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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Natur eine Binde um die Augen gelegt hat. Mrs. Coverley und Mrs. Tankerdon dagegen sind – wenigstens nach Calistus Munbar’s Behauptung – freilich nicht so blind. Die Mütter haben ihre Augen nicht, um damit nichts zu sehen, und die Herzensangelegenheiten ihrer Kinder machen ihnen schwere Sorgen, da das einzige Heilmittel dafür ausgeschlossen erscheint. Sie fühlen recht gut, daß bei der Feindseligkeit der zwei Rivalen, bei ihrer in der Frage des Vortritts leicht verletzten Eigenliebe, an eine Versöhnung, eine Vereinigung kaum zu denken ist. Walter und Miß Dy lieben einander aber doch – ihren Müttern ist das schon längst kein Geheimniß mehr.
    Wiederholt ist dem jungen Manne schon nahe gelegt worden, eine Wahl unter den heiratsfähigen jungen Damen der Backbordhälfte zu treffen, wo es recht hübsche, sein gebildete und auch seinen Vermögensverhältnissen entsprechende Evastöchter giebt, deren Familien eine solche Verbindung mit Freuden begrüßen würden.
    Sein Vater und seine Mutter haben ihn, wenn auch letztere nicht drängend, dazu zu veranlassen gesucht. Walter hat es immer mit der Einwendung, keine Neigung zum Heiraten zu verspüren, abgeschlagen. Das paßt aber dem alten Kaufmann von Chicago nicht. Wer mehrere hundert Millionen besitzt, der soll und darf nicht Hagestolz werden. Findet sein Sohn keine ihm zusagende Partie auf Standard-Island, gut, so mag er reisen, mag er nach Amerika oder nach Europa gehen. Mit seinem Namen, seinem Vermögen und seiner äußern Erscheinung wird er nur die Qual der Wahl haben… und selbst wenn er sich um eine königliche oder kaiserliche Prinzessin bewürbe! So drückt sich Jem Tankerdon aus. Doch allemal, wenn sein Vater ihn auf diese Weise an die Mauer gedrückt hat, weigert sich Walter, diese zu übersteigen, um in der Fremde eine Gattin zu sachen. Seine Mutter hat ihm deshalb auch schon öfters gesagt:
    »Mein liebes Kind, giebt es denn etwa hier ein Mädchen, die Dir besonders gefiele?
    – Ja, liebe Mutter!« lautete dann seine Antwort.
    Da Mrs. Tankerdon aber nie so weit ging, ihn zu fragen, wer diese wäre, hat er es nicht für angezeigt gehalten, sie zu nennen.
    Ganz ähnlich liegt es bei der Familie Coverley; denn daß der einstige Banquier von New-Orleans seine Tochter mit einem der jungen Herrn, die an den beliebten Empfangsabenden in seinem Hause verkehren, vermählt zu sehen wünscht, unterliegt gar keinem Zweifel. Paßt jener davon keiner, gut, so werden ihre Eltern sie ins Ausland mitnehmen… werden Frankreich, Italien, Deutschland besuchen… dann erklärt indeß Miß Dy stets, sie ziehe es vor, in Milliard-City zu bleiben… sie fühle sich auf Standard-Island besonders wohl… und wünsche es nie verlassen zu müssen. Mr. Coverley wird durch diese Antwort, deren wirkliches Motiv ihm entgeht, nicht wenig beunruhigt.
    Mrs. Coverley hat ihrer Tochter übrigens keine so directe Frage gestellt, wie Mrs. Tankerdon ihrem Sohne, auch liegt die Annahme nahe, daß Miß Dy nicht mit der gleichen Freimüthigkeit – nicht einmal ihrer Mutter – zu antworten gewagt hätte.
    So liegen zur Zeit die Dinge. Obwohl sie sich über die Natur ihrer Gefühle nicht mehr täuschen können, seitdem sie manchmal einen verständnißinnigen Blick gewechselt haben, ist zwischen den jungen Leuten darüber noch kein Wort gefallen. Sie treffen sich auch nur in den officiellen Salons, bei den Empfängen Cyrus Bikerstaff’s oder bei irgendwelcher Feierlichkeit, von der sich die Milliardeser Notabeln ohne Gefährdung ihres gesellschaftlichen Ranges nicht ausschließen können. Bei solchen Gelegenheiten beobachten Walter Tankerdon und Miß Coverley die strengste Zurückhaltung, da jede Unklugheit ihrerseits die unliebsamsten Folgen hervorrufen kann.
    Sehr erklärlich erscheint hiernach die verblüffende Wirkung des merkwürdigen Vorfalles auf dem Balle des Gouverneurs, eines Ereignisses, in dem zu Uebertreibungen geneigte Köpfe einen Scandal haben erkennen wollen und von dem am folgenden Tage die ganze Stadt voll ist. Und doch ging die Sache so ungemein einfach zu. Der Oberintendant hat Miß Coverley zwar zum Tanze aufgefordert, sich aber bei Beginn der Quadrille… der abscheuliche Munbar!… nicht rechtzeitig eingefunden; Walter Tankerdon ist deshalb an seine Stelle getreten, und Miß Dy hat ihn doch als Partner annehmen müssen.
    Daß diese für die feinere Welt Milliard-Citys so wichtige Thatsache zu den verschiedensten Deutungen Anlaß gab, ist nicht nur

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