Die Prophetin
werden die Nacht mit Norman Bates verbringen…« Er lächelte, aber Catherine sah, daß er Schmerzen hatte. Das Blut an seinem Arm war inzwischen verkrustet. »Warum haben Sie mich gesucht?«
fragte sie. »Im Hotel Isis herrschte gestern morgen große Aufregung. Ein ägyptischer Beamter hat Sie gesucht. Mr. Mylonas, der Besitzer, war völlig durcheinander. Der Beamte schien der Meinung zu sein, daß Sie etwas Falsches getan hätten. Mr. Mylonas hat Sie energisch verteidigt. Er erklärte, Sie seien wegen dringender Familienangelegenheiten abgereist. Aber der Beamte deutete an, Sie hätten etwas gestohlen.«
Catherine biß sich auf die Lippen. »Mr. Mylonas war immer sehr freundlich zu mir.«
»Als der Beamte weg war, zog er mich ins Vertrauen. Er sagte, für Sie sei neben Briefen ein Päckchen gekommen. Er machte sich Gedanken, denn es war eine Wertsendung. Sein Stellvertreter hatte es angenommen. Er hatte keine Ahnung, daß Sie nicht mehr da waren, um die Post abzuholen. Mr. Mylonas wollte das Päckchen nicht zurückschicken, denn er traut den Postbeamten in Scharm el Scheich nicht. Eine Wertsendung kann unter Umständen spurlos verschwinden. Ich erkundigte mich bei ihm, wo Sie wohnen, und er sagte in Kalifornien. Da ich ohnehin über Los Angeles zurückfliegen wollte, bot ich ihm an, das Päckchen mitzunehmen und es Ihnen zu bringen. Aber ich habe Sie in Ihrer Wohnung in Santa Monica nicht angetroffen.«
»Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ich könnte in Santa Barbara sein?«
»Ich hatte nicht damit gerechnet, Sie dort zu finden. Ich wollte Jas Päckchen dem Absender geben.«
»Das Päckchen ist von Daniel?«
»Ja, Dr. Daniel Stevenson, Pedregosa Street, Santa… He! Lichter!«
»Das sieht nach einem Motel aus!«
Catherine fuhr erleichtert von der Straße ab und hielt vor dem hell erleuchteten Gebäude an.
»Bleiben Sie hier«, sagte sie zu Garibaldi und ging in das Büro. Kurze Zeit später kam sie zurück. »Sie können uns erst morgen früh Benzin verkaufen. Der Besitzer hat die Schlüssel für die Pumpen bei sich. Ich habe ein Zimmer genommen.« Sie fuhr zur Rückseite des Motels. Vor den dunklen Türen standen nur wenige Wagen.
»Nummer fünfzehn… am Ende, das ist unser Zimmer. Ich parke den Wagen unter den Bäumen. Wenn die Killer uns suchen, werden sie den Wagen nicht sehen. Schaffen Sie es bis zum Eingang?«
Sie liefen durch den Regen, und Catherine schloß schnell die Tür auf.
Während sie das Licht anmachte und den Thermostat der Klimaanlage regulierte, achtete sie kaum auf die häßliche in Braun und Orange gehaltene Einrichtung und den abgetretenen gelblichen Teppichboden. Sie sah auch nicht die bunten Bilder auf dem Fernseher, mit denen für die Kinofilme der Woche geworben wurde. Catherine war völlig gefühllos, als sei ein Teil von ihr in Daniels Wohnung zurückgeblieben.
Garibaldi nahm das Taschentuch vom Arm und wickelte den Hemdsärmel hoch. »Ich bin noch nie angeschossen worden, obwohl ich in Chicago lebe!« Catherine zwang sich, ihn anzusehen. Später würde noch genug Zeit sein, über alles nachzudenken, was geschehen war »Die Wunde muß behandelt werden«, sagte sie. Nach kurzem Überlegen nahm sie das blutige Taschentuch und wickelte es sich um die Hand. »Schlie-
ßen Sie hinter mir ab.« Mit der blauen Tasche über der Schulter rannte sie durch den Regen zum Büro. Auf dem Rückweg kaufte sie an einem Automaten noch etwas zu knabbern und zu trinken. Dann klopfte sie leise an der Tür Nummer fünfzehn und rief: »Vater Garibaldi, ich bin es. Machen Sie auf.« Nichts rührte sich. Sie klopfte noch einmal. Immer noch keine Antwort.
Sie blickte auf das Nummerschild der Tür: ›15‹. Sie trat ein paar Schritte zurück und sah Licht durch den Vorhang. Endlich hörte sie, wie die Sicherheitskette zurückgeschoben wurde, und die Tür ging auf. Sie trat ein und schloß wieder ab. »Warum haben Sie nicht aufgemacht?« fragte sie und legte die Vollkornkekse, Kartoffelchips, Feigenrollen und Cola-Dosen auf den Tisch vor dem Fenster.
»Tut mir leid«, antwortete er. »Ich war im Bad und habe Wasser laufen lassen und das Klopfen nicht ge-hört.« Er hatte das Hemd ausgezogen und den Stehkragen abgeknöpft. Wenn er ein Unterhemd trug, dann hatte er auch das ausgezogen. Als sie seinen nackten, muskulösen Oberkörper sah, richtete sie den Blick schnell auf den verletzten Arm. Er hatte ein Handtuch um die Wunde gewickelt. »Ist es schlimm?«
»Die Wunde schmerzt, aber es ist
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