Die Prophetin
sich die siebte Rolle hier befindet, werden wir sie den Wissenschaftlern zugänglich machen und ihren Inhalt veröffentlichen. Wir sind keine Unmenschen, Doktor Alexander. Wir haben uns nicht verschworen, der Welt die Wahrheit vorzuenthalten. Und«, fügte er seufzend hinzu, »wir sind nicht Ihre Feinde.«
Santa Fe, New Mexico
Die Gäste auf dem großen Anwesen feierten in der späten Nachmittagsonne und drängten sich in den Fest-zelten um die üppigen Büfetts mit den erlesensten Delikatessen und Spezialitäten aus der ganzen Welt.
Jedes Zelt war einem Kontinent gewidmet. Aber überall in den großen weißen Zelten, den Veranden und Salons, ja sogar im Freien konnte man auf den Projektionswänden das Geschehen in aller Welt verfolgen.
Im Augenblick bereiteten sich die Gäste von Erika und Miles Havers darauf vor, mit den Menschen auf dem Petersplatz das neue Jahrtausend zu beginnen.
Aber Erika suchte ihren Mann schon seit geraumer Zeit. Wohin war Miles verschwunden? Sie beauftragte einen der vielen burgunderrot und weiß gekleideten Diener, sich bei seinem Butler nach ihm zu erkundigen.
In Rom richteten sich alle Augen auf Seine Heiligkeit den Papst. Es war dort bald Mitternacht. Miles sollte in diesem Augenblick, so war es besprochen, an ihrer Seite stehen. Die Alte Welt feierte die Jahrtausendwende. Miles hatte von Zuckerbäckern aus Salzburg den Eiffelturm, Big Ben, das Brandenburger Tor und den Petersdom ›nachbauen‹ lassen. Dieses Kunstwerk aus Zucker wollte er an der Seite von Erika mit einem Feuerwerk den Gästen im Europa-Zelt präsentieren, während der Papst in Rom die Menge segnete.
Der Vatikan, Rom
Die Gruppe in der Gruft hörte, wie die Menge oben auf dem Platz im donnernden Chor begann, die Minuten bis Mitternacht zu zählen.
›Dieci!‹
»Vergeben Sie mir, Eminenz«, sagte Michael. »Aber wir werden den Sarkophag öffnen.« Er blickte mit gerunzelter Stirn auf die vier Gardisten.
Santa Fe, New Mexico
Auf den Projektionswänden sahen und hörten die Gäste den Chor der vor dem Petersdom versammelten Gläubigen, die wie aus einem Mund ›Dieci!‹ riefen.
Der Butler hatte Erika ausrichten lassen, ihr Mann sei in seinem Museum. Sie verließ eilig das große weiße Zelt. Während sich die Fahrstuhltüren schlossen, hörte Erika, wie hinter ihr die Gäste fröhlich wiederhol-ten: ›Zehn!‹ Für sie war es die dritte Jahrtausendwende seit dem Mittag, aber die Spannung stieg. Es lag etwas Besonderes in der Luft. Was würde geschehen, wenn im fernen Europa, wenn auf dem Petersdom in Rom die Kirchenglocken zu läuten begannen?
Der Vatikan, Rom ›Nove!‹
Kardinal Lefevre machte eine Handbewegung. Zwei Gardisten legten die Hellebarden ab und näherten sich dem Sarkophag.
Santa Fe, New Mexico ›Neun!‹
Erika stand etwas außer Atem vor dem Museum im Untergeschoß. Sie blickte in das kaum erkennbare Au-ge der Überwachungskamera und rief leise: »Miles? Bist du hier?«
Der Vatikan, Rom ›Otto!‹
Michael und Vater Sebastian traten seitlich an den Sarkophag und begannen mit Hilfe der beiden Gardisten, den Deckel von seinem Platz zu schieben. Kardinal Lefevre und Ehrwürden Callahan sprachen leise ein Gebet für die Tote.
Santa Fe, New Mexico ›Acht!‹
Erika hatte den Code eingegeben. Normalerweise überließ sie das immer Miles, obwohl er ihr als einzigem Menschen einen besonderen ›Schlüssel‹ anvertraut hatte. Sie konnte die täglich wechselnde Zahlenkombination mit ihrem Namen aufrufen. Aber die Zeit drängte. Sie konnte nicht warten, bis er sie auf dem Überwachungsbildschirm sah. Als die Tür geräuschlos zur Seite glitt, blickte sie fragend in den langen großen Raum. »Miles, Liebling?«
Der Vatikan, Rom ›Sette!‹ »Okay«, sagte Michael, »alle zusammen, wenn ich es sage.«
Santa Fe, New Mexico ›Sieben!‹
Erika eilte beunruhigt durch das Museum, dessen Schätze sanft von der indirekten Beleuchtung angestrahlt wurden. »Miles?«
Der Vatikan, Rom ›Sei!‹ Der Deckel des Sarkophags rührte sich nicht von der Stelle.
Santa Fe, New Mexico ›Sechs!‹
Erika beachtete die Schätze nicht, die ihr Mann im Laufe der Jahre zusammengetragen hatte. Sie kannte die Sammlung. Ihre Unruhe trieb sie vorwärts. Aber dann blieb sie verblüfft stehen. An der Rückwand stand ein Kabinett. Es war neu. Sie hatte es nie zuvor gesehen.
Der Vatikan, Rom ›Cincjue!‹
Catherine blickte auf Michaels breiten Rücken, dessen Muskeln sich vor Anstrengung spannten,
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