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Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition)

Titel: Die Prophezeiung der Nonne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Bilyeau
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und billig, Euch vorzubereiten«, begann er. »Der Lordsiegelbewahrer Thomas Cromwell, unser Generalvikar, hat sechs Artikel entworfen, die im ganzen Land verlesen werden sollen. Der König hat diese Artikel gebilligt, und Erzbischof Thomas Cranmer hat daraufhin die Schreiben verfasst, die bald jede Gemeinde des Landes erreichen werden.«
    Er machte eine Pause, um jeden Einzelnen von uns anzusehen, mich zuletzt. In seinen Augen blitzte es, als er mein Gesicht musterte, das gewiss voller Angst war.
    »Es wird Veränderungen in der Religionsausübung geben«, sagte er, »und Ihr, jeder Einzelne von Euch, werdet Euch dem Willen unseres souveränen Herrschers, des Königs, beugen müssen.«
    »Wir sind treue Untertanen König Heinrichs«, erklärte Schwester Eleanor. »Sagt uns nur, was zu erwarten ist.«
    Pater William wandte sich Bruder Edmund zu. Ich hatte schon früher bemerkt, wie schwer es ihm fiel, Schwester Eleanor als unsere Sprecherin zu akzeptieren. Stets suchte er sich den einzigen Mann in unserer Gruppe als Gegenüber.
    »Unsere Kirche«, sagte er, »soll allen Schmucks entkleidet werden.«

Kapitel 4
    Schweigend verließen wir die Dreifaltigkeitskirche. Es hatte aufgehört zu regnen. Ein milchig-weißer Nebel hing über der Straße und verhüllte die Häuser jenseits der Glaserei, es war, als wäre eine Wolke auf die Erde herabgesunken. Der durchdringende Gestank aus dem Schlachthaus umgab uns.
    Schwester Rachel brach das Schweigen. »Ketzerei und Heidentum«, jammerte sie.
    »Was sollen wir tun?«, flüsterte Schwester Agatha.
    An der Ecke standen zwei Männer und beobachteten uns neugierig. Immer wenn wir uns zu mehreren im Ort sehen ließen, erregten wir Aufmerksamkeit.
    »Still, Schwester«, mahnte Schwester Eleanor. »Wir werden das nicht hier, mitten auf der Straße, besprechen. Wir gehen nach Hause.«
    Unsere sechs Schwestern traten den Heimweg an, zwei und zwei, als ob sie durch den Kreuzgang schritten und nicht eine stinkende, schlammige Straße hinunter.
    Bruder Edmund, Schwester Winifred und ich blickten einander an, während wir zu begreifen versuchten, was Pater William uns soeben mitgeteilt hatte. Entkleidet, welch ein entsetzliches Wort.Es bedeutete, dass in der Dreifaltigkeitskirche zwar weiterhin die Messe zelebriert würde, doch aller äußere Glanz würde ihr genommen werden. Es durften keine Kerzen mehr angezündet werden, natürliches Licht musste von nun an ausreichen. Die Standbilder der Heiligen, »Zeugnisse menschlichen Aberglaubens und papistischer Bilderverehrung«, mussten entfernt, die Messingplatten, liebevolle Gedenken an Bürger des Orts, aus dem Boden gerissen werden. Das Wandgemälde von Sankt Georg? Würde übertüncht werden. Die Kapelle des heiligen Thomas Becket, der in den Augen des Königs ein Rebell war, würde abgerissen, alle Kapellen und Standbilder zu seinen Ehren zerstört werden.
    Bruder Edmund räusperte sich. »Ich muss ins Hospital. Der Kerzenzieher hat die Wassersucht, fürchte ich.« Er wandte sich seiner Schwester zu. »Du brauchst nicht mitzukommen, wenn du lieber eine Weile nach Hause gehen würdest.«
    Plötzlich fiel es mir ein. »Mein Webstuhl«, rief ich. »Heute kann ich ihn endlich holen.« Ich zupfte Schwester Winifred am Ärmel. »Bitte begleitet mich und Schwester Beatrice zum Amt für Bauwesen.«
    Doch Schwester Winifred wurde von einem krampfartigen Hustenanfall geschüttelt. Streit und Spannung erzeugten häufig solche Anfälle bei ihr.
    Bruder Edmund bedeutete mir zu warten und führte seine Schwester eilig über die Straße zu ihrer gemeinsamen Wohnung. Als er zurückkam, sagte er: »Vielleicht wäre morgen ein günstigerer Tag für den Webstuhl.«
    »Aber ich habe schon so lange gewartet.« Ich war tief enttäuscht.
    Den Blick über meine Schulter gerichtet, runzelte er plötzlich die Stirn. »Sie beobachtet uns.«
    »Wer?« Ich drehte mich um. Im Fenster der Kirche konnte ich ein Frauengesicht erkennen. Ich kannte diesen argwöhnischen Blick: Mrs Brooke. »Kennt Ihr sie?«, fragte ich.
    »Mr Brooke, ihr Ehemann, hat das größte Haus in der Overy Street gebaut.«
    »Das gibt ihr noch lange nicht das Recht, uns Befehle zu erteilen.«
    Bruder Edmund schüttelte den Kopf. »Schwester Joanna, denkt daran, dass wir hier im Dorf ohne Schutz sind. Wir müssen uns anpassen, wie Schwester Eleanor sagte.«
    Ich starrte Mrs Brookes feindseliges Gesicht hinter dem Kirchenfenster an, umgeben von flackerndem Kerzenschein, der bald für immer

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