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Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
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ausgesehen hatten. Eines Nachts bin ich durch Karnak geschlendert. Ich bin in Hathors Kammer getreten und in einen Mahlstrom der Sinne geraten. Da war noch jemand anderer, ein zweiter Junge, der genauso alt war wie ich. Ich habe ihn gepackt, obwohl es viel zu -«, er suchte nach dem richtigen Wort, »zu neblig war, um irgendwas zu sehen. Aufgewacht bin ich in den Kleidern eines W’rer-Priesters in Hathors Silberkammer.
    Tagelang konnte ich nichts sehen, und die Ärzte meinten, ich würde unverständliche Dinge murmeln. Als Cheftu, der Junge, aufwachte, war er in einer anderen Familie, einer anderen Welt gelandet. Einer Welt, in der ich als Mann galt. Als Kopf des Haushalts. Aufgrund meiner >Erfahrung< sagte man, ich sei dem Großen Gott geweiht, und so wurde bestimmt, daß ich den Neter-Priestern diente und deren Geheimnisse lernte.«
    Schweigend saß sie da. Sie würde ihn nicht fragen.
    »Zwei Jahre lang habe ich das Haus des Lebens kein einziges Mal verlassen. Mein Leben bestand nur noch aus Körpersäften, Kräutern, Zaubersprüchen, chirurgischen Eingriffen. Dann durfte ich wieder gehen und als Heiler arbeiten.« Er seufzte. »Ich war jung und dumm.« Seine Finger spielten in Chloes Haar. »Meine Familie gehörte zur Aristokratie. Zu den Adligen Ägyptens. Es war an der Zeit, mir eine Frau zu suchen. Höchste Zeit, um genau zu sein. Ich hatte RaEm ein einziges Mal in einem Garten geküßt, obwohl ich damals nicht wußte, wer sie war. Später begegnete ich ihr auf einem Fest Pharaos wieder.« Er senkte den Blick. »Sie, oder eher ihr, habt euch immer nahegestanden. Sie war eine von Hats wenigen Freundinnen.«
    RaEm fand mich attraktiv, und da sie nicht verheiratet war und damals auch gerade nicht im Tempel gedient hat, lud sie mich ein, sie in ihrem Landhaus im Delta zu besuchen. Sie war von Kindheit an Priesterin gewesen, deshalb war sie viel erwachsener als ich, ohne Obhut und ohne feste Regeln. Sie war zwar jünger, aber sehr begabt. Ich war heißblütig, und mich leitete nur mein ... Nun gut, bevor ich begriff, was ich da tat, hatte ich sie schon ins Bett gezogen.« Er hielt kurz inne, und Chloe spürte die Spannung in seinem Körper.
    »Oder eher sie mich.«
    Ein paar Sekunden saß er schweigend da und starrte in die Nacht vor dem Fenster hinaus. »Ich eilte heim, beschämt, verängstigt, und wollte um ihre Hand anhalten. Ich hatte das Gefühl, das sei meine Pflicht. Der Franzose in mir hatte keine andere Wahl, doch mir war klar, daß die Ehe etwas sehr Ern-stes ist. Anders als in meinem Land wird Ehebruch hier nicht geduldet. Also wandte ich mich an meinen Vater, der sich an ihren Vater wandte, und der Ehevertrag wurde aufgesetzt.
    Da wir beide der Oberschicht angehörten, sollte ein großes Hochzeitsfest stattfinden. Ihre Familie, ihre Freunde, meine Familie und Freunde kamen. Selbst Pharao schickte ein Geschenk. Nur RaEmhetepet tauchte nicht auf.« Er sagte das sachlich und ohne sich den Zorn und die Scham von damals anmerken zu lassen.
    Chloe durchsuchte ihr zweites Gedächtnis nach einem Schlüssel, einem Wort, einem Anhaltspunkt, mit dem sie dem Mann an ihrer Seite RaEms Handlungsweise erklären konnte.
    »Und?«
    Cheftu preßte die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. »Natürlich wurde die Sache immer peinlicher, je weiter die Nacht voranschritt. Später habe ich gehört, daß sie mit dem Grafen des Anubis-Gaus auf der Jagd war. Sie hat den Vorfall nie aufgeklärt oder sich dafür entschuldigt. Es war ihr einfach entfallen.«
    »Was ist mit ihren Eltern?«
    »Sie fühlten sich entehrt. Eine derartige Respektlosigkeit den eigenen Eltern gegenüber ist einem Ägypter unvorstellbar. Aber im Grunde war sie selbst ihren Eltern fremd. Man hatte sie noch vor ihrem zweiten Geburtstag in den Tempel gebracht. Ich kannte sie besser als ihre eigenen Eltern.«
    »Hast du sie geliebt?« Augenblicklich verabscheute sich Chloe für diese Frage.
    »Ich habe es geglaubt. Falls Liebe bedeutet, daß man seine Verantwortung übernimmt und seine Pflichten erfüllt. La vérité est, daß sie geradezu bedrohlich begehrenswert war. Wohlhabend, wunderschön, wild. Sie machte mich stolz.« Er lachte leise. »Bis sie mich auf dem Fest sitzenließ. Da habe ich erfahren, wie leicht man sich in seinem Stolz täuschen kann. An dieser Lektion lerne ich seitdem.«
    Er küßte sie auf die Schulter und verfolgte seine Hände auf ihrem Weg über ihre Haut. »Ich werde dich lieben, Chloe ->jung und grünend< - was für ein passender

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