Die Prophetin
schwarze Gewand, und Zeke sah, daß sie Nikes trug. »He!« rief Zeke und stieß seinen Partner an. »Komm mit!« Die beiden liefen los. Sie sahen, wie der Ägypter die ›Beduinin‹ in einen Landrover zerrte und in einer Staubwolke davonraste. Es dauerte nicht lange, bis die beiden Amerikaner ihren Leihwagen erreicht hatten. Zeke startete den Motor und verfolgte die ›Geschwister‹ mit Vollgas.
Santa Fe, New Mexico
Humphrey Bogart nahm Erika Havers in die Arme, blickte ihr tief in die Augen und sagte: ›Uns bleibt immer noch Paris.‹ Dann küßte er sie leidenschaftlich.
Die Leinwand wurde dunkel, und der rote Samtvorhang schloß sich geräuschlos. Als die Lichter in seinem privaten Filmtheater mit den dreißig dunkelroten Polstersesseln angingen, lächelte Miles zufrieden. Es funktionierte besser als erwartet, und Erika ahnte nichts. Er konnte es kaum erwarten, am Weihnachtsmor-gen ihr Gesicht zu sehen. Sie würde begeistert sein. Sogar Miles, der an diesem Projekt beinahe ein Jahr gearbeitet hatte, staunte über das Erreichte. Der Film war das Ergebnis seiner neuesten technischen Errun-genschaft. Es handelte sich um eine Software, die dem Benutzer zum Bearbeiten von Filmen die raffinier-testen Spezialeffekte der Filmtechnologie zur Verfügung stellte.
Die Idee dazu stammte aus der Zeit, als sein Konzern damit begonnen hatte, die Digitalisierungsrechte berühmter Kunstwerke zu kaufen. Sie wurden repoduziert und ins Net eingespeist, damit jeder über das World Wide Web Zugriff hatte. Dianuba Technologies sicherte sich die Rechte an Literatur und Filmen, deren Copyright verjährt war, und produzierte sie als brandneue CD-ROMs. Miles spezialisierte sich auf die großen Filmstars der Vergangenheit und erwarb die Exklusivrechte an Rudolph Valentine, W. C. Fields und zahllosen anderen. Er digitalisierte sie in den alten Streifen und konnte die Stars durch Manipulation winziger Informations-Pixel in neuen Filmen ›einsetzen‹. Jeder würde künftig in der Lage sein, mit einem PC und einer normalen Videokamera einen Film mit einem berühmten Star als Partner zu produzieren.
Erika hatte ihm den Anstoß zu diesem Projekt gegeben. Als sie Forrest Gump gesehen hatten, sagte sie anschließend zu Miles: ›Wäre es nicht schön, wenn wir in jedem Film, der uns gefällt, selbst mitspielen könnten? Ich würde mich so gern einmal als Elsa in Casablanca sehen!‹
Erikas Vorschläge fielen bei ihrem Mann immer auf fruchtbaren Boden. Eine ihrer Ideen, über die sie vor vier Jahren eher beiläufig gesprochen hatte, war sogar dafür verantwortlich, daß Miles mit seiner Gesellschaft zum weltweit führenden Software-Hersteller geworden war. Erika hatte gesagt: ›All diese aggressiven Computerspiele werden für Männer gemacht. Warum gibt es eigentlich keine Computerspiele für Frauen? Ich denke da an Liebesgeschichten.‹
Inzwischen gab es unzählige Imitationen, aber Butterfly, ein interaktives Computerspiel auf CD-ROM, mit dem eine Frau dem Mann ihrer Träume begegnen konnte, hatte die Welle ausgelöst und war mittlerweile ein Klassiker.
Miles verließ das Kino und ging durch einen der verglasten Innenhöfe, die die fächerartig angeordneten Flügel des großen Anwesens miteinander verbanden. Er blickte auf die schneebedeckten Berge und den dunkelblauen Himmel. Die Luft war kalt und klar, ideal zum Joggen. Er sah Erika auf dem Tennisplatz. Sie spielte mit ihren Töchtern ein Doppel. Aus der Entfernung wirkte sie ebenso jung und temperamentvoll wie ihre Kinder. Auch Erika achtete darauf, fit und gesund zu bleiben. Wieder einmal rief ihm der Anblick dieser bezaubernden Frau ins Bewußtsein, was für ein glücklicher Mann er war. Ohne Erika, daran gab es für Miles keinen Zweifel, wäre er vermutlich immer noch ein ausgeflippter Hacker mit einem ausrangierten, veralteten Modem und keinem Penny in der Tasche gewesen. Wenn ich diese Frau verlieren sollte…
Er schüttelte unwillig den Kopf. Mit solchen Gedanken durfte er sich nicht belasten.
Als sich Miles gerade umdrehen wollte, sah er aus dem Augenwinkel den Schamanen am Rand des Tennisplatzes. Luke Pineda legte großen Wert darauf, ›Kojote‹ genannt zu werden. Inzwischen schien er hier im Haus zu wohnen. Miles wußte, daß Erika ihn zum Bleiben aufgefordert hatte, aber er mißtraute dem alten Indianer. Ahnte er womöglich, daß sich seine wertvolle Sonnenwend-Kachina in dem unterirdischen Museum befand? Aber wie sollte der Alte das herausgefunden haben? Nein, das
Weitere Kostenlose Bücher