Die Prophetin von Luxor
war. Sie sah ihn an und begriff, daß sie Cheftu ungeachtet seines Alters, seiner Nationalität oder seines Namens liebte. Nicht dafür, woher er stammte, sondern dafür, was er war, welches Risiko er einging, wie sehr er sich um andere Menschen kümmerte. Was für Gefühle er in ihr weckte.
Sie trat neben seine reglose Gestalt. Dann nahm sie seinen Arm und führte ihn zur Liege. »Setz dich, geliebter Bruder«, sagte sie mit einem Blick in seine ausdruckslosen, ratlosen Augen. Was war los mit ihm? Hatte er eine Art Schock? Leise ägyptisch auf ihn einredend, drückte sie ihn auf die Liege nieder und fragte sich zugleich, was sie tun sollte, falls er tatsächlich krank wurde. Er starrte mit leeren Augen an die Decke.
»Cheftu, Cheftu, erwache, begrüße die Nacht, begrüße RaEmhetepet«, sagte sie. Keine Reaktion. Sie nahm seinen Puls. Er raste, und Cheftus Atem ging in kleinen, tierähnlichen Stößen. Was hatte ihn nur so mitgenommen? Daß Napoleon den Krieg verloren hatte? Daß jemand anderer den Schlüssel zu den Hieroglyphen entdeckt hatte? Was tat das hier und jetzt zur Sache?
Sie hob den neben der Liege stehenden Weinkrug auf und sprenkelte etwas Wein auf sein Gesicht. Er blinzelte nicht einmal. Sie klatschte ihm Wasser ins Gesicht. Niente.
Vor Reue auf der Unterlippe kauend, versetzte sie ihm eine Ohrfeige. Er reagierte nicht, er zuckte nicht einmal. Sie sank auf den Stuhl, dachte nach und bekam allmählich Angst. Wieso war er so ausgeflippt? Zu guter Letzt brüllte sie ihn auf französisch an »François, François, wach auf, Champollion schafft es ohne dich!«
Augenblicklich war er hellwach, fluchend und schimpfend, doch mit wirrem Blick. Chloe packte ihn am Arm, um ihn zu besänftigen, und er riß sie an sich, vor Zorn knurrend und verloren in seiner ganz eigenen Welt. So aufgewühlt, daß er zitterte, preßte er sie mit dem Rücken gegen die Wand, küßte sie, bis ihre Lippen schmerzten, und erfüllte sie mit seiner dämonischen Energie. Seine Hände drückten sie an seinen Leib, gegen seine Nacktheit und seine Kraft war unmöglich anzukommen.
Chloe wartete, bis er Luft holen mußte, dann rannte sie los. Noch ehe sie zwei Schritte weit gekommen war, hatte er sie eingeholt und riß sie rücklings gegen seine Brust. Ihre verzweifelten Versuche, ihm davonzulaufen, erzürnten ihn noch mehr, und dann spürte sie seine Hitze und seine Härte in ihrem Rük-ken.
In heiserem Französisch verfluchte er jemanden dafür, daß er ihn betrogen habe, daß er nicht an ihn geglaubt habe, daß er nicht auf ihn gewartet habe. Er schien zu glauben, sie sei ein Werkzeug desjenigen, der ihn so hintergangen hatte, und röchelte ihr ins Ohr, was für ein Vergnügen es ihm bereiten würde, Rache zu nehmen. Chloe wehrte sich nach Kräften, doch er drückte sie an seinen Körper, ohne daß seine Hände sie auch nur einmal losgelassen hätten und ließ mit seinen Lippen und seiner Zunge ihr Hirn zu einem Haufen rotglühender Asche schmelzen.
Dann begann er, sie zu streicheln, und Chloe spürte, wie sie sich an ihn zu schmiegen begann. Seine Berührungen waren sanfter geworden, und seine liebkosenden Hände brachten schließlich doch den Stein ins Rollen. Mit seiner rauhen Wange an ihrer Schulter fielen sie gemeinsam auf die Liege. Sie bebte, glühte und war rasend hungrig auf ihn. Dann zog er sich unvermittelt zurück.
Wieder starrte er blind in die Luft.
Sie fuhr mit ihren Fingernägeln über seine nackte Brust. Von einer anderen Frau hatte er nichts gesagt. Alle anderen Fragen konnten warten. »Wage es nicht, mich so hängenzulassen«, zischte sie.
Mit einem Knurren manövrierte er sie auf Hände und Knie, dann legte er einen Arm um ihre Taille. Sie spürte seine Berührung, als er sie auszufüllen begann und, vor Erregung stöhnend, ihren Hals und ihre Schulter küßte. Es war eine umfassende Erfahrung, so als hätte er sich mit einemmal in einen Oktopus verwandelt und würde all ihre Bedürfnisse gleichzeitig befriedigen. Er preßte sich an sie und bewegte sich bestrickend langsam in ihr. Ihre Ohren brannten unter seinen Worten, die von seinen Händen und Lippen noch bekräftigt wurden.
Chloe fühlte sich erschöpft und gleichzeitig energiegeladen, lebendiger und ursprünglicher als je zuvor. Der intime Geruch von Schweiß und Sex hüllte sie ein, bis die Empfindungen sie trunken machten. Die Welt bestand einzig und allein aus Hitze und den süßen Schwingungen, die sich wie ein Fieber in ihr steigerten. Dann zog er
Weitere Kostenlose Bücher