Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)
und legte meinen Kopf auf seine Brust, meinen Arm über seinen. Er streichelte sacht meinen Arm. Die Tränen liefen mir aus den Augen, doch ich regte mich nicht. Ich unterdrückte mein Schluchzen, denn ich wollte Edmund nicht verstören, obwohl ich wusste, dass es gleichgültig war, wie ich mich bewegte oder was ich tat. Er würde es wahrscheinlich gar nicht merken.
»Ihr werdet sehen, Joanna – Ihr werdet sehen«, murmelte Edmund. »Alles wird gut.«
Kapitel 40
Als John Cheke ins Hospital kam, erkannte er sofort, was geschehen war. Der schreckliche Trank, den Edmund zu sich genommen hatte, war ihm bekannt. »Dagegen gibt es kaum ein Mittel – da helfen nur Ruhe und Zeit«, sagte Cheke. »Lasst mich heute Nacht bei ihm bleiben, Miss Stafford. Der Tag war schrecklichgenug für Euch. Und Edmund würde Euch niemals mit seinem Unglück belasten wollen, das weiß ich, dazu kenne ich ihn gut genug.«
Ich ging nach Hause. Doch das war ein Fehler. Als Edmund aus der Betäubung erwachte, wusste er, dass er nicht nur der finstersten Versuchung erlegen war – obwohl er sich geschworen hatte, dass ihm das nie wieder passieren würde –, sondern dass ich Zeugin seiner Schwäche geworden war. Wenn ich die Nacht über bei ihm geblieben wäre, wäre er vielleicht nicht gegangen. Ich hätte einen Weg gefunden, ihn meiner Liebe zu versichern. Ich hätte vielleicht verhindern können, dass Abscheu und Verachtung vor sich selbst ihn forttrieben.
John Cheke war blass, als er mir das Schreiben überbrachte. Es war bestürzend kurz.
Joanna,
ich werde Euch immer lieben, aber Ihr werdet ohne mich glücklicher werden. Ihr werdet mich nicht wiedersehen. Ich bitte Euch um Verzeihung, dass ich Euch so enttäuscht habe, auch wenn ich weiß, dass ich sie nicht verdiene.
Edmund
Ich blieb lange allein und fühlte nichts. Doch als ich begriff, was geschehen war, was der König uns angetan hatte, überwältigte mich der Schmerz, in den sich eine Wut mischte, wie ich sie nie zuvor empfunden hatte. Nicht heiß und unbeherrscht, sondern eiskalt und von einer wilden Entschlossenheit erfüllt.
Ich wusste jetzt, was ich tun würde. Die Entscheidung war ganz einfach. Es gab keinen Zweifel mehr und keine Furcht. Mein Entschluss, Edmund zu heiraten und ein ruhiges Leben zu führen, war ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Ich hatte mich einzig von meiner Selbstsucht leiten lassen und damit nicht nur mein Leben zerstört, sondern auch seins. Viel zu lange war ich vor der Prophezeiung geflohen. Vielleicht waren die Seher wahre Seher, vielleicht nicht. Es war mir gleichgültig. Wenn es eine Möglichkeitgab, dem zerstörerischen Treiben Heinrichs VIII. Einhalt zu gebieten, dann wollte ich versuchen, sie zu nutzen.
Ich bat meinen Cousin Henry, Arthur eine Weile zu sich zu nehmen. Er war sofort einverstanden und drängte mich, mit ihnen nach Stafford Castle zu reisen. Ich versprach ihm, in einigen Wochen nachzukommen; vorher, sagte ich, hätte ich noch einige Dinge zu erledigen.
Lügen kamen mir jetzt mühelos über die Lippen.
Ich suchte Schwester Winifred auf, um sie zu trösten, da ich wusste, wie tief auch sie Edmunds Entscheidung getroffen haben musste. Marcus bestand darauf, sie nach Hertfordshire mitzunehmen. Sie müsse nun, da Edmund mit seinem unerhörten Verhalten den guten Namen der Familie so schwer geschädigt habe, bei ihm und seiner Familie leben. Schwester Winifred und ich hielten uns weinend in den Armen, während Marcus ungeduldig wartete. Er war ihr ältester Bruder und machte jetzt von seinem Recht Gebrauch, über ihr Leben zu bestimmen. Ich hätte für ihr Recht, in Dartford zu bleiben, gekämpft, wenn ich nicht schon feste Pläne gehabt hätte. Nun, da ich meinen Entschluss gefasst hatte, war es für Schwester Winifred besser, wenn zwischen uns keine Verbindung mehr bestand.
Ich ließ also nur wenige Menschen zurück. Die Schwestern, die in Holcroft House lebten, suchten mich nach der Hochzeit, die nie stattgefunden hatte, auf, um mich zu trösten und mir anzubieten, zu ihnen ins Haus zu ziehen. Ich dankte ihnen und speiste sie, genau wie zuvor Henry Stafford, mit dem Versprechen ab, es mir zu überlegen.
Und schließlich Geoffrey. Er versuchte zweimal, mich zu sprechen, doch ich lehnte ein Zusammentreffen ab. Wer wusste, welchen Anteil er an Edmunds Zusammenbruch hatte? Auch das war eine der Ungewissheiten, die mich immer begleiten würden. Doch ich hasste Geoffrey nicht. Mein Hass war anderen vorbehalten.
Das Boot glitt
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