Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Prophetin von Luxor

Die Prophetin von Luxor

Titel: Die Prophetin von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Frank
Vom Netzwerk:
angezogen hast.«
    Cheftu deutete auf die Stühle am Tisch. »Dann setzt euch bitte, bevor ihr noch umfallt. Ich würde euch Erfrischungen bringen lassen, doch die Diener sind alle krank.« Die Soldaten setzten sich, und Cheftu verschwand in seinem Bad, wo er sich wusch und sein Unterkleid anzog. Ohne Chloe aufzuwecken, richtete er sich für eine offizielle Audienz her, allerdings in Blau, um seine Trauer um die Gestorbenen zu zeigen. Nachdem er einen Ledergürtel und -kragen angelegt hatte, ging er nach nebenan, unrasiert und ohne die erforderliche Schminke. Es war ein eigenartiges Gefühl, der Welt auf diese Weise gegenüberzutreten, und ein Verstoß gegen die Etikette, doch dies war ein nationaler Notfall.
    Und er würde sich zu einer nationalen Katastrophe ausweiten, wenn Thut sein Wort nicht hielt.
    Während er den Wachen durch die verwahrlosten, ungefeg-ten Säulengänge folgte, erkannte Cheftu, daß der Palast in Trümmern lag. Sie traten durch eine Seitentür in den Audienzsaal. Es erstaunte ihn, daß so viele Menschen gekommen waren, doch alle waren krank. Die offenen Wunden der vorangegangenen Plagen verheilten zwar allmählich, doch sie waren kein schöner Anblick. Niemand war rasiert, und nur die wenigsten hatten sich der ausgefeilten Toilette unterzogen, die am Hof erwartet wurde.
    Thut war in Kriegskleidung, von dem blau-weißen Lederhelm bis zu den ledernen Beinschützern. Er ließ sich auf seinem Stuhl nieder und vertiefte sich in eine Depesche. Cheftu verbeugte sich vor ihm und wollte sich schon zurückziehen, als Thut ihn zu sich rief. »Wie es aussieht, hat meine Tante-Mutter von meinen Taten gehört«, sagte er mit anklagender Stimme. »Neuigkeiten reisen allzu schnell.« Er sah Cheftu ein paar Se-kunden wutentbrannt an, dann wedelte er ihn weg. »Doch immer noch erhoffen die Israeliten mein Wohlwollen.«
    Cheftu setzte sich zu den anderen Adligen, lauschte den Berichten von verschollenen oder verletzten Bekannten und davon, wie die Plagen jeden getroffen hatten, von Hapuseneb über Nesbek bis zu den Papyrussammlern in den Sümpfen. Einige waren wütend und verlangten Vergeltung. Andere wollten die »unverschämten Apiru-Söhne Seths« töten. Wieder andere wollten die Sklaven mitsamt ihren Herden und Familien ziehen lassen, auf daß sie nie, nie wieder ins rote und schwarze Land Kemts zurückkehrten.
    Der Zeremonienmeister, der am anderen Ende des Saales auf seinen Stab gestützt wartete, schlug damit auf den Boden und verkündete mit schwacher Stimme die Ankunft von Moshe und Aharon.

Die Türen flogen auf, und beide traten ein - größer, kräftiger und weitaus gesünder aussehend als alle Ägypter im Saal zusammen, fand Cheftu. Sie näherten sich Thut und deuteten eine kurze Verbeugung an.
    »Ihr habt diese Audienz verlangt, Sklaven?« Offenbar würde er sie heute nicht mehr so anbetteln wie gestern.
    Moshe wirkte keineswegs überrascht, sondern sprach mit tragender Stimme die Worte, die François in einer der unzähligen Katechismus-Stunden bei Père André auswendig gelernt hatte.
    »Du brichst dein Versprechen, Prinz, darum spricht Elohim, der Gott der Israeliten, zu dir: >Wie lange willst du dich weigern, dich vor mir zu demütigen? Laß mein Volk ziehen, daß es mir diene. Weigerst du dich aber, mein Volk ziehen zu lassen, siehe, so will ich morgen Heuschrecken über dein Land kommen lassen, daß sie das Angesicht der Erde bedecken. Und sie sollen fressen, was nach dem Hagel noch übrig und verschont geblieben ist, und sollen alle Bäume kahlfressen, die wieder sprossen auf deinen Feldern. Sie werden dein Haus und die Häuser deiner Beamten und aller Ägypter füllen, wie man es nicht gesehen hat seit den Zeiten Menes-Ahas, des Vereiners Ägyptens, bis zu dieser gemeinsamen Regentschaft von Pharao Hatschepsut und Thutmosis des Dritten.««
    Wie hypnotisiert starrte der gesamte Hofstaat Moshe und Aharon hinterher, als die beiden aus dem Saal schritten und die Tür mit einem endgültig klingenden Schlag hinter sich zuzogen. Fast als wäre damit der Bann gebrochen, begannen alle, aufgeregt durcheinanderzureden.
    Thut stampfte mit einer Sandale auf den Boden. »Ruhe! Ihr führt euch auf wie eine Herde gackernder Gänse in den Sümpfen!«
    Er hob die Hand. »Das hier hat mir Pharao Hatschepsut, ewig möge sie leben!, geschickt!« Die Menge verstummte. »Sie befindet sich bereits auf dem Weg nilabwärts, um uns zu Hilfe zu kommen. Sie befiehlt«, hallte seine Stimme durch den Saal, »daß die

Weitere Kostenlose Bücher