushaariger Kopf erscheint von Kalk ganz weiß. Er hat das Staatscostüm angelegt, ein streifiges Hemd, einen Gürtel um den Leib, am linken Fuß einen ausgetretnen gestickten Pantoffel und – Pinchinat wollte schon immer vor Lachen platzen – einen schäbigen, blauen, vielfach geflickten Rock mit goldnen Knöpfen, dessen ungleich lange Schöße ihm um die nackten Beine flattern.
Während er auf die Gruppe der Papalangis (Fremden) zuschreitet, stolpert der Häuptling über einen niedrigen Baumstumpf, verliert das Gleichgewicht und fällt der Länge nach hin.
Entsprechend der Etiquette des »Bale muri« straucheln sofort scheinbar auch alle Begleiter des Häuptlings und sinken zur Erde, »um jenem Falle den Charakter der Lächerlichkeit zu nehmen«.
Darüber gab der Pilot Aufklärung und Pinchinat billigt diese Formalität, die übrigens – wenigstens seiner Ansicht nach – auch nicht lächerlicher sei, als viele andre, die an europäischen Höfen gebräuchlich sind.
Nachdem sich alle wieder erhoben haben, wechseln der Häuptling und der Lootse einige Worte in der Landessprache, wovon das Quartett natürlich keine Silbe versteht. Nach der Uebersetzung des Lootsen drehte sich das kurze Gespräch nur darum, welche Absicht die Fremden nach dem Dorfe Tampoo geführt hätte. Darauf war die Antwort erfolgt, daß sie das Dorf nur einfach zu besichtigen und einen Spaziergang in dessen Umgebung zu machen wünschten. Nach einigen weitern Fragen und Antworten wurde die Erlaubniß dazu ertheilt.
Der Häuptling giebt über das Erscheinen der Touristen weder Freude noch Mißvergnügen zu erkennen, und auf ein Zeichen von ihm ziehen sich die Eingebornen in ihre Strohhütten zurück.
»Alles in allem scheinen die Leute hier nicht so bösartiger Natur zu sein, bemerkt Pinchinat.
– Das ist aber doch kein Grund, irgendeine Unklugheit zu begehen,« antwortet Frascolin.
Eine Stunde lang lustwandeln die Künstler im Dorfe umher, ohne im geringsten belästigt zu werden. Der Häuptling im blauen Rocke hat sich wieder in seine Hütte begeben, und die Eingebornen läßt die ganze Sache offenbar ganz gleichgiltig.
Nachdem sie durch die Dorfstraßen von Tampoo spaziert sind, in denen sich keine Strohhütte öffnet, um sie gastlich zu empfangen, begeben sich Sebastian Zorn, Yvernes, Pinchinat, Frascolin und der Lootse nach nahe gelegnen Tempelruinen, einer Art Eulennestern unsern eines Hauses, in dem der Zauberer der Ortschaft wohnt.
An seine Thür gelehnt, wirst ihnen dieser Zauberer einen keineswegs ermuthigenden Blick zu, und seine Bewegungen scheinen anzudeuten, daß er ihnen ein schlimmes Geschick wünschen möchte.
Frascolin sucht sich mit Hilfe des Lootsen mit dem Wundermann in Verbindung zu setzen Da nimmt dieser aber einen so abstoßenden Gesichtsausdruck und eine so drohende Haltung an, daß man jede Hoffnung aufgeben muß, diesem fidschischen Stacheligel ein Wort zu entlocken.
Inzwischen hat sich Pinchinat trotz an ihn ergangner Warnungen etwas entfernt und begiebt sich in ein dichtes Bananengehölz, das sich einen Hügelabhang hinaufzieht.
Als dann Sebastian Zorn, Yvernes und Frascolin, entmuthigt durch den grollenden Zauberer, sich anschicken, Tampoo zu verlassen, vermissen sie plötzlich ihren Kameraden.
Nun ist es aber schon Zeit geworden, nach dem Boote zurückzukehren. Bald muß die Ebbe einsetzen, und die wenigen Stunden, die sie anhält, sind nicht zu viel, um den Lauf der Rewa hinabzufahren. Beunruhigt durch die Abwesenheit Pinchinat’s, ruft Frascolin ihn mit lauter Stimme.
Sein Ruf bleibt ohne Antwort.
»Wo ist er denn? fragt Sebastian Zorn.
– Ja… ich weiß es nicht… antwortet Yvernes.
– Hat einer von Ihnen Ihren Freund weggehen sehen?« erkundigt sich der Lootse.
Nein, keiner hat das gesehen.
»Er wird vom Dorfe aus jedenfalls auf einem Fußwege nach dem Boote zurückgekehrt sein, meint Frascolin.
– Daran hätte er unrecht gethan, antwortet der Pilot, doch gehen wir ihm nach, ohne Zeit zu verlieren!«
Schwer geängstigt brechen alle auf. Der Pinchinat macht immer solche Streiche, und die Wildheit der Eingebornen, die jeder
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