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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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bevor ich zu den anderen stoße.« Seit unserer Rückkehr aus Canterbury erfreute sich das Hospital immer größeren Zuspruchs. Das war Oliver Gwinn zu verdanken. Er kämpfte energisch gegen die Vorurteile, die Timothy Brooke und seine Eltern verbreiteten. Inzwischen suchten so viele Patienten das Hospital auf, dass Edmund sich einen kundigen Helfer namens Humphrey genommen hatte.
    »Kommt Ihr einen Moment mit mir nach draußen?«, fragte mich Edmund.
    Die High Street hatte sich unter einem heftigen Regenschauer vor einigen Stunden in Matsch aufgelöst. Doch jetzt kam die Sonne vorsichtig hinter den Wolken hervor.
    Edmund blickte mit gerunzelter Stirn die Straße hinauf und hinunter. »Es ist möglich, dass wieder jemand nach Dartford gekommen ist, um uns zu beobachten. Heute Morgen kam die ganze Metzgerfamilie zu mir, weil der Sohn sich beim Spielen den Arm gebrochen hat. Und da ist mir ein Mann aufgefallen, der nicht dazugehörte: sehr dünn, ziemlich groß, mit sehr schmalen braunen Augen. Er hielt sich im Hintergrund, und als ich das nächste Mal hinsah, war er verschwunden. Heute, bei der Messe, habe ich ihn wieder bemerkt, ganz hinten in der Kirche. Ich habe mich nach ihm erkundigt, aber niemand weiß, wer er ist.«
    »Mir ist nichts aufgefallen«, sagte ich.
    »Ihr seid selten allein, Joanna, ich weiß. Aber trotzdem: Seid vorsichtig«, sagte Edmund. »Versprecht Ihr mir das?«
    »Aber ja, natürlich.«
    Als er sich zum Gehen wenden wollte, hielt ich ihn fest. »Wartet, Edmund. Ihr müsst mir versprechen, dass Ihr rechtzeitig zu Schwester Agathas Hochzeit zurück seid. Das ist die ideale Gelegenheit für Euch, das Tanzen noch ein wenig zu üben.«
    »Ach ja, das Tanzen«, sagte er mit einem leisen Lachen. Edmund hatte das Tanzen nie gelernt, ich hingegen war von Kindesbeinen an in dieser gesellschaftlichen Kunst unterrichtet worden. Ich hatte ihm einige Schritte gezeigt, um ihn auf unseren Hochzeitstanz vorzubereiten, doch ohne Musik war das nicht so einfach.
    Er drückte meinen Arm und küsste mich auf die Stirn. »Ich bin bald zurück«, versprach er und ging die High Street hinunter, groß und locker, mit beschwingtem Schritt. Sein langes Haar schimmerte wie Weißgold. Er würde es zu unserer Hochzeit schneiden lassen müssen.
    Ich kehrte ins Haus zurück, um meinen Freundinnen zu sagen, dass ich noch etwas zu erledigen hatte. Dann eilte ich in die High Street hinauf.
    Im Amt für Bauwesen empfing mich Gregory, der ehemalige Pförtner unseres Klosters.
    »Ich muss mit Jacquard Rolin sprechen«, erklärte ich ihm. »Könntet Ihr ihm ausrichten, dass die Tapisseriebestellung geändert werden muss?«
    »Natürlich, Schwester Joanna.« Gregory fiel es so schwer wie mir, mit den Klostergewohnheiten zu brechen.
    Ich war bestürzt gewesen, als sich zeigte, dass Jacquard in Dartford bleiben würde. »Wenn ich meinen Posten als Einkäufer für das Bauvorhaben seiner Majestät aufgebe, wird Cromwell wissen wollen, warum«, hatte er mir auf meine Frage erklärt. »Und wohin sollte ich auch gehen? In die Niederlande kann ich jetzt nicht zurückkehren.«
    Edmund wusste bis heute nicht, dass Jacquard in St. Sepulchre gewesen war. Ich erzählte ihm die gleiche Geschichte, die Chapuys John Dudley aufgetischt hatte: Aus Zuneigung zu mir und meiner spanischen Familie habe der Botschafter Dudley bestochen,damit er mich und meinen Freund verschonte. Unsere Namen erschienen nicht in dem Bericht an den König. »Die halbe Wahrheit ist immer besser als eine ganze Lüge«, hatte Chapuys mir erklärt.
    Edmund legte unsere Befreiung als ein Zeichen Gottes aus, dass wir dem Frieden leben und unsere Anstrengungen aufgeben sollten, der Prophezeiung auf den Grund zu gehen. Er trauerte mit mir zusammen um Bruder Oswald. Und er sorgte sich um die gefangen gesetzten Mönche, von Schuldgefühlen darüber geplagt, wie er mir gestand, dass er ihr Schicksal nicht teilte. Was sich in dieser Nacht in Canterbury ereignet hatte, war entsetzlich gewesen. Und was hatte es genützt? Der König hatte die Gebeine des heiligen Thomas Becket in seinem Besitz. Ob er sie vernichtet und entweiht hatte oder ihnen ein würdiges Begräbnis zuteilwerden ließ, wussten wir nicht – und würden es möglicherweise nie erfahren.
    Lächelnd trat Jacquard mir entgegen. »Guten Tag, Joanna Stafford«, begrüßte er mich herzlich. »Ich höre, Ihr habt Fragen zu der letzten Bestellung. Ich habe zufällig etwas da, was ich Euch zeigen kann.«
    Das war der Code, den wir

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