Die Propeller-Insel
auf Deine Mühle, alter Brummbär! Etwas in recht hochzeitlichem Genre mit einer Menge Spiccatos, Allegros, Molte agitatos, und einer rührenden Coda… Die Note zu fünf Dollars.
– Nein… Dieses Mal ohne Honorar, erklärt Frascolin. Das soll ein Obulus sein, den das Concert-den Nabobs von Standard-Island darbringt.«
Der Violoncellist erklärt sich nach einigem Zureden bereit, den Eingebungen der Göttin der Musik zu folgen, wenn die Göttin der Poesie das Herz Yvernes’ mit den ihrigen erfüllt.
Aus dieser edeln Gemeinschaft sollte also die Cantate der Cantaten – ein Seitenstück zu dem »Gesang der Gesänge« – zu Ehren der Tankerdon’s und der Coverley’s hervorgehen.
Am Nachmittag des 10. verbreitet sich das Gerücht, daß von Nordosten her ein großer Dampfer in Sicht sei. Seine Nationalität ist nicht zu erkennen, da er noch etwa zehn Meilen entfernt ist und es auf dem Meere bereits etwas dunstig zu werden anfängt.
Der Dampfer ist in voller Fahrt und allem Anscheine nach hält er auf Standard-Island zu. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er aber erst mit dem Sonnenaufgang des nächsten Tages landen.
Diese Nachricht bringt eine unbeschreibliche Wirkung hervor. Alle weibliche Phantasie schwelgt schon in dem Gedanken an die Schmucksachen, die Modeartikel und Kunstgegenstände, die dieses in einen fünf-bis sechshundertpferdekräftigen Mitgiftsschrank verwandelte Fahrzeug bringen soll.
Es war kein Irrthum, das Schiff ist nach Standard-Island bestimmt. Früh am Morgen ist es um den Pier des Steuerbordhafens herumgekommen und zeigt jetzt an seinem Maste die Flagge der Standard-Island Company.
Plötzlich verbreitet sich eine weitere Nachricht, die die Telephone von Milliard-City bekanntgeben: die Flagge jenes Dampfers ist Halbmast gehißt.
Was mag geschehen sein? Ein Unglück… ein Todesfall an Bord? Das wäre ein schlimmes Vorzeichen für die Eheschließung, die die Zukunft Standard-Islands sichern soll.
Nein, die Sache liegt anders. Das betreffende Schiff ist gar nicht das erwartete und kommt auch nicht aus Europa, sondern vom amerikanischen Ufer, aus der Magdalenenbucht. Der Dampfer, der die Ausstattung bringen soll, hat ja noch Zeit. Die Hochzeit ist auf den 27. Februar festgesetzt und heute schreibt man erst den 11.; da liegt also noch eine ziemliche Frist dazwischen.
Was will jenes Schiff aber dann?… Welche Nachrichten bringt es?… Warum die Flagge auf Halbmast? Warum hat es die Direction der Gesellschaft bis nach den Neuen Hebriden hinausgesendet, um Standard-Island hier aufzusuchen?
Sollten die Milliardeser eine dringliche Mittheilung erhalten, die von ausnehmend schwerwiegender Bedeutung war?
Darüber sollte man bald genug Aufschluß erhalten. Kaum hat der Dampfer am Quai festgelegt, als ein Passagier ans Land springt.
Es ist einer der Hauptagenten der Gesellschaft, der aber auf alle Fragen der zahlreich am Quai des Steuerbordhafens zusammengeströmten Neugierigen keine Antwort giebt.
Ein Tramwagen soll eben abgehen, und ohne einen Augenblick zu verlieren, nimmt der Agent darin Platz.
Zehn Minuten später vor dem Stadthause angelangt, läßt er den Gouverneur um eine Audienz »in höchst dringlicher Angelegenheit« ersuchen, und diese wird ihm sofort bewilligt.
Cyrus Bikerstaff empfängt den Agenten in seinem Cabinet, dessen Thür geschlossen wird.
Noch ist keine Viertelstunde verflossen, da sind schon alle dreißig Mitglieder des Rathes der Notabeln telegraphisch benachrichtigt, sich schleunigst im Sitzungssaale einzufinden.
Dazwischen durchschwirren die Stadt die unglaublichsten Gerüchte, und die Befürchtungen, die der Neugier folgen, erreichen den höchsten Grad.
Zwanzig Minuten vor acht Uhr ist der Rath unter dem Vorsitz des Gouverneurs und seiner zwei Adjuncten zusammengetreten. Hier giebt der Agent folgende Erklärung ab:
»Am 23. Januar hat die Standard-Island Company Limited ihren Concurs anzeigen müssen und Mr. William T. Pomering ist zum Liquidator ernannt worden, mit der Vollmacht, die Interessen der genannten Gesellschaft nach besten Kräften zu vertreten.«
William T. Pomering, dem dieser Auftrag zutheil wurde, war der Agent selbst.
Wie ein Lauffeuer verbreitet sich diese Nachricht, doch ohne die Wirkung hervorzubringen, an der es ihr in Europa gewiß nicht gefehlt hätte. Sehr erklärlich! Standard-Island ist ja ein »losgerissenes Stück der Vereinigten Staaten von Amerika«, wie Pinchinat sagt. Ein Fallissement ist aber nicht dazu angethan, Amerikaner
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