Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
Joanna, nicht«, rief Ursula, die uns nachgelaufen war. Sie kniete nieder und versuchte, den Kranz zu reparieren.
»Gardiner lässt mich büßen«, schrie ich halb weinend, halb lachend. »Und wie er mich büßen lässt!«
»Joanna, bitte beruhigt Euch.« Ursula legte mir die Hände auf die Schultern. »Seid Ihr denn dem Bischof von Winchester je begegnet? Seid vernünftig! Warum sollte er gerade gegen Euch etwas haben?«
Diese Frage konnte ich ihr unmöglich ehrlich beantworten.
»Edmund«, sagte ich. »Ich muss unbedingt mit Edmund reden.«
»Nein«, gebot Henry. »Erst wenn sich die Situation beruhigt hat und wir etwas mehr Klarheit haben. Und Euer Mr Sommerville muss lernen, sich zu zügeln. Er hat sich in der Kirche wie ein Raufbold aufgeführt.«
»Hört auf, ihn zu kritisieren«, fauchte ich. »Ihr versteht garnichts.« Ich wandte mich zur Treppe. »Lasst mich einfach in Ruhe, ihr alle«, rief ich meinen Verwandten zu.
Sie ließen mich gehen. Ich sperrte mich in meinem Zimmer ein und warf mich aufs Bett. Die Faust auf den Mund gepresst, damit niemand es hörte, weinte ich. Vor allem wollte ich jetzt keine tröstenden Worte oder guten Ratschläge. Mir konnte keiner helfen außer Edmund. Wir mussten das gemeinsam durchstehen. Vielleicht irrte ich mich. Vielleicht hatte Bischof Gardiner gar nicht mich im Auge gehabt, als er die Passage über das Heiratsverbot von Mönchen und Nonnen eingefügt hatte. Vielleicht war dieser Artikel einfach Teil einer allgemein konservativeren Richtung, die er einzuschlagen gedachte. Und wie John Cheke gesagt hatte, das Parlament würde die Vorlage vielleicht gar nicht annehmen. Oder Edmund und ich würden eine Ausnahmeregelung erwirken können, wenn es doch dazu kommen sollte.
Unten herrschte ein lebhaftes Kommen und Gehen. Ich hörte auf zu weinen, um lauschen zu können. Bald würde Edmund mich holen – ich wusste es. Ich wartete darauf, den Klang seiner Stimme zu hören.
Surrey war der Erste, der das Haus verließ. Er würde zweifellos dafür leiden müssen, dass er sich so lange von der Seite seines Vaters entfernt hatte. Ich wusste, dass er nach Dartford gekommen war, weil er gefürchtet hatte, ich würde mich eines Gesetzesverstoßes schuldig machen. Doch ich wünschte aus tiefstem Herzen, er hätte es gelassen. Dann wären wir jetzt schon verheiratet gewesen und hätten mit unseren Freunden gefeiert.
Unsere erste gemeinsame Nacht hätte auf uns gewartet, vor der ich Angst hatte und die ich doch herbeisehnte. Doch darüber durfte ich jetzt nicht nachdenken; ich durfte mich nicht den Gedanken daran hingeben, wie es sein würde, mit meinem Ehemann zusammenzuliegen.
Das Nachmittagslicht trübte sich. Henry und Ursula blieben unten. Arthur war wahrscheinlich bei seinen Cousins und Cousinen im Haus der Hancocks. Gedämpftes Stimmengemurmel drang zu mir herauf. Ich konnte mir vorstellen, wie sehr meineVerwandten es bedauerten, nach Dartford gereist zu sein, nur um dieses Desaster zu erleben. Doch sie konnten mich nicht einfach im Stich lassen, verwandtschaftliche Verpflichtung zwang sie, mir beizustehen.
Ich trat zur Treppe hinaus und räusperte mich. Erschreckt blickten beide zu mir hinauf.
»Es geht mir wieder besser«, sagte ich, äußerlich ruhig. »Ihr braucht nicht zu bleiben.« Ich ging die Treppe hinunter. »War Edmund hier?«
»Nein«, antwortete Ursula.
Das machte mir Angst. Es musste etwas passiert sein. Doch es gelang mir, die Beherrschung zu wahren und scheinbar unbesorgt zu sagen: »Nun, dann wird er morgen kommen. Ich glaube, ich werde jetzt etwas essen und dann zu Bett gehen. Ich bin sehr müde.«
»Ihr bleibt nicht allein hier«, erklärte Henry. »Ihr kommt mit uns zu den Hancocks. Im Ort ist es zu – unruhig. Die Nachricht von diesem neuen Gesetz erregt die Gemüter. Ihr könnt nicht schutzlos in diesem Haus bleiben.«
Ich warf einen Blick zur Küche. Kitty war nicht da.
»Ich habe ein Dienstmädchen, das ich bitten kann herzukommen«, sagte ich. »Wenn sie mir hier Gesellschaft leistet, werdet Ihr dann zu den Hancocks zurückkehren? Ihr müsst Euch um Eure eigene Familie kümmern – und Eure Heimreise vorbereiten.«
»Solange diese Heiratsangelegenheit nicht geklärt ist, können wir nicht reisen«, sagte Henry.
»Das werden Edmund und ich klären«, entgegnete ich mit Entschiedenheit.
Ursula schüttelte den Kopf.
»Was ist?«, fragte ich.
»Henry hat schon vor zwei Stunden nach ihm schicken lassen, um mit den Besprechungen zu
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