Die Prophetin von Luxor
sie hoch, packte sie mit beiden Händen an der Taille und drang so tief, daß sie überzeugt war, er war an ihre Gebärmutter gestoßen. Cheftus Namen schluchzend, zerfiel sie in hundert, nein, tausend Stücke, dann brach er über ihr zusammen und wischte dabei das verschwitzte Haar und die salzigen Tränen aus ihrem Gesicht.
Als Chloe aufwachte, fühlte sie sich wie ein Erdbebenopfer am Morgen danach. Alle Grenzen, die Wände und der Boden hatten sich verschoben. Nichts war so, wie sie geglaubt hatte. Sie war froh, daß niemand bei ihr war und sie allein die Konsequenzen abwägen konnte. Cheftu war Franzose. François. Ein Schauer durchlief sie ... vor Wollust und Angst. Was würde jetzt geschehen? Gezeichnet durch ein Sortiment von überstrapazierten Muskeln und bereits blau anlaufenden Flecken, humpelte sie zum Nachttopf.
Cheftu war nicht da.
Sie lief ans Fenster, bedacht, daß man sie nicht nackt sah. Nur das übliche Treiben im Hof, hin und her eilende Menschen ... kein gut gebauter, kräftiger, deplazierter Franzose. Er hatte sie doch gewiß nicht verlassen? Nein, selbst wenn sie keine fünf Sachen über ihn wußte, so wußte sie doch, daß er ein Ehrenmann war und daß er sie haben wollte. Er würde zurückkommen. War er traurig, daß sie nicht RaEm war? Chloe kehrte langsam zu ihrer Liege zurück und ließ sich darauf fallen, um in dem Gefühl des kühlen Leinens auf ihrer Haut zu schwelgen.
Sie erwachte, weil jemand leise die Tür öffnete. Cheftu trat ein, mit einer Trauermiene wie auf einer Beerdigung. Ohne sie auch nur anzusehen, offenbarte er ihr in seinem schwer verständlichen Englisch: »Mein Verhalten gestern nacht war unverzeihlich. Dich als Sündenbock für meinen Zorn zu nehmen, ist schändlich. Ich weiß nicht einmal, wer du bist, und doch habe ich dich wie eine Hure behandelt.« Seine Bernsteinaugen blickten in ihre. »Schlimmer als eine Hure.« Er schluckte. »Seit ich dir begegnet bin, habe ich dich die ganze Zeit nur für die Vergangenheit bestraft, eine Vergangenheit, die du nicht einmal kennst.«
Chloe saß wie vom Blitz getroffen da. Das war in keiner Hinsicht der distanzierte, aber schöne Mann, den sie bislang kennengelernt hatte. Er richtete den Blick auf einen Punkt irgendwo hinter ihr. »So verhalte ich mich gewöhnlich nicht.« Er fuhr sich mit der Zunge über die geschwollenen Lippen. »Gestern nacht sind mir mehrere unerwartete Dinge widerfahren.« Sie schwieg. »Auch wenn das mein Verhalten nicht entschuldigt.« Er blickte ihr ins Gesicht und hielt den Atem an, als sie mit den Fingern durch sein Haar fuhr.
»Was für unerwartete Dinge?« erkundigte sie sich und errötete gleich darauf, da er eine Braue hochzog. »Abgesehen von den offensichtlichen.«
Er biß sich auf die Lippe. »Es gibt nichts mehr in meinem früheren Leben, was jetzt noch Bedeutung für mich hätte. Meine Berufung, meine Träume, meine Familie -« Seine Stimme brach. »Seit Hunderten von Jahren dahin.« Er sah zu ihr auf. »Für mich zählt nur noch das Jetzt. Dich aus der Gefahr zu bringen, diesen politischen Sturm zu überstehen.« Er stand wieder auf und sah sie mit glühenden Augen an.
»Das Überraschendste gestern nacht war - daß ich begriffen habe, wie sehr ich dich liebe.« Ohne auch nur Luft zu holen, fuhr er fort: »Du warst noch unberührt, aber ich habe dich wie ein Tier genommen.« Stöhnend rieb er mit der Hand über sein Gesicht. »Ich kann nicht glauben, was ich da getan habe. Noch nie habe ich so die Beherrschung verloren.«
Chloe zog seine Hand weg und blickte in seine goldenen Augen. »Was hast du gesagt?«
»Daß ich dich liebe. Das Gelübde, das ich abgelegt habe, kam von Herzen.«
»Liebst du mich oder RaEmhetepet?«
»Dich. Das Mädchen aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Das immer fragt: >Was wäre wennc, und das in der Nacht malt.« Er erbleichte unter seinen Worten.
»Ich kann es immer noch nicht glauben«, flüsterte er.
»Seit wann?«
»Was?«
»Seit wann liebst du mich?«
Cheftu lachte leise. »Seit ich deinen bezaubernden derrière gesehen habe.« »Bezaubernd?«
»Mmm, oui.«
»Und was kam dann?«
»Dann habe ich gesehen, wie elegant du mit Hatschepsut, ewig möge sie leben!, fertig geworden bist.«
»Ich bin kurz darauf zusammengeklappt. Geschichte war noch nie meine Stärke.« Tut mir leid, Mom, entschuldigte sie sich im Geist.
Er wand eine Strähne ihres Haares um seinen Finger. »Ich habe deinen Leib auch begehrt, als du mich um ein Haar erschossen
Weitere Kostenlose Bücher