Die Prophetin
Fund gekommen ist und daß Catherine Alexander ihren Kollegen Dr. Stevenson ermordet hat, um die Schriftrollen in ihren Besitz zu bringen. Können Sie dazu etwas sagen, Herr Inspektor?‹ ›Tut mir leid, kein Kommentar.‹
»Ich habe Danno nicht ermordet«, murmelte Catherine und schüttelte den Kopf. »Ich wünschte… Nein!«
Auf dem Bildschirm erschien das Freers Institut in West Los Angeles. Julius stand vor dem Haupteingang inmitten von Reportern. Er erklärte laut und deutlich, daß er sich nicht äußern werde. Die Stimme der Nachrichtensprecherin war wieder zu hören. ›Dr. Julius Voss behauptet, nicht zu wissen, wo sich seine Verlobte aufhält. Außerdem behauptet er, nicht zu wissen, was in den Schriftrollen steht, die sie angeblich aus Ägypten geschmuggelt hat. Untersuchungsbeamte in Ägypten und in den USA glauben, daß die beiden Morde, der eine an dem amerikanischen Ingenieur J. J. Hungerford und der andere an dem Archäologen Dr.
Daniel Stevenson, in Zusammenhang mit den verschwundenen Schriftrollen und der untergetauchten Dr.
Catherine Alexander stehen, die, wie man vermutet, nach Südkalifornien geflohen ist.‹
»Julius…«, seufzte Catherine, als sie sah, wie er sich zornig und empört vor den Journalisten in das Insti-tutsgebäude rettete, »es tut mir so leid.« Sie stand auf und lief unruhig im Zimmer auf und ab. »Julius hat mich gewarnt. Er hat mir gesagt, mein eigenmächtiges Vorgehen würde uns alle in Gefahr bringen. Deshalb haben wir uns zum ersten Mal gestritten.« Die Sendung ging mit einem Live-Bericht aus dem Vatikan weiter. Ein großer, würdevoller Mann, der als Kardinal Lefevre vorgestellt wurde, erwiderte auf die Frage des Reporters, ob der Vatikan Interesse an den sogenannten ›Sinai-Schriftrollen‹ habe:
›Wir sind stets an allem interessiert, was mit der Kirche zu tun hat. Wenn es diese Schriftrollen wirklich gibt und wenn sie echt sind, dann können sie möglicherweise Licht auf die frühen Jahre des Christentums werfen. Ich möchte deshalb die junge Frau auffordern, ihre Flucht abzubrechen und die Schriftrollen den zuständigen Behörden zu übergeben.‹
»Das würde den Herren im Vatikan gefallen!« rief Catherine. »Ich soll wie die sündige Maria Magdalena als Büßerin zu ihnen gehen. Sie haben natürlich Angst, das ist alles!« Garibaldi sah sie überrascht an. »Wie kommen Sie darauf?«
»Weil man im Vatikan vielleicht nicht zu Unrecht glaubt, daß ich die Führungsspitze der Kirche mit einem sehr viel älteren Rechtsanspruch konfrontieren werde, der sie zwingen könnte, ihren Platz zu räumen.«
»Wie bitte?«
»Das hat meine Mutter immer gesagt«, erwiderte Catherine und streichelte das Kätzchen, das zufrieden schnurrte. »Meine Mutter war Paläographin und Bibelforscherin und vertrat einige sehr unbeliebte Theorien. Sie wurde 1920 geboren und hat in den vierziger Jahren studiert. Damals war es für eine Frau unmöglich, an den führenden Universitäten einen Studienplatz zu bekommen. Sie mußte sich mit einem privaten Frauen-College begnügen. 1965, als ich gerade zwei Jahre alt war, bewarb sich meine Mutter um einen Lehrauftrag in Yale und wurde abgewiesen, weil man keine Frau im Kollegium haben wollte. Deshalb kam sie mit meinem Vater nach Kalifornien, wo sie beide am katholischen College in Pasadena unterrichten konnten.« Das Kätzchen war eingeschlafen, und Catherine lächelte über das zufriedene kleine Wollknäuel mit den winzigen Pfötchen. »Meine Mutter lehrte nicht nur Theologie«, erzählte sie. »Ihre eigentliche Aufgabe sah sie in der Forschung und dem Veröffentlichen ihrer Arbeiten. Ihre Bücher und Artikel lösten stets heftige Kontroversen aus.«
Ein Wagen näherte sich langsam dem Motel. Garibaldi ging zum Fenster, teilte den Vorhang einen Spalt und blickte vorsichtig hinaus. Als er einen schwarzen Ford sah, in dem zwei Männer saßen, hielt er unwillkürlich die Luft an. Aber nein, es waren ein Mann und eine Frau, und auf dem Rücksitz entdeckte er außerdem ein Kind. Er atmete erleichtert auf, ließ den Vorhang wieder fallen und nickte Catherine zu.
»Meine Mutter war zum Beispiel nicht mit der Interpretation einverstanden, daß Eva als Gehilfin Adams geschaffen worden war. Sie wies darauf hin, daß das hebräische Wort in der Genesis nicht ›Gehilfin‹, sondern ›Partnerin‹ bedeutet.« Sie hörten, wie der Wagen vor dem Nachbar-Bungalow hielt. Die Tür wurde aufgeschlossen, und die Ankömmlinge trugen ihre Sachen
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